Unstimmigkeiten Im Fall Rebecca Reusch: „Nicht auszuschließen, dass die Familie die Wahrheit kennt“
Berlin – Fünf Jahre nach dem Verschwinden der 15-jährigen Rebecca Reusch aus Berlin ist der Fall weiterhin ungelöst. Trotz intensiver Ermittlungen und zahlreicher Suchaktionen konnte die Polizei bislang keine Leiche finden. In diesem Zusammenhang äußerte sich nun der anerkannte Ex-Profiler Axel Petermann mit einigen schweren Vermutungen. Petermann, der lange die Mordkommission in Bremen leitete, sprach mit der Berliner Morgenpost über die neuesten Entwicklungen und seine Perspektive auf das Geschehen.
Viel Vertrauen in den Schwager: „In dieses Bild der Hoffnung passt kein Tötungsdelikt“
Axel Petermann behandelt seit seiner Karriere eine Vielzahl von Mordfällen und arbeitet sowohl in operativer Fallanalyse als auch in der Mordkommission Bremen. Ihm zufolge, könnte eine mögliche Erklärung für die Unstimmigkeiten im Verhalten des Schwagers der Familie Reusch gefunden werden. Petermann erklärt: „Eine mögliche Begründung könnte darin liegen, dass die Familie den Schwager so sehr vertraut und seine Täterschaft kategorisch ausschließt. Vielleicht hofft sie weiterhin, dass Rebecca noch lebt. In dieses Bild der Hoffnung passt kein Tötungsdelikt.“
Neue Spuren und soziale Dynamiken könnten Durchbruch bringen
Wie könnte nach dieser langen Zeit ein Durchbruch im Fall Rebecca gelingen? Petermann betont, dass es zwei vielversprechende Ansätze gibt. Zum einen könnten neue Ermittlungsmethoden und technologische Fortschritte, ähnlich wie bei der DNA-Analyse oder dem automatisierten Lesen von Fingerabdrücken, relevant sein. Diese Entwicklungen haben in der Vergangenheit schon häufig zur Aufklärung alter Fälle geführt.
Zum anderen könnte das soziale Umfeld der Schlüssel zur Lösung des Falls sein. Menschen, die vielleicht Schuldgefühle plagen oder durch veränderte Beziehungen zu neuen Aussagen bereit sind, könnten laut Petermann entscheidend sein. „Menschen, die irgendwann mit einer Schuld nicht mehr leben können oder bei denen Beziehungen enden, stellen manchmal ihre Aussagen auf den Kopf und belasten plötzlich Täter, die sie ursprünglich geschützt haben,“ so der Ex-Profiler.
Optimismus trotz langer Ungewissheit: Hoffnung auf Klärung bleibt
Trotz der andauernden Ungewissheit im Fall Rebecca Reusch bleibt Petermann optimistisch. „In den letzten Jahren konnten immer wieder lange zurückliegende Verbrechen aufgeklärt werden, die als ‚unlösbar‘ galten,” erklärt er. Er verwies dabei auf Beispiele aus seiner eigenen Berufserfahrung, wo Fälle erst nach 19 oder sogar über 30 Jahren gelöst wurden. Dieser positive Ausblick wird ebenso von Kriminalwissenschaftler Christian Matzdorf geteilt.
Verdächtigungen und Verhaftungen: Der Schwager bleibt im Fokus
Am Morgen des 18. Februar 2019 verschwand die 15-jährige Rebecca Reusch in Berlin-Britz. Die Polizei vermutet, dass sie nicht mehr am Leben war, als sie das Haus ihres Schwagers und ihrer Schwester verließ. Ihr Schwager wurde zwar zehn Tage später festgenommen, musste dann aber wieder freigelassen werden. Seine Aussagen bezüglich seines Aufenthaltsorts am Morgen des Verschwinden von Rebecca standen mehrfach im Zweifel, doch bislang fehlt der entscheidende Beweis, um Klarheit zu schaffen.
Axel Petermann geht sogar soweit, zu sagen, dass es „nicht auszuschließen ist, dass die Familie die Wahrheit kennt und den Schwager oder eine andere Person vor Bestrafung schützen möchte.“ Es bleibt dabei, dass für den Schwager weiterhin die Unschuldsvermutung gilt.
Während Familie und Beobachter weiterhin hoffen, irgendwann doch Gewissheit zu erlangen, bleibt der Fall Rebecca Reusch ein schmerzhaftes Kapitel und eine ständige Erinnerung an ungelöste Rätsel der Kriminalgeschichte.
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