Die Diskussion rund um die elektronische Patientenakte (ePA) hat durch eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey neue Impulse erhalten. Diese Befragung, die von der AOK-Bundesverband in Auftrag gegeben wurde und zwischen dem 5. und 9. August 2024 unter 10.000 Personen durchgeführt wurde, zeigt, dass noch erheblicher Informationsbedarf bezüglich der Einführung und Nutzung der ePA besteht. Hierbei handelt es sich um eine grundlegende Reform im Gesundheitssystem, die eine weitreichende digitale Vernetzung der Patientendaten zum Ziel hat.
Eine wichtige Erkenntnis der Umfrage ist, dass 61 Prozent der Befragten die Regelung, dass ab 2025 allen gesetzlich Versicherten automatisch eine elektronische Patientenakte erstellt wird, befürworten. Dies geschieht im Rahmen der sogenannten Opt-out-Regelung, bei der die Erstellung der Akte automatisch erfolgt, es sei denn, die Versicherten widersprechen aktiv. Trotz dieser positiven Grundhaltung zeigen knapp 20 Prozent eine klare Ablehnung, während 15 Prozent noch unentschieden sind. Erwähnenswert ist, dass der Anteil der Unentschlossenen im Vergleich zur Vorgängerumfrage im November 2023 gestiegen ist, was darauf hindeutet, dass die Informationskampagne noch intensiver fortgeführt werden muss.
Interesse an den Funktionen der ePA
Besonders ausgeprägt ist das Interesse an den Funktionen, die die elektronische Patientenakte den Nutzern bietet. 77 Prozent der Befragten gaben an, dass sie künftig ihre Gesundheitsdaten wie Arztbriefe oder Laboruntersuchungen über die ePA einsehen möchten. Bei der jüngeren und technikaffinen Zielgruppe zeigt sich ein noch stärkeres Interesse: Hier liegt die Zustimmungsrate bei knapp 90 Prozent. Diese Daten verdeutlichen, dass eine große Bereitschaft zur Nutzung digitaler Angebote im Gesundheitswesen vorhanden ist, insbesondere bei denjenigen, die technologische Neuerungen positiv gegenüberstehen.
Ein ähnliches Bild zeigt sich in Bezug auf das Einsehen von Informationen über verordnete Behandlungen und Medikamente. Hier sprechen sich 73 Prozent der Befragten für die Nutzung aus, während bei digital affinen Menschen sogar 86 Prozent dies befürworten. Der Trend lässt darauf schließen, dass die breite Einführung der ePA die Transparenz in der Gesundheitsversorgung fördern kann.
Anders sieht es jedoch beim Hochladen eigener Dokumente in die ePA aus. Nur 57 Prozent der Befragten befürworten diese Funktion, während ein Viertel ablehnend gegenübersteht und rund 19 Prozent noch unentschieden sind. Bei den digital interessierten Nutzern zeigen sich jedoch 71 Prozent offen dafür, ihre eigenen Dokumente hochzuladen. Das zeigt, dass die Nutzer bei bestimmten Funktionen der ePA mehr Bedenken haben, ihre Daten aktiv einzupflegen.
Schutz der Gesundheitsdaten
Die Vorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann, hebt die Bedeutung des Datenschutzes hervor: „Die automatisierte Einrichtung der ePA bietet eine sichere digitale Ablage für die Gesundheitsdaten der Versicherten und schützt diese vor unbefugtem Zugriff.“ Der Datenschutz spielt eine zentrale Rolle in der Wahrnehmung der ePA; es ist wichtig, das Vertrauen der Versicherten in die digitale Akte zu fördern. Mit dem Inkrafttreten des Digitalgesetzes wird die ePA ab dem 15. Januar 2025 für alle gesetzlich Versicherten zur Norm.
Die Abwicklung wird auch nach einem Widerspruchsrecht gestaltet: Wer die ePA nicht nutzen möchte, kann innerhalb von sechs Wochen nach dem Erhalt eines Schreibens oder einer E-Mail diesem widersprechen. Reimann betont, dass die Versicherten die Wahl haben, zu einem späteren Zeitpunkt ihre Entscheidung zu ändern, was ein wichtiges Element der Selbstbestimmung in der Gesundheitsversorgung darstellt.
Potenzial der ePA im Praxisalltag
Mit der ePA könnte der Alltag in Arztpraxen und Krankenhäusern revolutioniert werden. Durch die digitale Zusammenführung von Patientendaten könnten Behandlungen effektiver koordiniert und Doppeluntersuchungen vermieden werden. Deren Einführung könnte somit nicht nur die Effizienz im Gesundheitswesen steigern, sondern auch zu einer verbesserten Patientenversorgung führen.
Die Einführung der ePA steht also vor der Tür, und obwohl es noch viele Informationsdefizite gibt, zeigen die aktuellen Umfrageergebnisse, dass das Interesse an digitalen Gesundheitslösungen wächst. Die Aufklärungsarbeit der AOK und anderer Akteure wird entscheidend dafür sein, wie die ePA von der Bevölkerung angenommen wird.
Mit dem Ziel, die Vorteile und Möglichkeiten der elektronischen Patientenakte hervorzuheben, bleibt die AOK dabei, die Versicherten über ihre verschiedenen Optionen und deren Auswirkungen zu informieren. Dies ist nicht nur ein Schritt in Richtung einer digitalisierten Gesundheitsversorgung, sondern auch eine Gelegenheit, die Patientenempowerment zu fördern und ein höheres Maß an Verständnis für die eigenen Gesundheitsdaten zu schaffen.
Politische und rechtliche Rahmenbedingungen
Die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) in Deutschland ist im Rahmen des Digitale Versorgung Gesetzes (DVG) und des Patientendaten-Schutzgesetzes (PDSG) zu verstehen. Diese gesetzlichen Grundlagen haben zum Ziel, die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzutreiben und die interprofessionelle Zusammenarbeit im Sinne einer besseren Patientenversorgung zu fördern. Die gesetzlichen Vorgaben sehen vor, dass die ePA ab dem 15. Januar 2025 für alle gesetzlich Versicherten automatisch zur Verfügung steht, sofern kein Widerspruch eingelegt wird. Diese Opt-out-Regelung soll eine möglichst hohe Akzeptanz der ePA erreichen, indem sie die Hürden zur Nutzung reduziert.
Mit der Einführung der ePA wird auch ein strenger Datenschutz angestrebt. Gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sind die Gesundheitsdaten besonders schützenswert, und der Zugriff auf die ePA ist nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Versicherten möglich. Somit werden sowohl Patientenrechte gestärkt als auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Speicherung und Verarbeitung von Gesundheitsdaten klar definiert.
Bedeutung der elektronischen Patientenakte für die Gesundheitsversorgung
Die ePA kann langfristig eine entscheidende Rolle in der deutschen Gesundheitsversorgung spielen. Sie ermöglicht eine zentrale Speicherung der Gesundheitsdaten der Versicherten, wodurch eine lückenlose Dokumentation und ein schnellerer Austausch von Informationen zwischen unterschiedlichen behandelnden Ärzten und Einrichtungen erfolgen kann. Dies verbessert nicht nur die Patientensicherheit, sondern kann auch dazu beitragen, Doppeluntersuchungen zu vermeiden und somit Kosten im Gesundheitswesen zu senken.
Studien haben gezeigt, dass ein digital vernetztes Gesundheitssystem die Behandlungsergebnisse verbessern und Wartezeiten reduzieren kann. Durch die Digitalisierung können Ärzte schnell auf relevante medizinische Informationen zugreifen, wodurch Entscheidungen effizienter getroffen werden können. Diese Vorteile sind insbesondere in Notfallsituationen von Bedeutung, in denen zeitnahe Informationen über Medikationen oder Allergien entscheidend sein können.
Gesellschaftliche Akzeptanz und Herausforderungen
Trotz des großen Interesses an der ePA, wie die Civey-Umfrage zeigt, gibt es noch immer Bedenken in der Bevölkerung, insbesondere bezüglich des Datenschutzes und der Datensicherheit. Die Skepsis ist bei älteren Menschen und weniger technologieaffinen Nutzergruppen spürbar. Nur wenn die Bedenken hinsichtlich der Sicherheit umfassend adressiert und die Menschen überzeugend über die Vorteile informiert werden, kann die Akzeptanz weiter gesteigert werden. Initiativen zur Aufklärung über die Funktionsweise und den Nutzen der ePA sind daher von entscheidender Bedeutung.
Die Umfrageergebnisse spiegeln diese Herausforderungen wider: Obwohl 61 Prozent die Einführung unterstützen, bleibt ein erheblicher Teil der Bevölkerung unentschlossen oder lehnt die Regelung ab. Um die ePA erfolgreich zu implementieren, müssen die Krankenkassen und Gesundheitsdienstleister eng zusammenarbeiten, um das Vertrauen der Versicherten zu gewinnen und ihre Fragen oder Bedenken proaktiv zu adressieren.