Ungarn sagt geplantes Außenministertreffen mit Baerbock ab
Die geplante Reise der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach Budapest, um am Montag ihren ungarischen Amtskollegen Peter Szijjarto zu treffen, wurde von ungarischer Seite überraschend abgesagt. Dies teilte das Auswärtige Amt in Berlin mit und äußerte Bedauern über die Absage. Ein persönliches Gespräch hätte angesichts der komplexen politischen Lage und insbesondere der unerwarteten Moskau-Reise von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban erhebliche Bedeutung gehabt.
Orbans überraschender Moskau-Besuch
Im Vorfeld des abgesagten Treffens in Budapest reiste Viktor Orban nach Moskau, wo er sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin traf. Orbans Sprecher Bertalan Havasi bestätigte das geplante Treffen. Trotz des anhaltenden Konflikts in der Ukraine unterhält Orban weiterhin enge Beziehungen zum Kremlchef.
Reaktionen und Kritik
- Robert Fico: Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico, der im Mai in einem Attentat schwer verletzt wurde, lobte Orban für dessen Reise nach Moskau. „Wenn mein Gesundheitszustand es zugelassen hätte, wäre ich gerne mitgekommen“, erklärte Fico.
- EU und NATO: Die Europäische Union, vertreten durch den Chefdiplomaten Josep Borrell, kritisierte den Besuch scharf. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen äußerte sich verurteilend, während der US-Regierungssprecher Orban vorwarf, die friedlichen Bemühungen zu untergraben. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg machte deutlich, dass Orban nicht im Namen des westlichen Militärbündnisses handelt.
- Olaf Scholz: Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hob hervor, dass Orban ohne Erklärung auf eigene Faust handelte und betonte die klare Haltung der EU gegen den russischen Angriffskrieg.
Reise als Friedensmission inszeniert
Orban positionierte seine Reise als einen Versuch, Frieden zu fördern: „Man kann Frieden nicht von einem bequemen Sessel in Brüssel schaffen.“ Auf der Online-Plattform X betonte er die Bedeutung der EU-Ratspräsidentschaft Ungarns bei der Friedensstiftung, obwohl diese kein offizielles Verhandlungsmandat hat.
Besuch in Kiew und die komplexe Rolle Ungarns
Nur wenige Tage vor seiner Moskau-Reise besuchte Orban Kiew, was seinen ersten Besuch seit Beginn des Krieges darstellt. Er plädierte bei diesem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für eine Feuerpause, um Verhandlungen zu ermöglichen. Die Beziehungen zwischen Kiew und Budapest sind jedoch angespannt, da Ungarn in der Vergangenheit Hilfen für die Ukraine verzögerte und Sanktionen gegen Russland blockierte.
Abhängigkeit von russischem Gas
Ungarn bleibt weiterhin stark abhängig von russischen Gaslieferungen, die teilweise durch die Ukraine fließen. Kiew hat jedoch signalisiert, dass der derzeitige Vertrag zum Gastransit nicht über das Jahresende hinaus verlängert werden soll. Diese energiepolitische Abhängigkeit verkompliziert die Position Ungarns im geopolitischen Spiel weiter.
Putins Haltung und die Aussichten auf Frieden
Zur selben Zeit lehnte Putin eine Feuerpause ohne Vorbedingungen ab. Putin betonte, eine solche Pause könnte nur dazu dienen, dem Gegner Vorteile zu verschaffen und seine Streitkräfte neu zu formieren. Währenddessen bleibt die Lage weiterhin angespannt, und echte Friedensverhandlungen zwischen Kiew und Moskau sind nicht in Aussicht.
Der fehlende Konsens und die vielfältigen internationalen Reaktionen auf Orbans eigenmächtigen Diplomatieversuch verdeutlichen die tiefen Risse und die Komplexität der aktuellen geopolitischen Lage in Europa.
– NAG