In Kiel schließt ein Kapitel der Reiseplanung, das viele Jahre Geschichte hat. Das Hapag-Lloyd Reisebüro in den Räumlichkeiten der Kieler Nachrichten (KN) am Fleethörn verlässt seine Pforten und stellt den Betrieb am 30. September ein. Diese Entscheidung führt dazu, dass die Angebote der Stadt um ein Reisebüro weniger schrumpfen und die Kunden sich künftig an die verbliebenen vier Tui-Reisebüros wenden müssen. Auch die vier Hapag-Lloyd-Mitarbeiter, die seit vielen Jahren im Dienst sind, werden zur Tui-Gruppe wechseln.
Die Veränderungen im Reisebüro-Sektor sind nicht zu ignorieren, beispielsweise bedingt durch den digitalen Wandel. Die Tradition, die oft mit einem Besuch im Reisebüro verbunden war, wird zunehmend durch Online-Buchungen abgelöst. So lässt sich die Frage aufwerfen, ob das digitale Zeitalter verantwortlich für die Schließung ist. Doch das Reisebüro selbst sieht das anders.
Kunden schätzen persönliche Unterstützung
Jana Knust, die Büroleiterin, ist überzeugt, dass trotz der veränderten Umstände weiterhin Bedarf an persönlicher Beratung besteht. „Wir erleben häufig, dass unsere Kunden den direkten Kontakt und unsere Expertise schätzen“, führt sie aus. Komplexe Reisen, unvorhergesehene Ereignisse wie Flugausfälle oder Naturkatastrophen, sind Situationen, in denen persönliche Ansprechpartner unschätzbare Vorteile bieten.
Die lange Geschichte der Dienstleistung in diesem Büro zeigt sich auch in den engagierten Rückmeldungen der Stammkunden. Viele von ihnen haben die „KN-Leserreisen“ seit der Gründung in den 50er-Jahren verfolgt. Aktuell erfreuen sich vor allem die Oslo-Reisen in Verbindung mit einem Opernbesuch großer Beliebtheit. Jan Mertens, der für diese Reisen verantwortlich ist, hebt hervor, dass kleinere Gruppen und kompetente Begleitung entscheidende Vorteile bieten.
Der Rückgang ist vor allem auf den mangelhaften Fachkräftemangel zurückzuführen. „Es wird immer schwieriger, qualifiziertes Personal zu finden“, erklärt Knust. Diese Herausforderung zwingt die Hapag-Lloyd-Reisebüros dazu, sich auf freiere und stärkere Strukturen mit den Tui-Reisebüros zu verwandeln, wo die Mitarbeiter weiterhin zur Verfügung stehen werden und die Reiseperücken für ihre treuen Kunden bieten können.
Beliebte Reiseangebote
Der Boom von Kreuzfahrten und Hochzeitsreisen hat die Nachfrage bei Hapag-Lloyd zuletzt wieder angekurbelt. Andrea Binder, eine der erfahrenen Reisekauffrauen, berichtet, dass von günstigen Hotelaufenthalten bis hin zu spektakulären Weltreisen durch Jachte auf den Ozeanen ein großes Spektrum geboten wird. Der Trend zu Flitterwochen in exotischen Destinationen und Rundum-Angeboten zeigt, dass viele Kunden die persönliche Beratung und individuelle Gestaltung ihrer Reisen schätzen.
„Wir haben oft junge Paare, die nach einem perfekten Hochzeitsurlaub auf Bali suchen“, berichtet Laura Wenzelburger und verdeutlicht damit, dass die Vision von einem klassischen Reisebüro noch lange nicht veraltet ist, sondern einfach eine andere Form annehmen muss.
Das Schicksal des Reisebüros am Fleethörn wird den Raum nicht leer lassen. Der Vertriebs- und Marketingleiter der Kieler Nachrichten, Markus Gries, berichtet, dass der Fokus nun auf der Weiterentwicklung der Immobiliennutzung im Verlag liegt. „Aktuell prüfen wir die Optionen für eine neue Nutzung der Räumlichkeiten“, sagt Gries, ohne jedoch bereits konkrete Pläne bekannt zu geben.