Eine aufregende Entdeckung hat die Archäologen in Mainz in den letzten Wochen in Atem gehalten. In einer Baugrube, die sich an der Oberen Zahlbacher Straße Ecke „Am Römerlager“ befindet, sind anthropologische Funde aufgetaucht, die auf eine bedeutende römische Vorstadt hindeuten. Bei den Arbeiten für ein neues Forschungszentrum, das von den Gründern von Biontech ins Leben gerufen wurde, sind Überreste einer Zivilstadt entdeckt worden, die sich zwischen 100 und 400 nach Christus um das römische Legionslager gruppierte.
Am Montag wurden die spektakulären Funde von den zuständigen Archäologen präsentiert. Neben der Bestätigung zahlreicher Ziegel mit Legionsstempeln und einer beeindruckenden Sammlung von Münzen stach eine besonders bedeutende Entdeckung hervor: ein Torso einer Genius-Statue, die aus dem 3. Jahrhundert stammt. Diese Statue stammt vermutlich aus einer obergermanischen Werkstatt und könnte als persönlicher Schutzgott eines wohlhabenden Bürgers gedient haben.
Eine Stadt voller Leben
Die Entdeckungen zeigen, dass die römische Vorstadt Mogontiacum ein pulsierendes Zentrum mit Handelsaktivitäten, Kneipen und Handwerk war. Ulrich Himmelmann, amtierender Landesarchäologe der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE), hob hervor, dass es in dieser Region über mehrere Jahrhunderte intensiven Bau- und Lebensraum gegeben hat. Die Archäologen haben nicht nur Mauerreste, sondern auch zahlreiche Keramikscherben und Überreste antiker Straßen gefunden, die detaillierte Einblicke in das Leben der Menschen jener Zeit ermöglichen.
Der Innenminister Michael Ebling (SPD) stellte deutlich fest, dass Mainz unter den römischen Lagern am Rhein zu den frühesten und bedeutendsten zählte. Besonders spannend ist die Tatsache, dass die Stadt möglicherweise älter ist als die bekannte Römerstadt Trier, was zu anhaltenden Diskussionen unter Historikern führt. „Die erste Holzbauphase kann bereits um 17 oder 16 vor Christus datiert werden“, erklärte Ebling. Dies unterstreicht die strategische Bedeutung von Mainz am Rhein, wo die römischen Legionen stationiert waren.
Unmittelbar vor den Mauern des Legionslagers entwickelte sich eine blühende Gemeinschaft. Die gefundenen Strukturen offenbaren die dichte Anordnung von Wohn- und Geschäftshäusern, Tavernen und sogar Badeanstalten. Diese Funde stehen symbolisch für die Lebensweise der damaligen römischen Bevölkerung.
Die Entdeckung der Grabkammer
Ein weiterer bemerkenswerter Fund wurde fast im Verborgenen entdeckt: eine Grabkammer aus dem 1. Jahrhundert mit einer kleinen Stele, die vor dem Legionslager aufgestellt war. Diese Stele war so ausgerichtet, dass sie von den Mauern aus lesbar war und lockt jetzt die Neugier der Wissenschaftler, da die Inschrift teilweise unentdeckt bleibt. Es handelt sich um eine ungewöhnliche Grabanlage in solcher Nähe zu einem militärischen Zentrum, was ihre Bedeutung erhöht.
Die Bedeutung dieser Entdeckungen ist nicht zu unterschätzen, da sie Aufschluss über die römische Kultur und das soziale Leben bieten. Höchstwahrscheinlich wurde die Grabstelle für eine herausragende Persönlichkeit der damaligen Zeit angelegt, obwohl der genaue Zusammenhang noch nicht geklärt ist. Die enthaltenen Buchstaben auf der Stele, F, P und H, halten viele Fragen offen und verstärken das Interesse an weiteren Forschungsarbeiten in der Sintflut an Beweisen.
Obwohl die Fundstelle innerhalb einer aktiven Baustelle für das Forschungszentrum liegt, haben die Archäologen viel zu tun. Die Planungen für das neue Gebäude waren bereits fortgeschritten, doch es gibt jetzt einen gewissen Zeitdruck. Die Baustelle muss zügig fortschreiten, da Investoren auf eine schnelle Fertigstellung drängen.
Die Archäologen sehen sich daher gezwungen, ihre Grabungen entlang der leichten Fortschritte des Baus anzupassen. Es besteht die Sorge, dass ohne ausreichende Zeit für die Forschungen wesentliche Erkenntnisse verloren gehen könnten. Trotz der Herausforderungen sind die Archäologen optimistisch und bereit, alles zu geben, um weitere spannende Entdeckungen zu machen.
Einblicke in die römische Geschichte
Die in Mainz entdeckten Überreste bieten nicht nur eine Fensteröffnung in die römische Vergangenheit, sondern zeigen auch die Relevanz von archäologischen Arbeiten in modernen Bauprojekten. Die Geschichte der Stadt wird durch solche Funde lebendig und trägt zur Aufklärung der römischen Geschichte in Deutschland bei. „Wir haben eine riesige Verantwortung“, so Himmelmann, „und wir sind bereit, sie zu übernehmen.“
Die Entdeckungen in der Baugrube für das TRON-Forschungszentrum stellen einen wichtigen Schritt in der Archäologie Rheinhessens dar. Der Bereich um Mainz, insbesondere Mogontiacum, war während der römischen Kaiserzeit von großer Bedeutung. Archäologen betrachten Mainz nicht nur als eine der ältesten Städte Deutschlands, sondern auch als eines der zentralen Legionslager am Rhein. Diese geografische Lage machte es zu einem strategisch wichtigen Punkt für die römische Armee und deren Verwaltung.
Die römische Präsenz in Mainz ist eng verbunden mit der Herrschaft der Kaiser Augustus und Tiberius. Viele der in der Baugrube gefundenen Artefakte und Strukturen weisen auf den Einfluss des römischen Designs und die Lebensweise in diesen Vororten hin. Die Vorstädte, zur Zeit des Römischen Reiches, waren Lebensräume für Legionäre sowie für Zivilisten, einschließlich Händler, Handwerker und deren Familien. Insbesondere die Entdeckung von Lagerräumen und Werkstätten verdeutlicht die wirtschaftliche Aktivität und das soziale Leben in dieser Zeit.
Bedeutung der Funde für die Wissenschaft
Die aktuellen Ausgrabungen bieten nicht nur Einblick in das Alltagsleben in der römischen Zeit, sondern eröffnen auch neue Fragen zur urbanen Entwicklung in Mainz. Die Vielzahl an gefundenen Objekten, wie Ziegel mit Legionsstempeln und Münzen, ermöglicht es, die Handels- und Kommunikationsnetzwerke der Römer nachzuvollziehen. Insbesondere die Verflechtung zwischen Militär und Zivilbevölkerung ist hierin ein zentrales Thema.
Besonders bemerkenswert ist, dass die Funde die Grundlage für zukünftige Forschungen bilden, die nicht nur die römische Geschichte von Mainz betreffen, sondern möglicherweise auch Beiträge zur allgemeinen Geschichte der Römer in Germanien leisten können. Laut Ebling und Himmelmann könnte dies zu einer Neubewertung des Prestige des römischen Mainz im Vergleich zu anderen Städten wie Trier führen, die traditionell als wichtige römische Stätten gelten.
Ein weiteres interessantes Detail ist die Strategie der Archäologen, die trotz des Drucks von Bauarbeiten an den historischen Funden festhalten. Die Zusammenarbeit zwischen Archäologen und Bauherren ist essenziell, um wertvolle Informationen zu sicherzustellen, obwohl jeder Tag auf der Baustelle einen wirtschaftlichen Druck ausübt. Der Erhalt vieler dieser Funde könnte auch zukünftige archäologische Ausgrabungen in der Region anregen und zu einem besserem Verständnis der römischen Geschichte in Deutschland beitragen.
Öffentliche und Politische Reaktionen
Die Entdeckungen haben ein großes öffentliches Interesse geweckt, was sich in den Reaktionen der lokalen Gemeinschaft und der Medien niederschlägt. Die Möglichkeit, dass das Verständnis über die römische Geschichte der Region erweitert werden könnte, hat sowohl Wissenschaftler als auch die allgemeine Öffentlichkeit fasziniert. Die Landesarchäologie, unter der Leitung von Ulrich Himmelmann, betont die Wichtigkeit dieser Funde für das kulturelle Erbe von Rheinland-Pfalz.
Politische Entscheidungsträger wie Innenminister Michael Ebling haben sich ebenfalls für den Erhalt und die Dokumentation der Funde ausgesprochen, was nicht nur aus kultureller Sicht wichtig ist, sondern auch um das Interesse an römischer Geschichte zu fördern. Dies könnte zu zukünftigen Investitionen in die Archäologie und den Tourismus in Mainz führen, was ein weiteres Wachstum in den Bereichen Bildung und lokalem Wirtschaftswachstum ermöglichen könnte.
Die Kombination aus archäologischen Funden und einem hochmodernen Forschungszentrum zeigt das Bestreben, Geschichte nicht nur zu bewahren, sondern auch in den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Kontext des 21. Jahrhunderts zu integrieren.