München

Vom Pizzaesser zum Terroristen: Die radikalisierte Jugend von Neumarkt

Der 18-jährige Emrah Ibrahimovic, ein schüchterner Jugendlicher aus Neumarkt am Wallersee, wurde posthum als Terrorist identifiziert, der in München ein Attentat plante und sich offenbar im Internet radikalisiert hatte, während er zu Hause im Kinderzimmer Computerspiele spielte und das Schießen übte.

Die in Salzburg lebende Familie Ibrahimovic wurde in den letzten Tagen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, nachdem ihr Sohn Emrah (18) als terroristischer Attentäter in München identifiziert wurde. Emrah führte eine blutige Jagd auf unschuldige Menschen, während er selbst in einem liebevoll gestalteten Zuhause lebte, das auch ein Kinderzimmer beinhaltete. Auf dem Boden dieser offensichtlichen Gegensätze lässt sich die Fragestellung erahnen, wie junge Menschen in den Bann des Extremismus geraten können.

Der ruhige Vorort Neumarkt am Wallersee hat eine geschlossene Gemeinschaft, in der Nachbarn einander kaum kennen. Dennoch gibt es Stimmen, die betonen, dass Emrah als schüchtern und freundlich wahrgenommen wurde. Nach dem Schulbesuch wählte der junge Mann Pizza Margherita als seine Lieblingsspeise und war ein regelmäßiger Gast in einem Lokal in der Nähe seiner Schule. Für die Menschen, die ihn kannten, kam dessen brutale Wende überraschend.

Ein Leben zwischen Normalität und Extremismus

Behörden und Nachbarn berichten, dass Emrah vor seinem schockierenden Handeln ein gewöhnliches Leben führte. Bis vor einem Jahr besuchte er eine technische Bundeslehr- und Versuchsanstalt in Salzburg und plante, eine Ausbildung zu beginnen. Diese Zukunftsträume kontrastieren stark mit den späteren Gewalttaten, die im Internet für ihn Realität wurden. Nach Informationen der österreichischen Polizei radikalisierte sich Emrah durch Einflussnahme aus digitalen Quellen und verfolgte extremistische Ideologien.

Berichten zufolge war der Jugendliche ein überdurchschnittlich intelligenter Schüler, der während der Isolation durch die Pandemie immer mehr in die Rolle eines Einzelgängers schlüpfte. Dieser Rückzug führte nicht nur zu einer Abwärtsspirale in seiner sozialen Entwicklung, sondern auch zu einem Erstarken seines Interesses an gewalttätigen Computerspielen, in denen er das Schießen und sogar Hinrichtungen nachstellte. Die Verbindung zu extremistischen Bewegungen war hier mehr als nur ein Spiel, wobei Schatten von Al-Nusra-Front und anderen terroristischen Gruppen über seine digitalen Aktivitäten schwebten.

Die unmittelbaren Lebensumstände von Emrah, in einem gepflegten Einfamilienhaus mit einem sorgsam gestutzten Rasen, stehen im krassen Gegensatz zu den abscheulichen Taten, die er verübte. Die Anwohner scheinen entsetzt über sein Verhalten, und überall wo man hingeht, begegnet man fassungslosem Staunen. Wie konnte aus diesem stillen, freundlichen jungen Mann ein Attentäter werden, der mit einem Gewehr durch München streifte?

Einige Indizien und Warnsignale

Vor seinem gewalttätigen Ausbruch hatte der Vater von Emrah bereits Bedenken geäußert, da er Anzeichen für psychische Auffälligkeiten seines Sohnes bemerkte. Der Rückzug und die anschließenden Anzeichen von Gewalt, etwa Drohungen gegen Mitschüler, waren Warnzeichen, die viel zu spät erkannt wurden. Diese Entwicklung wirft Fragen auf: Hätte man ableiten können, dass Emrah auf die schiefe Bahn geriet? Und was hat ihn letztlich ins Extremistische getrieben?

Am Freitagnachmittag, einem Tag, an dem in einem kleinen, kaum auffälligen Kulturverein in der Nachbarschaft Muslime zum Gebet zusammenkamen, wurde Emrah häufig gesehen, aber auch als jemand beschrieben, der im Stillen während der Gebete versank. Die Verantwortlichen des Betrachtervereins versicherten, dass sie Emrah seit über einem Jahr nicht mehr gesehen hätten, vor allem, da sie auch nicht glauben wollten, dass er in ihren Räumen Radikalismus aufgefangen hätte. Diese Auskunft, tatkräftig durch das Schweigen der Nachbarschaft unterstützt, macht die Situation nicht weniger komplex.

Der Angriff selbst, der von Emrah in München durchgeführt wurde, hat die landesweite Aufmerksamkeit auf die Frage gelenkt, wie sicher die Gemeinschaft ist. Es ist eine gestörte Balance von Naivität und Realität, derer wir uns bewusst werden müssen. Die Entstehung eines Extremisten aus einem so unauffälligen Lebensweg wirft Fragen auf, die für die gesamte Gesellschaft von Relevanz sind – darüber, wie wir Jugendlichen Schutz bieten noch bevor das Böse seinen Weg zum Handeln findet.

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