In der Welt des Unternehmens Thyssenkrupp brodelt es: Eine dramatische Wende in der Stahlsparte hat die Abgänge von gleich drei Stahlvorständen sowie vier Aufsichtsratsmitgliedern, darunter der prominente Sigmar Gabriel, zur Folge. Diese Rücktritte, die sofort wirksam wurden, sind das Resultat eines angespannten Machtspiels, das am Dienstag nach einer Sitzung der Aufsichtsräte in Duisburg bekannt gegeben wurde. Die Vorstände sahen sich offenbar mit Aufhebungsverträgen konfrontiert, die die verfahrene Situation weiter anheizen.
Die Spannungen zwischen den Vorständen und Thyssenkrupp-Chef Miguel López sind vor allem der Grund für diesen radikalen Schritt. Gabriel kritisierte, dass López eine „beispiellose Kampagne“ gegen den Stahlvorstand geführte habe, was aus seiner Sicht einen tiefen Vertrauensbruch darstellt. Er warf dem CEO vor, die Zusammenarbeit untergraben zu haben, um die Vorstände zur Aufgabe zu bewegen. López hingegen bezweifelte die Pläne des Stahlvorstands zur Neuausrichtung der Sparte und stellte öffentlich klar, dass er einen klaren und tragfähigen Geschäftsplan erwartete.
Hintergrund der Konflikte
Der Streit um die Stahlsparte ist nicht neu; er hat tiefergehende Wurzeln in der finanziellen Ausstattung der Sparte seitens des Mutterkonzerns. Die Stahlsparte kämpft nicht nur mit der anhaltenden Konjunkturschwäche, sondern sieht sich auch einem Anstieg von Billigimporten gegenüber. Dies führt zu einem massiven Druck auf die Kapazitäten und zwingt das Unternehmen, Personal abzubauen. Die Sorgen um die Zukunft der 27.000 Beschäftigten sind greifbar, besonders in Duisburg, wo rund 13.000 Menschen arbeiten.
Die Rücktritte stellen also einen größeren Kontext dar, in dem bestehende Probleme nicht gelöst werden, das Unternehmen jedoch weiterhin unter Erwachsenen führen muss. Der Aufsichtsrat hatte ursprünglich geplant, die zukünftige finanzielle Strategie für die nächsten zwei Jahre festzulegen, doch dieser Plan wurde durch die Rücktritte erheblich gefährdet.
Auch die IG Metall hat auf die Situation reagiert. Der Zweite Vorsitzende Jürgen Kerner äußerte sich besorgt über die Entwicklungen und bezeichnete den Rücktritt als Rückschritt. Seiner Meinung nach lenken solche Personalentscheidungen von den tatsächlichen Kernproblemen ab. Kritische Stimmen aus der Politik, insbesondere von der SPD-Landesvorsitzenden NRW, Sarah Philipp, teilen diese Ansicht und betonen, dass López mit diesen Entscheidungen nichts löst, sondern das Misstrauen gegen sich selbst verstärkt hat.
Die Zukunft der Stahlsparte
Gabriel hatte noch in der ersten Augusthälfte den Aufsichtsrat bei der Verabschiedung von Maßnahmen begleitet, die eine Neuaufstellung der Stahlsparte zum Ziel hatten. Diese Maßnahmen sahen unter anderem den geplanten Verkauf der Hüttenwerke Krupp Mannesmann vor. Doch nach nur kurzer Zeit zerbrach die Einigkeit, was zu einem Aufeinandertreffen der Unternehmensleitung und den Aufsichtsräten führte, das von Spannungen geprägt war.
Eigentlich war die Absicht vorhanden, eine schlüssige Finanzierung für die kommenden Jahre auf die Beine zu stellen. Das jetzt entstandene Vakuum durch den Weggang der Versorgenden könnte über die strategische Zukunft der Thyssenkrupp-Stahlsparte entscheiden. Das Unbehagen innerhalb der Belegschaft über die potenzielle Arbeitsplatzsituation ist mehr als greifbar.
Die jüngsten Entwicklungen bei Thyssenkrupp offenbaren nicht nur interne Konflikte, sondern auch die Herausforderung, ein bedeutendes Unternehmen zu steuern, das eine Schlüsselrolle in der deutschen Industrie spielt. Mitarbeiter und Führungskräfte stehen vor einer ungewissen Zukunft, während die mit Spannung erwartete Neuausrichtung mehr Fragen als Antworten hinterlässt.