Die politische Landschaft in Thüringen hat sich nach den jüngsten Wahlen erheblich verändert, und die CDU steht nun im Mittelpunkt intensiver Diskussionen. Diese Entwicklungen werfen Fragen auf, wie effektiv die Partei unter dem Druck der AfD agiert hat und welche Schlüssen sie aus den Wahlergebnissen ziehen sollte.
Die Bundestagswahl hat der AfD in Thüringen den Status der stärksten politischen Kraft eingebracht, was von vielen Umfragen vorhergesagt wurde. Doch trotz dieser Prognosen war die AfD nicht zu stoppen. Auf eine entscheidende Frage reagierte Bodo Ramelow, der bisherige Ministerpräsident der Linken, mit der Behauptung, die CDU habe zur „Normalisierung“ der AfD beigetragen. Diese Aussage zeigt, wie tief die Sorgen über die Entwicklung im Freistaat greifen. André Brodocz, Politikwissenschaftler an der Universität Erfurt, sieht die Notwendigkeit einer umfassenden Selbstreflexion innerhalb der CDU.
Wahl- und Regierungskrise in Thüringen
Bereits nach der Wahl 2019 war es der CDU nicht gelungen, stabile Mehrheiten für eine Regierungsbildung zu erzielen. Dies führte zu einem chaotischen politischen Zustand, insbesondere als der FDP-Politiker Thomas Kemmerich kurzzeitig zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Die fehlenden Lösungen, wie etwa der gescheiterte Stabilitätsmechanismus, lassen die CDU, so Brodocz, als politische Mitverursacherin dieser Misere erscheinen. Er erklärt, dass die Opposition, insbesondere die AfD, geschickt die Unzufriedenheit unter den Wählern in eigene Vorteile ummünzte.
Brodocz betont, dass die CDU während der letzten Legislaturperiode eine passive Rolle gespielt habe. Zunächst habe sie die Regierung Ramelows stillschweigend toleriert, was später in einem Stimmenmuster mündete, das Fragen aufwarf. Mehr noch, die CDU hat offenbar zugelassen, dass die AfD an zwei Gesetzen, die gegen die Regierung gerichtet waren, mitwirkte. Diese Handlungsweise könnte der CDU letztlich erheblich schaden, insbesondere weil man aus der Schwäche der Regierungsparteien vergleichsweise wenig Kapital geschlagen hat.
Die Auswirkung der AfD auf die CDU
Die neuesten Wahlergebnisse zwingen die CDU nun möglicherweise zur Zusammenarbeit mit der AfD, um in einer neuen Landesregierung handlungsfähig zu bleiben. Ohne die rechtsextreme Thüringer Fraktion wird es schwierig sein, Verfassungsrichterposten zu besetzen, was die AfD in eine noch stärkere Position bringt. Brodocz warnte davor, dass die AfD, auch wenn sie nicht direkt in die Regierungsbildung einbezogen wird, mehr Einfluss auf politische Entscheidungen erhalten könnte.
Die CDU steht jedoch nicht nur in Thüringen vor Herausforderungen. Friedrich Merz, der Bundesvorsitzende, muss nach den bevorstehenden Landtagswahlen auch auf Ebene der Bundespolitik eine Kurskorrektur vornehmen. Jürgen Falter, Politologe, macht darauf aufmerksam, dass Merz sich in den letzten Wochen in Bezug auf wichtige außenpolitische Themen, wie den Ukraine-Krieg, zurückgehalten hat. Dieses Schweigen könnte auf Dauer nicht haltbar sein, insbesondere angesichts der bevorstehenden Wahlen in Brandenburg.
Falter warnt, dass Merz, um bei der nächsten Bundestagswahl eine Stimme zu haben, gezwungen sein wird, einen klaren Kurs für die CDU zu definieren. Die Politik der CDU im Osten wird daher entscheidend sein für die Reaktionen und das langfristige Image der Partei bei den Wählern.