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Frankfurter Pilotanlage für synthetischen Treibstoff: Ein neuer Weg zur Mobilität

In Frankfurt wurde am 22. August 2024 ein neuer Reaktor für eine Pilotanlage zur Herstellung von synthetischem Treibstoff installiert, die bis 2025 in Betrieb gehen soll und eine innovative Lösung zur Gewinnung von Kraftstoffen aus Abgasen darstellt, was für die Entwicklung klimaneutraler Mobilität von großer Bedeutung ist.

Im Industriepark Höchst bei Frankfurt wurde kürzlich ein bedeutender technologischer Fortschritt beim Recycling von Kohlenstoff realisiert. Dort wurde ein Reaktor mit einem Gewicht von fast zehn Tonnen in eine Pilotanlage zur Herstellung von synthetischem Treibstoff gehoben. Diese Anlage, die im ersten Quartal 2025 ihren Betrieb aufnehmen soll, hat das Potenzial, den Markt für synthetische Kraftstoffe grundlegend zu verändern. Der Reaktor, hergestellt von MAN in Deggendorf und über Nacht per Schwertransporter nach Höchst gebracht, ist das Herzstück eines bahnbrechenden Verfahrens, das Abgase in wertvolle Energie umwandelt.

Dr. Tarek Husein, der Betriebsleiter der Anlage, betont, dass die Funktionsweise des Reaktors weniger mit der Atomenergie und mehr mit einem „Kochtopf“ vergleichbar ist. Hier wird bei extrem hohen Temperaturen von etwa 1500 Grad Celsius eine chemische Reaktion initiiert, bei der Biomethan und Wasserstoff synthetische Treibstoffe erzeugen. Diese innovative Methode wurde von der Firma Caphenia in Zusammenarbeit mit renommierten Institutionen wie dem Max-Planck-Institut und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt.

Technologische Innovationen und zukünftige Potenziale

Die geplante Pilotanlage trägt den Namen „Germany I“ und gilt als „globales Flaggschiff-Projekt“ im Bereich der synthetischen Kraftstoffe. Dr. Mark Misselhorn, Geschäftsführer von Caphenia, hebt hervor, dass erfolgreicher Betrieb der Anlage den Weg für viele ähnliche Projekte weltweit ebnen könnte. Die flexiblen Ausgangsstoffe für die Treibstoffproduktion sind zwar vorwiegend Biomethan, könnten aber auch aus Ressourcen wie z.B. Bananenstauden oder sogar Hühnermist gewonnen werden.

Der Reaktor, der in der Testversion vier Meter hoch und zwei Meter breit ist, hat die Fähigkeit, jährlich 600.000 Liter synthetischen Treibstoff zu produzieren. Mit weiteren Investitionen, die bereits in Aussicht gestellt wurden, soll diese Menge auf 18 Millionen Liter gesteigert werden. In dieser Größenordnung könnte die Pilotanlage jedoch nur einen kleinen Teil des gesamten Bedarfs an Kerosin am Frankfurter Flughafen decken, wo jährlich vier bis fünf Millionen Tonnen Kerosin verbraucht werden.

Das Verfahren, das auch als Plasma-Boudouard-Technologie (PBR) bezeichnet wird, hat sich als äußerst energieeffizient erwiesen. Der Wirkungsgrad liegt zwischen 86 und 90 Prozent, was im Vergleich zu herkömmlichen fossilen Brennstoffen, die einen Wirkungsgrad von nur 45 bis 50 Prozent erreichen, erheblich besser ist. Diese Technologie zielt darauf ab, alle Verunreinigungen zu eliminieren, sodass bei der Verbrennung des Kraftstoffs keine schädlichen Emissionen entstehen.

Finanzierung und Entwicklungsgeschichte

Caphenia hat auf eine Glanzleistung zurückgegriffen: Die Entwicklung der Anlagen-Technologie wurde über einen Zeitraum von 15 Jahren geplant und getestet, was auch Herausforderungen und Rückschläge beinhaltete. Das Unternehmen, das zunächst als CCP Technology gegründet wurde, hat viele eigene Verfahren entwickelt und hält weltweite Patente auf die Power-and-Biogas-to-Liquid-Technologie.

Für die Testphase der Anlage wird das Biomethan vorübergehend aus angelieferten Flaschen stammen, während die langfristige Versorgung mit Biogas aus einer nahegelegenen Biogasanlage sichergestellt werden soll. Misselhorn unterstreicht, dass der Standort in Höchst aufgrund seiner Anbindung an den Flughafen und der Verfügbarkeit aller notwendigen Ressourcen die optimalen Voraussetzungen für den Betrieb bietet.

Die Unterstützung für dieses Projekt kommt dabei nicht nur von staatlicher Seite, einschließlich sieben Millionen Euro vom Bundeswirtschaftsministerium und über eine Million vom Land Hessen, sondern auch von privater Seite. Unter den Investoren befinden sich sogar ehemalige Geschäftsführer großer Fluggesellschaften, die das Potenzial synthetischer Kraftstoffe für die Luftfahrtbranche erkannt haben.

Mit diesen Fortentwicklungen könnte die Luftfahrtindustrie auf eine neue Ära der klimaneutralen Mobilität zusteuern, in der Abgase nicht mehr Abfall, sondern Energiequelle sind.

Technologischer Kontext und Entwicklungen

Die Entwicklung der synthetischen Kraftstofftechnologie hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, insbesondere im Hinblick auf die globalen Bemühungen zur Reduktion von CO2-Emissionen. Die neue Pilotanlage „Germany I“, die im Industriepark Höchst errichtet wird, ist nicht nur ein technologisches Projekt, sondern auch eine Reaktion auf den weltweiten Druck, umweltfreundliche und nachhaltige Lösungen für den Verkehrssektor zu finden. Insbesondere in der Luftfahrtindustrie, wo der Anteil an klimaschädlichen Emissionen erheblich ist, wird eine Umstellung auf nachhaltige Kraftstoffe dringlich. Laut dem Internationalen Luftverkehrsverband (IATA) macht die Luftfahrt etwa 2-3% der globalen CO2-Emissionen aus, und dieser Anteil könnte bis 2050 auf bis zu 10% steigen, wenn nicht entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.

Aktuelle Technologien, einschließlich der Plasma-Boudouard-Technologie, ermöglichen es, aus Biomethan und anderen organischen Abfällen synthetische Kraftstoffe effizient herzustellen. Diese Kraftstoffe können in bestehenden Motoren verwendet werden, wodurch die Umrüstung der Infrastruktur vergleichsweise gering bleibt. Das erhöht die Akzeptanz in der Branche und bei den Verbrauchern.

Ökologische und ökonomische Perspektiven

Das Projekt von Caphenia bezieht sich nicht nur auf technologische Innovation, sondern auch auf wettbewerbsfähige Marktbedingungen. Die Investitionen in Höhe von rund 20 Millionen Euro zeigen das Vertrauen der Investoren in die zukünftige Rentabilität der Anlage. Das Bundeswirtschaftsministerium und das Land Hessen haben signifikante Förderungen bereitgestellt, was die politische Unterstützung für solche grünen Technologien unterstreicht. Laut einer Studie der Internationalen Energieagentur könnte die Nachfrage nach synthetischen Kraftstoffen in den kommenden Jahren erheblich steigen.

Das wachsende Interesse an nachhaltigen Alternativen hat auch zu einem Anstieg der Forschung und Entwicklung in diesem Bereich geführt. Unternehmen und Forschungseinrichtungen arbeiten an neuen Verfahren, um die Effizienz weiter zu steigern und die Kosten zu senken. Die synthetischen Treibstoffe könnten nicht nur dazu beitragen, die Luftfahrtbranche zu dekarbonisieren, sondern auch eine positive Wirkung auf andere Sektoren haben, die auf fossile Brennstoffe angewiesen sind.

Die Pilotanlage in Höchst könnte als Modell für ähnliche Projekte weltweit dienen, insbesondere in Regionen, die über reichlich Biomasse und erneuerbare Energiequellen verfügen. Mit zunehmender Verfügbarkeit solcher Technologien könnten synthetische Kraftstoffe in Zukunft eine zentrale Rolle im globalen Energie-Mix spielen.

Ein Blick auf die Zukunft

Die Entwicklung von synthetischen Kraftstoffen ist ein dynamisches und sich ständig weiterentwickelndes Feld. Mit der Testphase der Pilotanlage, die 2025 beginnen soll, könnte Caphenia einen entscheidenden Beitrag zur Reduktion der Treibhausgasemissionen leisten. Die Möglichkeit, die Produktion auf 18 Millionen Liter zu steigern, zeigt das Potenzial, welches die Technologie hat. „Es ist der weltweit effizienteste Prozess“, betont Dr. Misselhorn und macht deutlich, dass die Zielsetzungen der Anlage nicht nur realistisch, sondern auch erreichbar sind, wenn die erforderlichen Ressourcen und Marktbedingungen vorhanden sind.

Der Übergang hin zu nachhaltigeren Energien wird entscheidend sein für die Erreichung der Klimaziele, die international verfolgt werden. Forschung und Technologie müssen Hand in Hand gehen, um die nötigen Lösungen zu entwickeln – und der Fortschritt in Höchst könnte der erste Schritt in eine neue Ära der Treibstoffproduktion sein.

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