Die Welt des Online-Datings hat sich rasant entwickelt und beeinflusst das Leben von Millionen. Immer mehr Menschen, insbesondere junge Erwachsene, sind mit der Problematik konfrontiert, die Auswahl an potenziellen Partnern als überwältigend und oft frustrierend zu empfinden. Diese Form der Partnersuche kann nicht nur zu Stress und Unsicherheit führen, sondern auch zu einem Phänomen, das als Dating-Burnout bekannt ist.
Laut einer Umfrage des IT-Branchenverbands Bitkom aus dem Jahr 2022 haben bereits 20 Millionen Deutsche Dating-Apps wie Tinder, Parship und Bumble ausprobiert. Ein beachtlicher Teil, rund 60 Prozent, berichtet von festen Beziehungen, die sie über diese Plattformen gefunden haben. Doch die Kehrseite dieser Medaille zeigt sich besonders bei jungen Erwachsenen, wie eine aktuelle Untersuchung aus Indien aufdeckte.
Herausforderungen der modernen Partnersuche
Die Studie, die bei einer Konferenz in Prag vorgestellt wurde, legt nahe, dass viele junge Leute im Alter von 18 bis 30 Jahren von der Flut an Möglichkeiten überwältigt sind. Besonders Frauen äußern oft Verwirrung und Unsicherheit, wenn es darum geht, mögliche Partner auszuwählen. Diese Schwierigkeiten werden häufig durch bearbeitete Fotos und unrealistische Standards verstärkt, die in sozialen Medien propagiert werden. Junge Menschen sind ständig mit perfekten Bildern konfrontiert, was ihre Erwartungen an das Dating-Leben enorm anhebt.
Die Informationsüberflutung und die Vielzahl an Optionen führen zu einem Gefühl von Frustration und enormem Druck. Die Vielzahl der Angebote kann in den meisten Fällen dazu führen, dass Personen nicht nur überfordert sind, sondern auch emotionale Erschöpfung riskieren.
Die Auswirkungen des Dating-Burnouts
Wera Aretz, Paartherapeutin und Psychologin an der Hochschule Fresenius, beschreibt, dass ein Dating-Burnout ein reales Problem darstellt, das möglicherweise viele Nutzer von Dating-Apps betrifft. Symptome wie emotionale Erschöpfung und Zynismus können resultieren, was nicht nur die App-Nutzung beeinflusst, sondern auch das gesamte Wohlbefinden der Betroffenen beeinträchtigen kann.
Die monotone Routine des ständigen Wischens über den Bildschirm, das Schreiben der gleichen Nachrichten und das Gefühl, am Ende keinen echten Fortschritt zu machen, sind häufige Ursachen. Das Phänomen des Ghosting – wenn ein Kontakt ohne Erklärung einfach verstummt – trägt weiter zur emotionalen Erschöpfung bei. Aretz warnt, dass besonders Menschen mit geringem Selbstwertgefühl oder Bindungsängsten anfällig für diesen Burnout sein können.
Neben psychischen Belastungen zeigen Experten, dass es eine Tendenz gibt, sich online in einem übermäßig positiven Licht darzustellen. Menschen schummeln häufig in Bezug auf ihr Aussehen, ihr Alter oder ihren Bildungsstand, was die Wahrscheinlichkeit einer Enttäuschung bei einem echten Treffen erhöht. Johanna Degen, Sozialpsychologin in Flensburg, kritisiert diese verzerrte Realität und betont, wie ungleich und ungerecht der Online-Dating-Markt ist, insbesondere für Menschen mit Behinderungen.
Im Gegensatz dazu bietet Online-Dating auch faszinierende Möglichkeiten. Die Vielfalt der potenziellen Partner ist größer denn je, und durch die Technologie können Menschen aus unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und geografischen Regionen zueinander finden. Aretz hebt hervor, dass Plattformen es ermöglichen, mit Menschen in Kontakt zu treten, die man im Alltag möglicherweise nie treffen würde.
Zusätzlich zeigt die Umfrage von Bitkom, dass nur ein kleiner Prozentsatz der Nutzer tatsächlich nur an One-Night-Stands interessiert ist; vielmehr streben 71 Prozent nach einer festen Beziehung. Dies zeigt, dass trotz der Herausforderungen und der psychologischen Auswirkungen auch der Wunsch nach ernsthaften Bindungen stark ausgeprägt ist.
Für Menschen auf Partnersuche ist es essentiell, authentisch zu bleiben und sich nicht durch den Druck der Plattformen beeinflussen zu lassen. Paartherapeuten empfehlen, ehrlich zu sein und auch weniger optimale Aspekte der eigenen Persönlichkeit zu zeigen, um die richtigen Partner anzu ziehen. Denn letztlich gilt: Wer nur die glänzenden Seiten präsentiert, könnte die Chance auf echte Verbindungen verpassen.