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Schwarzfahren entkriminalisieren: Wissenschaftler fordern Reform in Berlin

In einem offenen Brief an Bundesjustizminister Marco Buschmann fordern Kriminologen und Wissenschaftler aus Berlin, Köln und Frankfurt am Main die Entkriminalisierung des Schwarzfahrens, da es vor allem arme Menschen betrifft, wobei eine konkrete Reform des Strafgesetzbuches bisher auf sich warten lässt.

In Berlin gibt es derzeit eine kontrovers geführte Debatte über die strafrechtliche Behandlung des Schwarzfahrens. Eine Gruppe von Kriminologen und Wissenschaftlern hat an Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) appelliert, das Fahren ohne gültigen Fahrschein nicht länger als Straftat zu verfolgen. In einem offenen Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, argumentieren sie, dass diese Regelung vor allem soziale Gerechtigkeit betreffen und vulnerable Bevölkerungsgruppen benachteiligen würde.

Betroffene Gruppen im Fokus

Die Verfasserinnen des Schreibens, darunter Expertinnen aus Köln und Frankfurt am Main, betonen, dass viele der betroffenen Schwarzfahrer aus prekären Lebenslagen stammen. Oft handelt es sich um arbeitslose Menschen oder solche, die mit Suchtproblemen zu kämpfen haben. Die Studie zeigt, dass die Erschleichung von Leistungen häufig ohne bewusste kriminelle Absicht erfolgt und dass die finanzielle Belastung pro Fahrt sehr gering ist.

Der aktuelle Stand der Reform

Im letzten November hatte Minister Buschmann erste Ideen für eine Reform präsentiert, die das Ziel verfolgt, das Schwarzfahren zu entkriminalisieren. Zukünftig sollte es nicht mehr als Straftat, sondern lediglich als Ordnungswidrigkeit behandelt werden. Allerdings hat die Diskussion innerhalb der Ampel-Koalition nicht nur den Fokus auf diese Reform gelenkt; Buschmann plant zudem eine Möglichkeit, Unfälle mit Sachschaden online zu melden, was eine weitere Baustelle in der Verkehrsrecht-Diskussion aufwirft.

Folgen eines solchen Gesetzes

Ein wichtiges Argument der Wissenschaftler ist, dass eine Herabstufung des Schwarzfahrens zu einer Ordnungswidrigkeit nicht nur unnötige Bürokratie schaffen könnte, sondern auch Menschen in noch schwierigere Situationen bringen würde. Wenn jemand das Bußgeld nicht zahlen kann, besteht die Gefahr einer Erzwingungshaft, die besonders für psychisch und physisch belastete Personen unverhältnismäßig hart wäre.

Der Weg zur Umsetzung

Auch wenn Buschmann in der ersten Hälfte 2024 einen konkreten Entwurf zur Reform angekündigt hat, bleibt der Zeitrahmen vage. Ein Sprecher des Ministeriums hat bekräftigt, dass das Vorhaben weiterhin verfolgt wird, eine klare Strategie zur Verbesserung der Situation der Betroffenen ist jedoch noch nicht erkennbar. Es bleibt zu hoffen, dass bei der Diskussion um die Reform die Stimmen derjenigen, die am stärksten betroffen sind, Gehör finden.

Insgesamt zeigt sich, dass die Diskussion über das Schwarzfahren nicht nur eine rechtliche, sondern vor allem eine soziale Dimension hat. Die Stimmen der Kriminologen rufen dazu auf, die Gesetzgebung nicht isoliert zu betrachten, sondern die breit gefächerten Hintergründe und Auswirkungen auf die betroffenen Menschen in den Mittelpunkt der Reformbemühungen zu stellen.

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