In Gießen wird Geschichte lebendig, während der damalige Stadtbild in Miniaturform wiederhergestellt wird. Diese faszinierende Ausstellung, die einen farbenfrohen Einblick in die Mitte des 20. Jahrhunderts gewährt, ist weit mehr als nur eine künstlerische Darstellung. Sie erinnert laut dem Organisator, Jan-Patrick Wismar, nicht nur an die verlorene Schönheit der Stadt, sondern warnt auch vor der Gegenwart.
Einblicke in die Vergangenheit von Gießen
Wismar, Sprecher der Gruppe Historische Mitte Gießen, hat mit viel Hingabe und handwerklichem Geschick eine Miniatur von Gießen erschaffen, die aus Balsaholz, Pappe und Naturfarben gefertigt ist. Mehr als 100 nachgebaute Gebäude zeigen, dass das alte Gießen zwischen 1900 und 1944 eine lebendige, bunte Stadt war. Diese Modelle sind in der Sparkassenfiliale Campus & More im Neuenweg zu bewundern und sollen das Publikum sowohl unterhalten als auch zum Nachdenken anregen.
Wichtige Lehren aus der Geschichte
Ein zentraler Aspekt der Ausstellung ist die Mahnung vor dem erneuten Aufkommen von extremen politischen Kräften. Wismar erklärt, dass es ihm nicht nur darum geht, die Schönheit des alten Gießen zu zeigen, sondern auch darum, Bewusstsein für die Gefahren des Krieges und anderer Konflikte zu schaffen. Er möchte mit seiner Arbeit ein Zeichen setzen: „Es soll zeigen, wie schön Gießen heute sonst sein könnte.“
Hintergrund der Ausstellung
Die Zeitzeugenaussagen und historische Fotos, die die Präsentation begleiten, stammen aus akribischen Recherchen von Werner Schmidt, einem Hobby-Historiker. Durch diese Quellen wird das Publikum über die Geschichte der einzelnen Gebäude aufgeklärt, wie beispielsweise das ehemalige Theater-Café Ernst Ludwig, welches 1910 eröffnet wurde und heute als McDonald’s bekannt ist. Diese Verknüpfung zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist entscheidend für das Projekt.
Die Urbanität Gießens verstehen
Die Straßenbezeichnungen wie Neuen Bäue deuten auf die Architekturentwicklung seit der Gründung der Ludwigs-Universität im Jahr 1607 hin. Diese Straße war nach der Legende von prächtigen Fachwerkhäusern gesäumt, die wohlhabenden Professoren und Staatsbediensteten Herbert Grundbedürfnisse boten. Im Vergleich dazu waren die Gebäude im Neuenweg bescheidener und kleiner, was Wismar als eine Reflexion der sozialen Struktur der damaligen Zeit sieht.
Zukunftsperspektiven und fortlaufende Projekte
Die Ausstellung in der Sparkasse wird bis Mitte Oktober geöffnet sein, und Wismar hat bereits ehrgeizige Pläne für die Zukunft. Neben der Durchführung von Führungen mit Schulklassen erwägt er auch, Zeitzeugen zum Austausch einzuladen. Sein Ziel ist es, bis zum Winter rund 275 Modelle zu vollenden, die dann in einer umfassenden Präsentation im ehemaligen Karstadt-Restaurant zu sehen sein werden, was einen bedeutenden kulturellen Beitrag zur Stadt leisten könnte.
Die Resonanz ist durchweg positiv, und Wismar äußert mit einem Augenzwinkern, dass seine Eltern sich freuen, wenn der Dachboden endlich wieder frei wird. Diese kreative Herausforderung unterstützt nicht nur das lokale Bewusstsein für Geschichte, sondern lebt auch die Verbindung zur Gemeinschaft weiter.
– NAG