Wenige Stunden bevor im Gazastreifen mit der Impfung gegen Polio begonnen werden sollte, überschatteten die Entdeckung mehrerer Leichen im Kriegsgebiet die Vorbereitungen. Diese entsetzliche Nachricht sorgte für empörte Reaktionen in Israel, da zu Beginn Unklarheit herrschte, ob es sich um die Überreste gefangener israelischer Staatsbürger handelte. Dies führte dazu, dass die inhaftierten Geiseln in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion rückten, was die bereits angespannte Situation weiter verschärfte.
Protestkundgebungen erlebten einen erneuten Aufschwung, und Demonstranten üben scharfe Kritik an Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Ein Teilnehmer der Proteste wurde mit den Worten zitiert: „Netanjahu hat die Geiseln im Stich gelassen. Ab morgen wird das Land beben; die Öffentlichkeit wird aufgerufen, sich vorzubereiten.“ Solche Aufrufe zeugen von der enormen Verzweiflung der Angehörigen und Unterstützer der Geiseln.
Kritik an der Regierung und der Situation vor Ort
Die israelische Armee bat die Bevölkerung darum, keine Gerüchte über die gefundenen Leichen zu verbreiten und informierte, dass derzeit noch Bergungs- und Identifizierungsmaßnahmen im Gange seien. „Die Truppen sind noch im Einsatz, und wir brauchen Zeit, um die Situation vollständig zu erfassen“, wurde in einer Mitteilung über soziale Netzwerke erklärt.
Unterdessen betont der israelische Oppositionsführer Jair Lapid kritische Aspekte dieser Krise. Laut Berichten der „Times of Israel“ konzentriere sich Netanjahu auf nebensächliche Themen, während das Schicksal der entführten Bürger weiterhin ungewiss sei. „Unsere Söhne und Töchter werden im Stich gelassen und sterben in Gefangenschaft“, äußerte Lapid seine Besorgnis.
Parallel zu diesen Ereignissen sollte im Gazastreifen eine umfassende Impfkampagne gegen das Polio-Virus starten, die darauf abzielt, Hunderttausende Kinder zu schützen. Die Vorgehensweise sieht vor, dass es in dem eingeschlossenen Küstengebiet zeitlich und örtlich begrenzte Feuerpausen geben soll, um die Durchführung der Impfungen zu ermöglichen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich ebenfalls zu diesem Thema geäußert. Jedoch verdeutlichte Netanjahus Büro, dass die Berichte über eine allgemeine Waffenruhe, die eine vollständige Waffenruhe umfassen würde, nicht der Wahrheit entsprechen. Es würde nur einen humanitären Korridor geben, um das Impfpersonal zu mobilisieren.
Die WHO kündigte an, dass in den kommenden Tagen in den Süden des Gazastreifens und anschließend in den Norden mit der Impfung fortgefahren werden soll. Insbesondere nach dem ersten Fall von Polio seit 25 Jahren in der Region ist der dringende Bedarf an Impfstoffen evident geworden. Die Gesundheitsbehörden berichteten über katastrophale hygienische Zustände in einem Gebiet, das viele Binnenflüchtlinge beherbergt, die unter extremen Bedingungen leben.
Familienangehörige der Geiseln haben an die WHO appelliert, auch für die entführten Kinder im Gazastreifen zu sorgen, indem sie sie in die Impfkampagne einbeziehen.
Parallel zu den Bemühungen um die Polio-Impfungen stehen die Verhandlungen für eine dauerhafte Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas nahezu still. Die USA, Ägypten und Katar sind involviert, jedoch konnten bislang keine Fortschritte erzielt werden, was an der kritischen Frage der israelischen Militärpräsenz im Philadelphi-Korridor liegt.
Die Situation mehren sich auch Besorgnis über die Sicherheit der Geiseln. Familienmitglieder der Gefangenen äußern ihre Wut und Enttäuschung über die Politik der Regierung, die sie verantwortlich machen. Eine Mutter einer Geisel bezeichnete Netanjahus Haltung als ein „Verbrechen gegen das Volk“, was die verzweifelte Lage der Familen verdeutlicht.
Der humanitäre Aspekt der Impfkampagne ist in dieser Lage von enormer Wichtigkeit. Die WHO erwartet, dass Hunderttausende Kinder in einer kurzen Zeit immunisiert werden. Dies erfolgt vor dem Hintergrund der alarmierenden Anzahl von Toten im Gazastreifen, die seit dem Beginn des Konflikts auf über 40.600 geschätzt wird. Die genauen Zahlen sind jedoch schwer zu überprüfen, da sie nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten differenzieren.