Im Nordwesten Mecklenburgs steht das neue Schuljahr vor der Tür, und mit ihm eine Vielzahl an Herausforderungen und Chancen. Mit 18.000 Schülern, darunter 1.500 Erstklässlern, die in 60 Schulen unterrichtet werden, ist der Anstieg um 200 Schüler im Vergleich zum Vorjahr deutlich spürbar. Doch dieser Anstieg bringt nicht nur mehr Schülerinnen und Schüler, sondern auch tiefgreifende Probleme an die Oberfläche, vor allem den Durst nach Lehrern und die so populären Gymnasien, die vor allem Eltern und Kinder anziehen.
Landrat Tino Schomann (CDU) warnt eindringlich vor den teils besorgniserregenden Entwicklungen im Bildungssystem. „Immer weniger Schüler finden ihren Platz an den Regionalschulen, während die Gymnasien überfüllt sind.“ Schomann sorgt sich um die Konsequenzen und fordert die Eltern auf, ihre Entscheidungen wohlüberlegt zu treffen. „Nicht jedes Kind muss auf ein Gymnasium. Wir brauchen ein ausgewogenes Verhältnis von akademisch orientierten und beruflich orientierten Jugendlichen“, betont er.
Veränderungen im Bildungssystem
Ein Grund für den Trend zu Gymnasien könnte die bevorstehende Auflösung der Förderschulen in Mecklenburg-Vorpommern sein, die eine neue gemeinsame Beschulung mit Regionalschülern plant. Schomann sieht dies als einen falschen Schritt, der den Druck auf Eltern erhöhen wird, ihre Kinder auf Gymnasien zu schicken. Die Zahlen der vergangenen Jahre zeigen, dass die Anzahl der Gymnasiasten in der Region stetig steigt: vom Schuljahr 2019/2020 mit 3.350 Schülern auf über 3.500 Schüler in der aktuellen Saison. Unser Landkreis bewegt sich in Richtung einer 3.600-Marke.
Die Situation könnte aber auch die Qualität des Unterrichts gefährden. Denn während die Schülerzahlen wachsen, sieht sich die Lehrerschaft in einer prekären Lage. „Wir haben Engpässe bei Lehrkräften“, stellt Schomann fest. „Das führt dazu, dass wir nicht die Unterrichtsqualität gewährleisten können, die wir uns wünschen.“ Ein sofortiger Verbesserungsbedarf drängt sich auf, wohingegen die genaue Anzahl der fehlenden Lehrer unbekannt bleibt.
Massive Investitionen für die Schulen
Trotz dieser Herausforderungen gibt es auch positive Entwicklungen. Der Landkreis plant, in den nächsten fünf Jahren 88 Millionen Euro in die Digitalisierung, Gebäude und Ausstattung der Schulen zu investieren. Diese Summe stellt eine Rekordinvestition dar, die kein anderer Landkreis in Mecklenburg-Vorpommern bisher erzielt hat. „Der Neubau des Berufsschulzentrums Nod in Wismar allein wird 50 Millionen Euro kosten“, erklärt Andreas Treumann, der Fachdienstleiter Kreisinfrastruktur. Auch andere Schulen in Gadebusch und Grevesmühlen stehen vor anstehenden Investitionen, um die bauliche Substanz zu erhalten und an aktuelle Standards anzupassen.
Die Schule und ihre Entwicklung in Nordwestmecklenburg stehen also vor einem Wendepunkt. Während die Nachfrage nach Gymnasien steigt, bleibt die Frage im Raum, wie die Qualität des Unterrichts aufrechterhalten werden kann, insbesondere in Zeiten stagnierender Lehrkräfte. Schomanns Aufruf an die Eltern, die Bildungswege ihrer Kinder mit Bedacht zu wählen, könnte der erste Schritt in die Richtung einer ausgewogeneren und letztlich qualitativ besseren Bildung sein.