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„Lennart Sass: Vom Schicksalsschlag zum Paralympics-Kämpfer in Paris“

Der Rendsburger Judoka Lennart Sass, der vor acht Jahren durch eine seltene Erbkrankheit sein Augenlicht verlor, geht am 6. September 2024 bei den Paralympischen Spielen in Paris an den Start und zählt als Medaillenfavorit.

Der Weg von Lennart Sass, einem talentierten Judoka aus Rendsburg, ist außergewöhnlich. Vor acht Jahren änderte sich sein Leben drastisch, als er aufgrund einer seltenen Erbkrankheit plötzlich erblindete. Trotz dieses Rückschlags hat er seine Leidenschaft für den Judo-Sport nicht aufgegeben und kämpft nun, um bei den Paralympischen Spielen in Paris am 6. September an den Matten zu stehen.

Beim TSV Rendsburg, wo alles begann, ist die Freude über seinen Erfolg groß. Hier trat er als Jugendlicher auf die Matte und wurde von Jens Lehmann trainiert, der auch heute noch eine wichtige Rolle in Lennarts Leben spielt. „Ich habe als kleiner Butscher auf der Matte gestanden“, erinnert sich der 24-Jährige. Die Rückkehr zu seinen Wurzeln ist für ihn nicht nur ein Training, sondern auch eine emotionale Reise.

Ein plötzlicher Verlust

Die Probleme mit seiner Sehkraft begannen während eines Sommerurlaubs mit 16 Jahren und verstärkten sich so schnell, dass er nur noch einen Bruchteil seiner Sehkraft wahrnehmen konnte. Innerhalb weniger Tage fiel seine Sicht auf gerade einmal vier Prozent. Der Befund hat sein Leben verändert: „Ich konnte keine Nummernschilder mehr lesen, nicht einmal Gesichter erkennen“, schildert Lennart, der in dieser Zeit mit vielen Unsicherheiten kämpfte.

Nachdem die Ärzte die Ursache konkret bestimmen konnten, stand fest, dass eine seltene Mutation der Erkrankung LHON verantwortlich war. Trotz der schweren Diagnose behielt der junge Athlet seinen Willen. „Das ist mein Schicksal, das muss ich jetzt annehmen“, sagte er damals zu seinem Vater, als dieser die Schwere der Situation reflektierte.

Der Neustart im Judo

Den Handball, den er bis zu seinem Verlust kontinuierlich gespielt hatte, musste Lennart aufgeben. Doch das bedeutete nicht das Ende des Sports für ihn. Er fand zurück zur Kampfkunst, die er bereits als Sehend praktiziert hatte. „Ich bewundere ihn, dass er so schnell wieder angefangen hat“, erklärt Jens Lehmann, der seine schöpferische Rückkehr als inspirierend empfindet. Lennart machte sich daran, die speziellen Anforderungen für den Judosport für blinde Athleten zu erlernen und suchte Rat bei Experten.

Der Drang nach Normalität trieb ihn an, und schnell erlangte er bemerkenswerte Fortschritte. Bei zahlreichen Welt- und Europameisterschaften konnte er mit Medaillen glänzen, darunter eine Silbermedaille beim Grand Prix in Tiflis im Mai, die ihn dem Gipfel seiner sportlichen Karriere ein großes Stück näherbrachte.

Ein großer Traum: Paris 2024

Im Vorfeld der bevorstehenden Paralympischen Spiele hat Lennart eine klare Sicht auf sein Ziel entwickelt. Trotz eines Schlüsselbeinbruchs im Mai, der ihn in seiner Vorbereitung herausforderte, bleibt er optimistisch und zielstrebig. Seine Anhänger, darunter seine Familie und Freunde, stehen ihm treu zur Seite. „Wir sind wie eine kleine Fangemeinschaft“, beschreibt seine Mutter Astrid die familiäre Unterstützung, die ihm in Paris Kraft geben wird.

Obwohl er zu den Favoriten für eine Medaille zählt, bleibt er bescheiden. „Eine Medaille ist schon das Ziel, aber ich möchte auch einfach diese Erfahrungen genießen“, sagt er und blickt voller Vorfreude auf seine ersten Paralympischen Spiele. Diese Spiele sind für ihn nicht nur die sportliche Herausforderung, sondern auch der Ausdruck seiner persönlichen Reise und des Durchhaltens. „Paris ist das Endziel, wo ich meinen inneren Kampf bestreiten werde“, betont er voller Entschlossenheit.

Ein Lebenshighlight

Mit den Paralympischen Spielen in Paris erfüllt sich für Lennart Sass ein Lebenstraum und eine beeindruckende Lebensgeschichte. Es ist ein Beispiel dafür, wie man nach schweren Rückschlägen wieder aufstehen und seine Träume verfolgen kann, egal unter welchen Umständen. Wenn er am 6. September auf die Matte geht, wird er nicht nur für sich selbst kämpfen, sondern auch für all jene, die an ihn glauben und sich inspirieren lassen von seiner bemerkenswerten Resilienz.

Hintergrund der Paralympischen Spiele

Die Paralympischen Spiele sind eine internationale Sportveranstaltung für Athletinnen und Athleten mit Behinderung. Sie finden alle vier Jahre statt, parallel zu den Olympischen Spielen, und bieten eine Plattform für beeindruckende sportliche Leistungen und Geschichten der Überwindung. Die erste offizielle Paralympics fand 1960 in Rom statt und hat sich seitdem zu einem bedeutenden internationalen Ereignis entwickelt, das Athletik, Inklusion und soziale Bewusstseinsbildung verkörpert.

In den letzten Jahrzehnten hat sich das Bewusstsein für die Herausforderungen und Errungenschaften von Menschen mit Behinderung erheblich verändert, was sich auch in der Unterstützung für die Paralympischen Spiele widerspiegelt. Diese Entwicklung stellt sicher, dass die Athleten nicht nur für ihre sportlichen Fähigkeiten anerkannt werden, sondern auch für ihre Rolle als Vorbilder und Botschafter des Muts und der Resilienz.

Statistische Informationen zu den Paralympischen Spielen 2024

Die Paralympischen Spiele in Paris 2024 erwarten eine Rekordanzahl von Athleten und Teilnehmern. Mehr als 4.400 Athleten aus über 160 Nationen sind vorgesehen, die in 22 Sportarten um Medaillen kämpfen werden. Dies zeigt die wachsende Bedeutung und Reichweite der Spiele. Die Veranstaltung wird auch live in mehr als 100 Ländern übertragen, was zur globalen Sichtbarkeit und Anerkennung der Athleten beiträgt.

Ein Schlüsselfaktor für den Erfolg der Paralympischen Spiele ist die kontinuierliche Erhöhung der finanziellen Unterstützung und der Sponsoring-Möglichkeiten, die es den Athleten ermöglicht, sich optimal auf ihre Wettkämpfe vorzubereiten. Beispielsweise gab 2020 die IPC (International Paralympic Committee) eine Verdopplung des Budgets für die Unterstützungsprogramme für Sportler bekannt, was die Professionalisierung und die Bedingungen für die Athleten weiter verbessert.

Paralympische Athleten und deren soziale Auswirkungen

Paralympische Athleten spielen eine wichtige Rolle in der Gesellschaft, indem sie das Bewusstsein für Menschen mit Behinderungen und deren Möglichkeiten fördern. Sportler wie Lennart Sass nehmen nicht nur an Wettkämpfen teil, sondern sind auch inspirierende Persönlichkeiten, die zeigen, dass Behinderung nicht gleichbedeutend mit Einschränkung ist. Ihre Geschichten und Erfolge helfen, Stereotype abzubauen und das öffentliche Bild von Menschen mit Behinderungen zu verändern.

Darüber hinaus engagieren sich viele Paralympioniken auch außerhalb des Sports für soziale Belange, indem sie beispielsweise Bildungsprogramme oder Workshops initiieren, um das Verständnis und die Akzeptanz in der Gesellschaft zu fördern. Solche Initiativen tragen dazu bei, Barrieren abzubauen und eine inklusivere Gesellschaft zu schaffen, in der jeder die gleichen Chancen erhält.

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