Ab Freitag wird der Flugplatz in Mendig, in der malerischen Eifel, zum Schauplatz eines beeindruckenden Ereignisses, wenn rund 50.000 Gläubige zur jährlichen Jalsa Salana der deutschen Ahmadiyya-Gemeinde zusammenkommen. Bereits seit Tagen laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Überall auf dem Gelände wird geschuftet, während Ehrenamtliche wie Danial Ahmad Shaheen aus Berlin tatkräftig anpacken, um die Zeltstadt vorzubereiten. Er und seine 14 Begleiter sind am Samstag in Mendig eingetroffen und haben kräftig beim Aufbau der verschiedenen Strukturen geholfen.
Die Atmosphäre ist geschäftig und voller Vorfreude. „Das war am Anfang ganz schön viel Arbeit“, sagt Danial, „also wirklich auch Muskelkraft, die hier reingeflossen ist.“ Momentan konzentrieren sich die Helfer darauf, die Gepäckannahme zu organisieren, während gleichzeitig die IT-Infrastruktur eingerichtet wird, damit alles effizient läuft, wenn die ersten Teilnehmer ankommen.
Traditionelle Werte und geschlechtergetrennte Bereiche
Ein bedeutendes Merkmal der Jalsa Salana ist die Geschlechtertrennung, die in der Zeltstadt deutlich zu sehen ist. Die Veranstaltung ist so organisiert, dass es separate Bereiche für Männer und Frauen gibt. Zubaria Ahmad, eine der Organisatorinnen aus der Frauenorganisation der Gemeinde, erklärt: „Wir sehen das nicht als eine Einschränkung, sondern als Erleichterung.“ Dieser geschützte Raum erlaubt den Frauen, sich freier zu bewegen, ihre Kopftücher abzunehmen und sich wohlzufühlen.
Die strikte Einhaltung der Geschlechtertrennung hat ihren Ursprung in den traditionellen islamischen Werten, auf die sich die Ahmadis berufen. SWR-Religionsexperte Ulrich Pick hebt hervor: „Die Ahmadiyya Muslim Jamaat hat zwar konservative ethische Überzeugungen, strebt jedoch auch ein starkes soziales Engagement an.“ Dies zeigt sich nicht nur in ihren internen Strukturen, sondern auch in der Identifikation der Gemeinde mit dem Grundgesetz Deutschlands.
Die 48. Jalsa Salana markiert ein wichtiges gesellschaftliches Ereignis, indem die Ahmadiyya-Gemeinde zusammenkommt, um nicht nur religiöse Themen zu besprechen, sondern auch gemeinschaftliche Werte zu leben. So werden vom Freitag bis Sonntag Vorträge zu relevanten gesellschaftlichen Themen, Gebete und gemeinsames Essen auf dem Programm stehen. Die erste große Veranstaltung eröffnet mit dem Freitagsgebet und einer Predigt des Kalifen, die live aus London übertragen wird.
Die Vorbereitungen für solch ein großes Event sind enorm. Shaban Khan aus Köln erzählt von den langen Nächten, die viele Helfer in Anspruch nehmen müssen: „Ich bin immer nach Mitternacht nach Hause gekommen und morgens direkt wieder losgefahren.“ Für die Teilnehmer ist diese Arbeit eine echte Herzensangelegenheit. Es ist die Hingabe zur Gemeinde, die die Menschen zusammenschweißt und es ihnen ermöglicht, auch durch Müdigkeit und Schlafmangel hindurch aktiv zu sein.
Ein besonderes Jahr für die Ahmadiyya-Gemeinde
Die Entscheidung, die Veranstaltung zum ersten Mal auf dem Flugplatz Mendig abzuhalten, spiegelt das Wachstum und die Anpassungsfähigkeit der deutschen Ahmadiyya-Gemeinde wider. Als Teil einer weltweiten Gemeinschaft, die 2023 ihr 100-jähriges Bestehen in Deutschland gefeiert hat, zeigt dieses Treffen sowohl die tiefe Verwurzelung in der Tradition als auch eine progressive Haltung, die die Mitglieder in ihrer Integration unterstützt.
In Mendig werden die Teilnehmenden nicht nur die Möglichkeit haben, religiöse Themen zu vertiefen, sondern auch eine Atmosphäre der Gemeinschaft und Solidarität zu erleben. Die Tatsache, dass die Jalsa Salana in diesem Jahr an einem neuen Ort stattfindet, symbolisiert die Dynamik und die Bereitschaft der Gemeinschaft, sich weiterzuentwickeln. Es ist ein Schritt, der zeigt, dass die Ahmadiyya-Gemeinde fest entschlossen ist, ihre spirituellen und sozialen Werte dynamisch in die Zukunft zu tragen.
Wichtige Informationen zur Veranstaltung
- Veranstaltungsort: Flugplatz Mendig in der Eifel
- Teilnehmerzahl: Rund 50.000 Gläubige
- Beginn: Freitag, 22. August 2024
- Hauptprogramm: Vorträge, Gebete, Gemeinschaftsessen
Die Geschichte der Ahmadiyya-Gemeinde in Deutschland
Die Ahmadiyya-Gemeinde wurde im 19. Jahrhundert in Indien gegründet und breitete sich in den folgenden Jahrzehnten weltweit aus. In Deutschland ist die Gemeinde seit 1924 aktiv. Im Laufe der Jahre mussten die Ahmadis in ihrer Heimat oft Diskriminierung und Verfolgung erleben, was sie dazu brachte, ihre Lehren in anderen Ländern zu verbreiten. In Deutschland finden sich mittlerweile zahlreiche Gemeinden, die sich aktiv für interreligiösen Dialog und soziale Integration einsetzen. Die Ahmadiyya-Gemeinde sieht sich dabei als eine reformierte Strömung innerhalb des Islam und legt großen Wert auf Frieden, Toleranz und Bildung.
Die ersten deutschen Ahmadi-Muslime kamen häufig aus dem britischen Kolonialgebiet und setzten sich für die Rechte ihrer Mitmenschen ein. Mit der Etablierung von Moscheen und Kulturzentren haben sie eine Plattform geschaffen, um ihre Religion und Kultur bekannt zu machen.
Wirtschaftliches und soziales Engagement der Ahmadiyya-Gemeinde
Die Ahmadiyya-Gemeinde ist bekannt für ihr starkes soziales Engagement. Dies zeigt sich in zahlreichen Initiativen, die auf die Unterstützung von Bedürftigen, die Förderung von Bildung und interkulturellem Austausch abzielen. Ein Beispiel dafür ist die nationale Kampagne „Was für ein schöner Tag“, die jährlich durchgeführt wird, um benachteiligten Familien zu helfen und lokale Projekte zu unterstützen.
Darüber hinaus engagiert sich die Gemeinde auch im Bereich Umweltschutz und nachhaltiger Entwicklung. Durch verschiedene Programme und Initiativen, wie das Pflanzen von Bäumen oder die Organisation von Aufräumaktionen in der Natur, versucht die Gemeinde, einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten und auf die Bedeutung des Umweltschutzes aufmerksam zu machen.
Aktuelle Statistiken zur Ahmadiyya-Gemeinde
Aktuelle Schätzungen der Ahmadiyya-Gemeinde zeigen, dass weltweit über 10 Millionen Anhänger zur Gemeinde zählen. In Deutschland gibt es schätzungsweise 40.000 Mitglieder. Die Gemeinde setzt sich aktiv dafür ein, die Integration und den interreligiösen Dialog zu fördern, und hat in den letzten Jahren zahlreiche Projekte ins Leben gerufen, um das Verständnis zwischen verschiedenen Kulturen und Religionen zu stärken.
Die Versammlungen, wie die Jalsa Salana, ziehen nicht nur Mitglieder der Gemeinde an, sondern auch interessierte Besucher aus verschiedenen Hintergründen, was zu einem weiteren Austausch von Ideen und Gedanken führt.
Gesellschaftlicher Kontext und Herausforderungen
Die Ahmadiyya-Gemeinde sieht sich in Deutschland wie viele andere religiöse Gemeinschaften auch mit Herausforderungen konfrontiert. Trotz der rechtlichen Gleichstellung im Grundgesetz gibt es immer wieder Vorurteile und Missverständnisse gegenüber den Ahmadi-Muslimen. Ihre ständige Betonung von Frieden und Toleranz wird in Teilen der Gesellschaft oft nicht ausreichend wahrgenommen oder missverstanden.
Ein besonders sensibles Thema ist die Geschlechtertrennung, die bei ihrem jährlichen Treffen zur Anwendung kommt. Kritiker bemängeln dies als eine Einschränkung der Frauenrechte, während die Gemeinde selbst darauf besteht, dass diese Traditionen Teil ihres Glaubens sind und zur Stärkung der Frau in einem geschützten Raum beitragen.
Diese Herausforderungen erfordern eine fortlaufende Sensibilisierung für die Werte und Überzeugungen der Ahmadiyya-Gemeinde, um ein harmonisches Zusammenleben und gegenseitigen Respekt zu fördern.