Nordrhein-WestfalenPolitik

Nach Solingen: Politische Turbulenzen um Abschiebung und Flüchtlingspolitik

Nach einer tödlichen Messerattacke in Solingen durch den geflüchteten Issa Al Hassan, die auf ein „Organisationsversagen“ der NRW-Regierung hinweist, stehen Ministerpräsident Wüst (CDU) und Flüchtlingsministerin Paul (Grüne) in der Landtagssitzung unter scharfer Opposition, während Paul betont, dass die Sicherheitspolitik im Land dringende Verbesserungen benötigt.

In der heutigen Sondersitzung des nordrhein-westfälischen Landtags steht die Flüchtlings- und Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) stark unter Druck. Angesichts der brutal tödlichen Messerattacke eines syrischen Flüchtlings in Solingen rücken sowohl sie als auch Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ins Visier der Opposition. Die Entscheidung, den mutmaßlichen Attentäter Issa Al Hassan nicht abzuschieben, wird scharf kritisiert. Die Tatsache, dass Al Hassan nicht rechtzeitig abgeschoben wurde, ist ein zentraler Punkt der Auseinandersetzung.

Die Ministerin spricht von „Lücken“ in der sicherheitspolitischen Architektur, jedoch nicht von „Fehlern“. In ihrer Rede wird deutlich, dass sie sich der ernsten Lage sehr bewusst ist, auch wenn sie es vermeidet, direkte Vorwürfe zu erheben. Diese „Lücken“ hätten auf schmerzliche Weise gezeigt, dass dringende Reformen im System der Flüchtlingsregistrierung und -unterbringung nötig sind. Die Sondersitzung wurde speziell anberaumt, nachdem der tödliche Vorfall öffentliche Aufmerksamkeit erregt hatte.

Hintergrund der Abweisung

Al Hassan hätte bereits im Juni 2023 nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, nachdem das Land grünes Licht gegeben hatte und ein Platz im Flugzeug bereitstand. Tragischerweise wendete sich das Schicksal als die Zentrale Ausländerbehörde in Bielefeld ihn nachts nicht in seiner Unterkunft antraf. Sein Nachweis war offensichtlich bestanden, aber der Versuch seiner Abschiebung scheiterte. Der Ablauf der Frist für die Rückschiebung führte schließlich dazu, dass Al Hassan am 28. August 2023 nach Solingen zugewiesen wurde, wodurch die Möglichkeit zur Abschiebung entglitt.

Die Dramatik des Vorfalls wurde nicht nur durch den schrecklichen Angriff unterstrichen, sondern auch durch die Vielzahl an Asylbewerbern in NRW, die sich in einer ähnlichen Prekarität befinden. Viele von ihnen sind ausreisepflichtig, da sie keine Aufenthaltsberechtigung haben. Die Zahl von rund 60.000 Menschen, die in dieser Situation sind, zeigt, wie drängend das Problem ist. Die derzeitige Situation verlangt ein schnelles Handeln der Behörden – ein Umstand, den Paul jetzt anerkennt: „Wir werden alle Steine umdrehen“, verspricht sie.

Kritik der Opposition

Die Opposition, vertreten durch SPD und FDP, präsentiert scharfe Vorwürfe und nennt den Vorfall ein „Organisationsversagen“. SPD-Fraktionschef Jochen Ott verleugnete die Versäumnisse, die sich möglicherweise versteckt haben – insbesondere in der praktischen Umsetzung von Abschiebemanagementmaßnahmen. Die Frage, warum der „bestehende Werkzeugkasten nicht genutzt wurde“, bleibt unbeantwortet und zeigt die Mängel im System auf.

Die Szenen während der Sitzung sind nur durch die Ernsthaftigkeit der Lage zu erklären. Während Paul Zeit benötigt, um darauf zu reagieren, sind die Ministerpräsidenten Wüst und seine Stellvertreterin schnell vor Ort, um das beschädigte Vertrauen zurückzugewinnen. Umso mehr sticht ihre fehlende Anwesenheit ins Auge, die der Opposition zusätzliches Futter gibt, um Regierung und Ministerin in die Defensive zu drängen. Das Wort „Versäumnis“ erfährt von Wüst eine ganz andere Gewichtung, als er sich in seinen Äußerungen mehrere Male darauf bezieht.

Er spricht von notwendiger „maximaler Transparenz“ und räumt „mögliche Fehler“ ein, betont jedoch auch den Willen zur Verbesserung und die Bedeutung eines Untersuchungsausschusses, der eingerichtet werden soll, um die Vorfälle aufzudecken. Diese Maßnahmen werden als notwendige Schritte präsentiert, damit solch ein tragischer Vorfall nicht erneut stattfindet. Wüst ist sich sicher: „Es gibt eine Zeit vor Solingen, und es gibt eine Zeit nach Solingen.“ Diese Botschaft will er an die Öffentlichkeit senden, um den beiden Ministerinnen in der Debatte Rückendeckung zu geben.

Die Auseinandersetzung ist noch lange nicht vorbei. Es bleibt abzuwarten, wie die zuständigen Behörden und die Landesregierung auf die drängenden Herausforderungen reagieren werden, um aus dieser überaus tragischen Situation etwas Positives in die Zukunft zu tragen. Das Augenmerk liegt jetzt darauf, ob die Aussagen und bekannten Probleme tatsächlich in effektive Maßnahmen zur Verbesserung umgesetzt werden.

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