Frankenthal (Rheinland-Pfalz) – In einem durch und durch angespannten Gerichtssaal im Landgericht Frankenthal begann am Freitag ein Prozess gegen den 23-jährigen Syrer Ali K. Die Szenerie glich einem Anti-Terror-Einsatz, mit imposanten Justiz-Beamten, die den Angeklagten umringten. Zwei von ihnen blieben während der gesamten Verhandlung in seiner Nähe. Die Sicherheitsmaßnahmen waren so strikt, weil Ali K., in Ketten gelegt, als extrem gefährlich betrachtet wird.
Am ersten Verhandlungstag des Prozesses, der sich um den versuchten Mord an einem Justiz-Mitarbeiter dreht, wurden insgesamt 18 Justizmitarbeiter mobilisiert, um für Sicherheit zu sorgen. Die Anklage wirft Ali K. vor, im September 2023 versucht zu haben, aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Frankenthal zu fliehen.
„Heimtückischer und hinterhältiger“ Mordversuch
Nach den Aussagen der Staatsanwaltschaft hatte Ali K. einen Beamten mit einer etwa zehn Zentimeter langen Scherbe, die aus einem Teller stammte, „heimtückisch und hinterhältig“ angegriffen. Er verletzte den Beamten am Hals und versuchte offensichtlich, ihn zu töten. Wie durch ein Wunder endete der Angriff nicht tödlich, das Opfer erlitt jedoch eine vier Zentimeter lange und zwei Zentimeter tiefe Wunde.
Die Umstände der Tat waren besonders hinterlistig. Unter dem Vorwand einer defekten Toilette lockte er zwei JVA-Mitarbeiter in seine Zelle. Während einer der Beamten die angeblich kaputte Toilette prüfte, stürzte sich Ali K. laut Anklage auf den zweiten Beamten und stach zu. Schwer verletzt, gelang es dem Beamten nicht, Ali K. aufzuhalten, der den Hauptschlüssel stahl und über den Gefängnisflur floh.
Improvisierte Waffen und ein dramatischer Showdown
Doch die Flucht war kurzlebig. Mehrere JVA-Mitarbeiter nahmen die Verfolgung auf, während die Polizei mit zwei Streifenwagen eintraf. Ali K. bedrohte die Verfolger mit einer improvisierten Waffe, gebaut aus Teilen seines Bettgestells und einem Feuerzeug. Schließlich wurde er mit einem Taser gestoppt und überwältigt. Bei der Auseinandersetzung erlitt ein weiterer JVA-Mitarbeiter eine Ellbogen-Verletzung, die chirurgisch versorgt werden musste.
Während der Prozesseröffnung äußerte Ali K., er sei kein Terrorist und „nicht böse“. Seine Wut begründete er damit, dass man ihn nicht respektiere. Den ihm gerichtlich gestellten Verteidiger, Rechtsanwalt Sven Zill, lehnte er ab und verlangte, mit einem Anwalt aus Dänemark sowie seinem Bruder sprechen zu dürfen. Trotz dieser Forderungen setzte die Vorsitzende Richterin Mirtha Hütt den Prozess fort. „Sie hatten ein Jahr Zeit, uns einen Anwalt zu benennen. Ihnen wurde ein guter Anwalt zur Seite gestellt, der vom Staat bezahlt wird“, erwiderte sie auf die Proteste des Angeklagten.
Ali K. war zuvor wegen besonders schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden und saß bis zu seiner Fluchtaktion in der JVA Wittlich ein, wo er bereits einen Beamten postwendend mit einem Kopfstoß attackiert hatte. Derzeit ist er in der JVA Diez inhaftiert und sollte ursprünglich bis 2026 im Gefängnis bleiben.
Im aktuellen Prozess gegen Ali K. sind elf Verhandlungstage bis Dezember angesetzt. Die strikte Überwachung und die hochgefährliche Natur des Angeklagten werfen ein strahlendes Licht auf die Herausforderungen, denen die Justiz bei der Behandlung besonders gefährlicher Häftlinge gegenübersteht.