Im Kunstmuseum Magdeburg wird die eindringliche und sozialkritische Kunst des Fotografen und Multimediakünstlers Sergiy Bratkov aus der Stadt Charkiw präsentiert. Diese Ausstellung reflektiert nicht nur seine persönliche künstlerische Entwicklung, sondern auch die aktuellen politischen Geschehnisse und deren Auswirkungen auf das individuelle Leben in der Ukraine.
Inmitten des Krieges und der Zerstörung hat Sergiy Bratkov, geboren 1960 in Charkiw, seine früheren Kunstansätze überdacht. War er zuvor bekannt für seine kritischen und häufig provokanten Darstellungen des postsowjetischen Alltags, so geht es ihm heute um die persönliche und kollektive Realität der Menschen, die unter den aktuellen Konflikten leiden. Seine Werke sind eine künstlerische Reaktion auf das im Februar 2022 von Russland gegen die Ukraine begonnene Aggressionsverhältnis.
Besonders auffällig in der Ausstellung ist das Schwarz-Weiß-Foto eines alten Mannes auf einem Bett, das mit seiner abstrakten Wandgestaltung harmoniert. Dieses Bild, das Bratkov seinem Vater gewidmet hat, fängt die Zerbrechlichkeit des Lebens, aber auch eine Art Würde ein, die trotz der desolaten Umstände erkennbar bleibt. Es zeigt den Vater in einem vernachlässigten Zustand, jedoch von einer respektvollen und scheinbar friedlichen Präsenz umgeben.
Ein Blick auf die Ausstellung
Die Ausstellung trägt den Titel „Sergiy Bratkov. My Brother’s Cats“ und ist bis zum 6. Oktober 2023 im Kunstmuseum Magdeburg zu sehen. Hier werden verschiedene Aspekte von Bratkovs Schaffenswerk präsentiert, das sich über viele Jahre entwickelt hat und auch in der Vergangenheit große Institutionen angezogen hat, wie das Fotomuseum Winterthur und die Hamburger Deichtorhallen.
Bratkovs Werke beschäftigen sich nicht nur mit persönlichen Themen, sondern zeigen auch eine Verbindung zu seiner Heimatstadt Charkiw, die besonders unter den aktuellen Kriegsunruhen leidet. In drastischen Übermalungen von Zeitungsartikeln wird die Zerstörung seiner Umwelt sichtbar, während gleichzeitig eine in ständigem Wandel begriffene künstlerische Identität deutlich wird. Diese Übermalungen sind gespickt mit fragmentarischen Bildausschnitten, die an den Verlust und die Zerstörung der Stadt erinnern.
Ein herausragendes Element seiner Ausstellung ist ein Leuchtkasten, der die architektonische Ikone Charkiws, den Derschprom-Hochhauskomplex, visualisiert. Diese Stahlbetonstruktur gilt als Symbol des Widerstands der Stadt gegen die gegenwärtige Gewaltherrschaft. Bratkov kontrastiert sie mit seinen neuen Malereien, die die düstere Realität und den Schmerz widerspiegeln, den der Krieg hinterlassen hat. Mit Schlagworten wie „втрати ворога“ (Gegnerische Verluste) beschwört er die tragischen Umstände, unter denen ehemalige Freunde nun als Feinde betrachtet werden.
Seine Arbeiten zeigen einen Wandel hin zu einem künstlerischen Ausdruck, der nicht nur das individuelle Leben, sondern auch das kollektive Trauma einer Nation einfängt. Bratkovs Ansatz lässt Raum für eine tiefere Reflexion über die Identität und die Herausforderungen, die der Krieg mit sich bringt. Dies zeigt sich in seinem sensiblen Zugang zur Fotografie und den malerischen Ansätzen, die er wählt, um seine Botschaften zu übermitteln.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Ausstellung von Sergiy Bratkov im Kunstmuseum Magdeburg eine eindrucksvolle Hommage an die Widerstandsfähigkeit und Kreativität eines Künstlers darstellt, der trotz widriger Umstände einen Weg findet, sein künstlerisches Erbe und die Realität seines Lebens zu dokumentieren.