In der Wildtierpflegestelle Verden sorgt ein kleiner Fuchs namens „Mrs. Rocket“ für Aufregung. Vor vier Monaten wurde das Tier, das zunächst für einen Marderhund gehalten wurde, von Findern in die Einrichtung gebracht. Die Betreiberin Julia Linz erkannte rasch, dass es sich bei dem Welpen um eine Füchsin handelt. Damals wog das kleine Tier nur 160 Gramm und es zeichnete sich ab, dass sie große gesundheitliche Probleme hatte.
„Sie hatte Krampfanfälle, die durch falsche Ernährung verursacht wurden,“ erzählt Linz. Ihr Zustand war kritisch und es gab Momente, in denen selbst die erfahrene Tierpflegerin an einen positiven Ausgang zweifelte. Dank einer speziellen Aufbaumilch und Infusionen konnte man jedoch eine positive Wendung herbeiführen. Das kleine Wesen wurde immer stärker und nahm an Gewicht zu.
Die Herausforderung der Fehlprägung
Mit der Zeit erholte sich Mrs. Rocket und entwickelte sich zu einer attraktiven Jungfüchsin. Doch das Glück wurde durch das Problem der Fehlprägung getrübt. „Sie wurde von den Findern, die es sicher gut meinten, an Menschen gewöhnt,“ erklärt Linz. Das bedeutet, dass Mrs. Rocket weiterhin den Kontakt zu Menschen sucht, was ihre Chancen auf eine Rückkehr in die Freiheit erheblich senkt. Die erstklassige Entwicklung zum gesunden Fuchs könnte also durch diese fehlgeleitete Bindung gefährdet sein.
Um sie an eine Wildnisumgebung zu gewöhnen, wurde das Futter auf Fleisch umgestellt, und sie wurde mit einem anderen, wild lebenden Fuchs zusammengebracht. Dieses Vorgehen sollte dazu beitragen, dass sie das natürliche Verhalten eines Fuchses erlernt. Doch Mrs. Rocket zeigt kaum Interesse daran, sich an ihren Artgenossen zu orientieren. Linz bleibt vorsichtig optimistisch, berichtet aber, dass die endgültige Entscheidung über ihre Auswilderung bayrisch bleiben müsse. „Wir müssen beobachten, wie sie sich im Auswilderungsgehege verhält,“ fügt sie hinzu.
Die Herausforderungen, die mit dieser Situation verbunden sind, sind vielfältig. Entgegen der Hoffnung, dass Mrs. Rocket eines Tages in die Freiheit entlassen werden kann, könnte es sein, dass sie aufgrund ihrer Prägung auf Menschen in Menschenhand bleiben muss. „Im schlimmsten Fall wird sie nie ausgewildert werden,“ sagt Linz, die die Verantwortung für die Füchsin sehr ernst nimmt.
Hohe Kosten und Unterstützung notwendig
Die finanziellen Aspekte der Pflege sind ebenfalls nicht zu vernachlässigen. Linz schätzt, dass die Tierarztkosten bis jetzt bei rund 1.000 Euro liegen. Die täglichen Futterkosten belaufen sich auf etwa 20 Euro, da sie keineswegs mit gewöhnlichem Hundefutter, sondern hochwertigem Fleisch versorgt wird. „Wir können das Tier nicht mit etwas füttern, das es später nicht im Wald findet,“ erklärt sie.
Um solche zusätzlichen Belastungen zu bewältigen, bietet die Wildtierpflegestelle Verden die Möglichkeit zur persönlichen Unterstützung an. Für diejenigen, die helfen möchten, ist ein Spendenkonto eingerichtet worden. Jeder Beitrag ist willkommen und kann dazu beitragen, das Leben von Mrs. Rocket und anderen Tieren in der Pflege zu verbessern.
Zusätzlich engagiert sich Julia Linz für fortschrittliche medizinische Lösungen. Sie hat einen Spendenaufruf für ein PCR-Gerät gestartet, das die Diagnose von Krankheiten bei Wildtieren erheblich erleichtern soll. „Das Ziel beträgt 5.500 Euro, aber wir haben bisher weniger als 1.000 Euro gesammelt,“ sagt sie mit einem Anflug von Frustration.
Obwohl die Herausforderungen enorm sind, bleibt die Hoffnung, dass Mrs. Rocket es schaffen kann, in die Natur zurückzukehren. Ihre außergewöhnliche Geschichte zeigt auf, wie wichtig der richtige Umgang mit Wildtieren ist und welche Risiken eine falsche Prägung mit sich bringt.
Der Schutz von Wildtieren im Fokus
Im Fall von Mrs. Rocket ist deutlich geworden, wie bedeutsam das Bewusstsein für Wildtiere und deren Pflege ist. Missverständnisse über die Art und Weise, wie man mit verletzten oder gefundenen Tieren umgehen soll, können schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen. Die Aufklärung über Wildtiere ist von zentraler Bedeutung, um ähnliche Fälle in der Zukunft zu verhindern, und um sicherzustellen, dass Tiere wie Mrs. Rocket die Chance auf ein Leben in Freiheit erhalten.
Die Situation von Mrs. Rocket wirft wichtige Fragen zur Pflege und Aufzucht von Wildtieren auf. Viele Wildtiere werden in den ersten Lebenswochen stark durch menschliche Nähe geprägt, was ihre spätere Rückkehr in die Wildnis erschwert. Eine falsche Prägung kann dazu führen, dass Tiere keine Scheu vor Menschen zeigen und sich in der Natur nicht richtig verhalten können.
Julia Linz, die Gründerin der Wildtierpflegestelle, weist darauf hin, dass der Einfluss von menschlicher Interaktion auf Wildtiere oft unterschätzt wird. Diese Aspekte sind auch in der Wildtierforschung anerkannt. Studien haben gezeigt, dass Tiere, die in den ersten Lebenswochen viel Kontakt mit Menschen haben, mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit erfolgreich ausgewildert werden können, weil sie nicht die nötigen Überlebensfähigkeiten erlernt haben.
Hintergrund zur Wildtierpflege in Deutschland
In Deutschland sind Wildtierpflegestellen wichtige Einrichtungen, die sich um verletzte oder verwaiste Tiere kümmern. Nach Schätzungen des Bundesamts für Naturschutz gibt es landesweit mehr als 300 solcher Stellen. Die Betreiber sind meist ehrenamtlich engagiert und arbeiten häufig in Kooperation mit Tierärzten und Naturschutzorganisationen. Es besteht eine zunehmende Nachfrage nach Fachwissen über die Pflege von Wildtieren, um deren Überlebenschancen zu erhöhen.
Die gesetzlichen Vorgaben zur Rehabilitation von Wildtieren sind in Deutschland klar definiert. Gemäß dem Tierschutzgesetz müssen Tiere, die in Obhut genommen werden, wieder in die Natur zurückgeführt werden, sofern ihre Gesundheit und Verhaltensentwicklung dies zulassen. Diese Vorgänge sind jedoch oft durch finanzielle Engpässe, wie im Fall von Mrs. Rocket, stark eingeschränkt.
Finanzielle Herausforderungen in der Wildtierpflege
Die finanziellen Belastungen für Wildtierpflegestellen sind erheblich. Die Kosten für die medizinische Versorgung und spezielle Futtermittel können schnell steigen, wie das Beispiel von Julia Linz zeigt. Neben den bereits erwähnten 1000 Euro für Tierarztkosten müssen täglich bis zu 20 Euro für die Fütterung von Mrs. Rocket aufgebracht werden. Diese Ausgaben gelten für viele Wildtiere, die in Pflege sind.
Ein bedeutendes Problem in der Wildtierpflege ist die häufig unzureichende finanzielle Unterstützung durch öffentliche Stellen oder private Spenden. Laut einer Umfrage des Deutschen Tierschutzbundes aus dem Jahr 2021 gaben lediglich 30% der angefragten Einrichtungen an, dass sie ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung hatten, um ihre Arbeit dauerhaft zu sichern. Die Abhängigkeit von Spenden ist daher eine ständige Herausforderung.