Ein mysteriöses Online-Portal sorgte kürzlich für Schlagzeilen, als es eine unbegründete Behauptung aufstellte, Kamala Harris, die demokratische Präsidentschaftskandidatin, sei in einen mutmaßlichen Fahrerflucht-Unfall verwickelt gewesen. Der angebliche Vorfall, bei dem ein 13-jähriges Mädchen gelähmt wurde, soll sich 2011 in San Francisco ereignet haben. Diese Geschichte wurde am 2. September auf einer Website veröffentlicht, die sich selbst als KBSF-San Francisco News bezeichnet.
Die Geschichte verbreitete sich schnell in sozialen Netzwerken, vor allem in Kreisen rechter Nutzer, und wurde millionenfach angesehen. BBC Verify stellte zahlreiche falsche Details fest, die die Geschichte als Fälschung entlarven, und die betreffende Website wurde inzwischen offline genommen.
Unbegründete Anschuldigungen
Der Online-Artikel, begleitet von einem fünfminütigen Video, enthält ein Interview mit einer Frau, die als die 26-jährige Alicia Brown identifiziert wird und angeblich gelähmt ist. Ihre Identität oder ihr Zustand konnten jedoch nicht bestätigt werden, da sie im Video nur sitzend und von der Taille aufwärts gefilmt wird. Zudem wird sie im Artikel sowohl als Alisha als auch als Alicia bezeichnet, ohne nähere Erklärung.
In dem Video behauptet die Frau, sie sei im Juni 2011 in San Francisco beim Überqueren der Straße mit ihrer Mutter von einem Auto angefahren worden. Sie behauptet ferner, Kamala Harris habe das Fahrzeug gelenkt, wobei auch hier keinerlei Beweise vorgelegt werden. Der Erzähler des Videos erklärt weiter, die Frau habe 11 Operationen durchgemacht, und es werden zwei Röntgenbilder gezeigt. Eine Bestätigung des Unfalls oder der Beteiligung von Ms. Harris bleibt aus.
Wie kam es zur Aufdeckung?
BBC Verify überprüfte die Registrierungsdetails der Website und stellte fest, dass die Domain erst vor wenigen Wochen, am 20. August 2024, eingerichtet wurde. Außerdem gibt es kein öffentliches Verzeichnis über ein News-Outlet namens KBSF in San Francisco. Das Hauptbild der Geschichte zeigt eine Nahaufnahme einer zersplitterten Windschutzscheibe mit einem Polizeibeamten und mehreren Feuerwehrleuten daneben. Mithilfe einer Rückwärtssuche stellte sich heraus, dass das Bild ursprünglich 2018 in einem Nachrichtenbericht über einen Unfall in Mangilao, Guam, veröffentlicht wurde.
Weiterhin wurden die im Video gezeigten Röntgenbilder mithilfe einer Rückwärtssuche untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass diese Bilder aus medizinischen Forschungsartikeln aus den Jahren 2010 und 2017 stammen. Das erste Röntgenbild gehört einem 58-jährigen Patienten in einem Krankenhaus in China, das zweite einer 12-jährigen Patientin im Radboud University Medical Center in den Niederlanden.
Expertise und Analysen
Professor Hany Farid, Experte für digital manipulierte Bilder, analysierte das Video und fand keinerlei Hinweise auf digitale Manipulation oder den Einsatz von KI. Er erklärt: „Ich denke, es handelt sich höchstwahrscheinlich um eine altmodische (und nicht besonders gut ausgeführte) billige Fälschung, die einfach inszeniert wurde.“ Im Gegensatz zu „Deepfakes“, die oft mit KI-Tools erstellt oder bearbeitet werden, kann eine „billige Fälschung“ mit einfacherer und zugänglicherer Software erstellt werden.
Die Untersuchung von BBC Verify ergab zudem, dass keine Presseberichte aus dem Jahr 2011 über einen solchen Unfall in San Francisco existieren, in den Ms. Harris – damals Attorney General von Kalifornien – verwickelt gewesen sein könnte.
Dieser Vorfall hat frappierende Ähnlichkeiten mit einem Netzwerk gefälschter Nachrichten-Websites, die sich als lokale US-Nachrichtenseiten ausgeben. John Mark Dougan, ein ehemaliger Polizist aus Florida, der nach Moskau zog, ist eine der Schlüsselfiguren hinter diesem Netzwerk. Angesprochen auf die Fahrerflucht-Geschichte, bestritt Mr. Dougan jegliche Beteiligung und sagte: „Gestehe ich jemals etwas ein? Natürlich ist das nicht meine.“
Die Websites mischen echte Nachrichtenartikel mit völlig erfundenen Geschichten, die oft falsche Informationen über die Ukraine oder auf US-Publikum abzielen, bevor sie wieder offline gehen. Bekannte Falschmeldungen betreffen u.a. angebliche Käufe teurer Immobilien durch ukrainische Politiker oder geheimdienstliche Abhöraktionen bei Donald Trump.