In der ruhigen Stadt Stendal in Sachsen-Anhalt sticht ein ungewöhnliches Objekt auf dem Gelände eines Gebrauchtwagenhändlers ins Auge: ein Kampfjet der sowjetischen Luftwaffe. Während um ihn herum die üblichen Modelle wie VW Passat und Audi A4 parken, dominiert die 14 Meter lange MiG 21-UM mit ihren 7 Metern Spannweite die Szenerie. Doch wie kam es zu diesem außergewöhnlichen Anblick?
Der Autohändler scheint nicht da zu sein, während die aufmerksamen Passanten über die beeindruckende Aerodynamik des Jets staunen. An der Seitenfläche des Flugzeugs, das einst Teil der Nationalen Volksarmee der DDR war, sind die Ziffern 23 und 59 zu erkennen, Hinweise auf seine militärische Vergangenheit. Die Geschichte des Kampfjets ist rasch nachzuvollziehen, da alle Flugzeuge der Bundeswehr im Internet dokumentiert sind.
Ein Stück Zeitgeschichte
Die MiG 21-UM ist nicht einfach ein Flugzeug; sie ist ein historisches Relikt aus dem Jahr 1972, als sie in der NVA in Dienst gestellt wurde. Fliegende Nummer 212 gehörte zum Jagdfliegergeschwader 3 „Wladimir Komarow“, das in Cottbus stationiert war. Diese Maschine, die als Schuldoppelsitzer konzipiert wurde, besaß einen zusätzlichen Platz für einen Fluglehrer und war mit einem Periskop ausgestattet, um dem Flugschüler über die Schulter schauen zu können. Technische Details wie Schleudersitz und Autopilot machen sie besonders interessant für Flugzeug-Enthusiasten.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde die MiG 21-UM in den Bestand der Luftwaffe übernommen, bevor sie aufgrund ihres Alters schnell ausgemustert wurde. Sie wurde von den Militärs nicht mehr gebraucht und nach einer Zeit des Stillstands weiterverkauft, was den unklaren Verlauf ihrer Reise nach Stendal erklärt.
Die Reise zur MiG im Gebrauchtwagenhandel
Der exakte Weg, den die MiG 21-UM auf ihrem Weg durch das vereinte Deutschland nahm, bleibt vage. Jedoch erhielt das Luftwaffenmuseum in Berlin-Gatow viele der ausgeschiedenen MiGs, darunter auch die 212. Leider ist der Platz dort begrenzt, was zur Folge hatte, dass einige Flugzeuge an andere Standorte ausgelagert wurden. So befand sich die MiG zeitweise in Dessau, wo sie dem Technikmuseum zugeordnet war.
Das Schicksal des Kampfjets änderte sich, als Fred Freytag, ein Unternehmer aus der Region, 1994 den Auftrag erhielt, eine andere MiG von Dessau nach Stendal zu transportieren. Er bemerkte schnell, dass einige der Maschinen dringend untergebracht werden mussten und erwarb diese schließlich für eine symbolische Summe. Eine der MiGs fand ihren Platz auf dem Dach seines Abschleppunternehmens, während die andere bei einem befreundeten Autohändler landete.
Freytag erinnert sich an die Neugier, die die Flugzeuge hervorriefen: „Hier sind auch schon Piloten vorbeigekommen, die sich die Maschine mal genau anschauen wollten – Amerikaner, Deutsche, sogar ein Russe, der mal über Afghanistan abgestürzt ist.“ Trotz der Neugier und des Interesses an der MiG gibt es ein klares Statement: „Die Flieger sind unverkäuflich. Sie gehören jetzt zur Familie.“
Für Sammler und Militär-Enthusiasten ist die MiG 21-UM im Herzen von Stendal ein absolutes Highlight. Sie ist nicht nur ein Stück Technikgeschichte, sondern verkörpert auch die Erinnerungen und Geschichten vieler Menschen, die in ihrer Zeit als Militärflugzeug für die DDR flogen.