Welschneudorf. In den frühen 1970er-Jahren erlebte die Reitgemeinschaft in Deutschland eine bedeutende Wende. Junge Menschen in Welschneudorf und Umgebung, angezogen von der Idee des freien Reitens in der Natur, begannen, sich zu organisieren. Carl Rücker, ein 94-jähriger Zeitzeuge dieser aufregenden Zeit, blickt auf die Anfänge der Vereinigung für Freizeitreiter und -fahrer in Deutschland (VFD) zurück. Er war nicht nur dabei, als der Verband ins Leben gerufen wurde, sondern ist auch als Gründungsmitglied geehrt worden.
Rücker erzählt, dass der Drang, reiten zu gehen, zu dieser Zeit nicht ohne Herausforderungen war. Viele junge Reiter wollten sich nicht auf den traditionellen Reitplätzen abmühen, sondern suchten das Abenteuer und die Freiheit im Freien. „Gesetze, Behörden und Einzelpersonen versuchten, uns das Reiten in der Natur zu verbieten“, so Rücker. Um dem entgegenzuwirken, gründeten sie am 5. Mai 1973 in Beckum offiziell die VFD. In diesem Gründungsakt waren sieben Personen aus unterschiedlichen Berufsgruppen vertreten, darunter Anwälte und ein Pferdezüchter, die entschlossen waren, für ihre Interessen einzutreten.
Geburt einer Reitergemeinschaft
Die Gemeinschaft begann zu wachsen, und der Rückerhof wurde zu einem zentralen Treffpunkt für die begeisterten Reiter. Besonders Wochenendausritte in die Eifel oder den Taunus waren eine großartige Möglichkeit, sich selbst und das eigene Können auf den Pferden unter Beweis zu stellen. „Es war ein Erlebnis, über den Rhein zu reiten“, erinnert sich Rücker. Mit Gruppen von bis zu 15 Reitern war es wichtig, ein gewisses Maß an Ordnung und Rücksichtnahme zu gewährleisten. Ausflüge und Grillabende wurden zu unvergesslichen Erlebnissen, die den Zusammenhalt unter den Reitern stärkten.
Ein weiterer Höhepunkt der damaligen Zeit waren die musikalischen Abende im Gutsgarten, wo die „Kentucky Straight Band“ mit Countrysongs die Reiter unterhielt. „Es war eine Zeit voller Romantik und Freiheit, in der die Liebe zum Pferd und zur Natur im Mittelpunkt stand“, sagt Rücker und lässt die Erinnerungen an diese geselligen Momente aufleben.
Der Weg zur VFD in Rheinland-Pfalz
Die Neigung, sich der VFD anzuschließen, verbreitete sich schnell. Helmut Hasselmann wurde zu einem Schlüsselfigur für die Mitgliederwerbung im Rheinland-Pfalz. „Wir wollten in die VFD, auch aus versicherungstechnischen Gründen“, erklärt Rücker. Durch seine Unterstützung traten viele 1974 dem Verband bei, ohne selbst einen neuen Verein gründen zu müssen. So knüpften sie ein Netzwerk, das die ersten VFD-Mitglieder in Rheinland-Pfalz umschloss.
Der politische Kontext war jedoch nicht zu unterschätzen. In vielen Bundesländern bestanden strikte Reitverbote im Wald, was den Freizeitreitern nicht schmeckte. Rücker und seine Mitstreiter erkannten, dass nur eine vereinte Stimme der Freizeit- und Wanderreiter etwas gegen die drohenden Beschränkungen im Wald bewirken konnte. Die Vereinigung kam nicht nur zur richtigen Zeit, sondern hatte auch das Potenzial, der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) Paroli zu bieten.
In der Rückschau ist es faszinierend zu sehen, wie die Gründung der VFD den Reitsport in Deutschland beeinflusste. Mit Weitblick gelang es der Vereinigung, Gesetzesänderungen herbeizuführen, die es den Reitern heute ermöglichen, gemeinsam in der Natur unterwegs zu sein. Diese Entwicklungen sind auch ein Grund dafür, warum die VFD nun auf 50 Jahre Bestehen zurückblicken kann. Ein Jubiläum, das im August in Schweighausen festlich gefeiert wird.
50 Jahre VFD: Ein Rückblick auf Erfolg und Leidenschaft
Die Feierlichkeiten zur Feier des 50-jährigen Bestehens der VFD versprechen ein bedeutendes Ereignis zu werden. Nicht nur Carl Rücker, sondern viele andere auch werden sich daran erinnern, was es bedeutet, Teil einer solch dynamischen und engagierten Gemeinschaft zu sein. Es wird ein Fest für die Freizeitreiter und -fahrer, die sich über die Jahrzehnte hinweg für ihre Leidenschaft eingesetzt haben. Ein Anlass, um die Erfolge zu feiern, die diese Gemeinschaft hochgehalten hat, und um den Blick auf die Zukunft zu richten.
Die Gründung der Vereinigung für Freizeitreiter und -fahrer (VFD) stellt einen wichtigen Schritt in der Geschichte des Reitsports in Deutschland dar. In den 1970er Jahren war das gesellschaftliche Klima von einem wachsenden Interesse für Freizeitgestaltung und Natursport geprägt. Die VFD entstand vor dem Hintergrund, dass immer mehr Menschen die Natur und das Reiten in der freien Natur entdecken wollten, oft abseits von regulierten Reithallen und Turnierplätzen.
Die Gründung der VFD spiegelt auch einen gesellschaftlichen Wandel wider, bei dem individuelles Freizeitverhalten immer mehr in den Mittelpunkt rückte. Mit der zunehmenden Urbanisierung und der damit verbundenen Abkopplung von ländlichen Traditionen suchten viele Menschen nach Wegen, ihre Freizeit naturnah und aktiv zu verbringen. Das Reiten wurde nicht nur als sportliche Betätigung, sondern auch als Beitrag zum persönlichen Wohlbefinden und zur Lebensqualität angesehen.
Entwicklung von Reitsportgemeinschaften
Die VFD hat sich seit ihrer Gründung zu einer der bedeutendsten Reitsportgemeinschaften in Deutschland entwickelt. Die Organisation fördert nicht nur die Freizeitgestaltung mit Pferden, sondern setzt sich auch für Tierschutz und die Belange von Reitern in Bezug auf gesetzliche Rahmenbedingungen ein. Dieses Engagement führte dazu, dass die VFD eine wichtige Stimme für Freizeitreiter in Politik und Gesellschaft wurde.
Die Reitsportgemeinschaften in Deutschland sind ebenfalls durch den Einfluss der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) geprägt. Diese wurde bereits 1905 gegründet und vertritt die Interessen der klassischen Reitkunst und des Turniersports. In den letzten Jahrzehnten haben die VFD und ähnliche Organisationen zur Diversifizierung des Reitsports beigetragen, indem sie Wege aufzeigen, Reiten außerhalb des Turniersports zu genießen und zu fördern.
Die Bedeutung von Mitgliedszahlen und Engagement
Aktuelle Mitgliederzahlen und Engagement in der VFD sind ein Zeichen für die Bedeutung, die die Vereinigung für viele Freizeitreiter hat. 2021 meldeten alle Landesverbände zusammen über 25.000 Mitglieder. Diese Zahl verdeutlicht, dass der Wunsch nach Gemeinschaft und einem Austausch innerhalb der Freizeitreiter-Szene ungebrochen ist.
Zudem wurden in den letzten Jahren zahlreiche Projekte ins Leben gerufen, um das Reiten sicherer und nachhaltiger zu gestalten, darunter Reitturniere, Ausbildungsprogramme und Naturschutzinitiativen. Diese Programme stärken die Gemeinschaft der Freizeitreiter und tragen dazu bei, die Anliegen dieser Gruppe Gesellschaft und Politik näherzubringen.
Die VFD zeigt, wie wichtig Ehrenamt und freiwilliges Engagement sind, um die Interessen von Freizeitreitern und -fahrern wirkungsvoll zu vertreten. Während des Jubiläums in Schweighausen wird dieser Einsatz gewürdigt, und es werden zukünftige Herausforderungen und aktuelle Themen in der Reitsportgemeinschaft diskutiert.
Für viele Mitglieder ist die VFD jedoch nicht nur ein Verein, sondern auch eine Familie, die durch die Leidenschaft zur Natur und zu Pferden verbunden ist. Die anstehenden Feierlichkeiten im August sind somit auch ein Ausdruck der Wertschätzung für die Gemeinschaft, die über 50 Jahre gewachsen ist.