Die Gleichklang-Studie hat aufzeigen können, dass die Entwicklung der sexuellen Orientierung komplexer ist, als viele bisher dachten. Forscher haben herausgefunden, dass sich sexuelle Orientierungen nicht einfach in eine der bekannten Kategorien wie heterosexuell, homosexuell oder bisexuell einordnen lassen. Stattdessen identifizierten sie drei vielschichtige Cluster: prototypische Heterosexualität, nonkonforme Heterosexualität und ein queeres Spektrum. Dabei wurde das Thema durch eine Umfrage unter 1207 Mitgliedern der psychologischen Dating-Plattform Gleichklang.de untersucht, um Unterschiede in Beziehungserfahrungen, Persönlichkeitsmerkmalen und politischen Einstellungen herauszuarbeiten.
Die Studie, geleitet von dem Psychologen und Dating-Coach Guido F. Gebauer, umfasste eine diverse Gruppe von Teilnehmern, darunter 579 Frauen, 602 Männer und 26 nicht-binäre Personen im Alter von 19 bis 84 Jahren. Die Ergebnisse zeigen, dass die Menschen innerhalb dieser Cluster signifikante Unterschiede aufweisen, die sich sowohl in ihrer Beziehungsgestaltung als auch in ihrer Persönlichkeit und ihren politischen Ansichten widerspiegeln.
Die Cluster im Detail
Innerhalb der drei identifizierten Cluster ergeben sich folgende Charakteristiken:
- Prototypische Heterosexuelle (53,2 %): Sie identifizieren sich klar als heterosexuell und weisen kaum Offenheit für andere Orientierungen auf.
- Nonkonforme Heterosexuelle (14,7 %): Diese Gruppe sieht sich ebenfalls als heterosexuell, zeigt jedoch mehr Flexibilität und häufige Interessen, die über die klassische Heterosexualität hinausgehen.
- Queeres Spektrum (32,3 %): Mitglieder dieser Gruppe bejahen häufig mehrere sexuelle Orientierungen, darunter Homosexualität, Bisexualität und Pansexualität.
Die unterschiedlichen Gruppen zeigen auch deutliche Unterschiede in ihrer Geschlechterverteilung. Bei den prototypischen Heterosexuellen sind Männer deutlich dominanter vertreten, während Frauen in den anderen zwei Clustern überrepräsentiert sind, vor allem im queeren Spektrum, wo auch der Anteil nicht-binärer Personen am höchsten ist.
Bezüglich der Beziehungserfahrungen unterscheiden sich die Cluster ebenfalls. Prototypische Heterosexuelle berichten häufig von traditionellen Familiengründungen, während queere Personen häufiger nicht-monogame Beziehungsformen ausleben und ein Interesse an BDSM zeigen. Die nonkonformen Heterosexuellen betonen Relationen, in denen der sexuelle Aspekt weniger zentral ist.
Persönlichkeitsmerkmale und politische Einstellungen
Die Studie beleuchtet auch, wie sich die Persönlichkeitsmerkmale der verschiedenen Gruppen unterscheiden. So zeigen prototypische Heterosexuelle eine höhere Gewissenhaftigkeit, während Mitglieder des queeren Spektrums bemerkenswerte Offenheit für neue Erfahrungen aufweisen. Dies zeigt sich auch in politischen Einstellungen, wo die prototypischen Heterosexuellen im Durchschnitt einen hohen Konservatismus vertreten, während die queere Gruppe tendenziell unkonventioneller denkt.
Unter den Teilnehmern lässt sich ein Trend beobachten: Je offener die sexuelle Orientierung, desto größer die Offenheit für komplexe Beziehungen und neue Erfahrungen. Diese Ergebnisse unterstreichen die Wichtigkeit der Differenzierung, wenn es um sexuelle Identitäten geht. Gebauer stützt diese Erkenntnisse mit der Feststellung, dass viele traditionelle Definitionen von Sexualität, besonders im Kontext von nicht-binären Geschlechtern, überarbeitet werden müssen.
Insgesamt zeigt die Gleichklang-Studie, dass die sexuelle Orientierung im heutigen Verständnis einen breiten Raum einnimmt und dass sich viele Menschen jenseits der klassischen Kategorien bewegen. Die Erläuterungen der Gruppe der nonkonformen Heterosexuellen, die oftmals nicht einfach in das traditionelle heterosexuelle Schema passen, verdeutlichen diesen Trend, indem sie zeigen, dass es wichtig ist, individuelle Erfahrungen und Nuancen besser zu verstehen.