In Brasilien sorgt die Sperrung der sozialen Plattform X, früher bekannt als Twitter, für massive politische Erschütterungen. Ex-Präsident Jair Bolsonaro, der in der Vergangenheit selbst in einer autoritären Weise regierte, hat kürzlich Tausende seiner Anhänger zu einem Protest mobilisiert. Dieser fand am Unabhängigkeitstag des Landes in São Paulo statt, wo Bolsonaro den Richter Alexandre de Moraes, der für die Stilllegung der Plattform verantwortlich ist, als „Diktator“ bezeichnete.
Die Situation spitzt sich zu, seit Moraes am 30. August die Entscheidung traf, die Plattform X im Land zu schließen. Er hat der Online-Plattform vorgeworfen, nicht entschieden genug gegen Hassrede und Falschinformationen vorzugehen. Der Eigentümer von X, Elon Musk, sieht sich selbst als Verteidiger der Meinungsfreiheit und wendet sich gegen die Vorwürfe von Zensur, die er den Entscheidungen von Moraes zuschreibt. Musk hat sogar teilweise rechte parlamentarische Ansichten übernommen, was die Lage weiter kompliziert.
Hintergründe der Sperrung
Der Richter hatte die Sperrung bestimmter Konten angeordnet, die von rechtsgerichteten Aktivisten geführt werden, die in der Vergangenheit Verschwörungstheorien verbreitet haben. Musk, der die Forderung als rechtswidrig ansieht, hat die Anweisung ignoriert und auch eine auferlegte Geldstrafe nicht beglichen. Zusätzlich versäumte es Musk, einen gesetzlichen Vertreter für X in Brasilien zu benennen, was weitere Spannungen nach sich zog.
Im April wurde bereits ein Ermittlungsverfahren gegen Musk eingeleitet, da Moraes ihn der Behinderung der Justiz und der Anstiftung zu Straftaten beschuldigte. Bolsonaro hat sich in der Vergangenheit oft als Hüter der Meinungsfreiheit präsentiert und organisierte bereits mehrere Kundgebungen, um seine Ansichten und die seiner Anhänger zu verteidigen, insbesondere bei einer großen Demonstration am Copacabana-Strand in Rio de Janeiro.
Demonstration und Politik
Am Samstag, während der großangelegten Demonstration, forderte Bolsonaro ebenfalls eine Amnestie für seine Unterstützer, die nach dem Angriff auf das Regierungsviertel in Brasília am 8. Januar 2023 verurteilt wurden. Diese Anhänger hatten versucht, die Regierung zu destabilisieren und wurden für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen. Bolsonaro selbst steht ebenfalls unter Verdacht, an Plänen beteiligt gewesen zu sein, um seine Machtposition nach seiner Wahlniederlage im Oktober 2022 zu verteidigen.
Bisher ist Bolsonaro bis 2030 von der Ausübung öffentlicher Ämter ausgeschlossen, was die politische Landschaft des Landes zusätzlich belastet. Während seiner Präsidentschaft von 2019 bis 2022 verbreiteten seine Anhänger Falschinformationen und Hassreden, was zu einem der tiefsten politischen Gräben in der brasilianischen Geschichte führte. Ein mutmaßliches „Hass-Kabinett“, das deren Kampagnen organisiert hat, steht im Verdacht, gezielt gegen politische Feinde vorzugehen und Misstrauen in die Integrität des brasilianischen Wahlsystems zu streuen.
Die Demonstration zeugt nicht nur von der anhaltenden Unterstützung für Bolsonaro, sondern auch von dem zunehmenden Konflikt zwischen politischen Machtstrukturen und sozialen Medien. Viele Demonstranten zeigten Dankbarkeit gegenüber Musk, der, trotz seiner umstrittenen Ansichten, in ihren Augen für eine Freiheit einsteht, die sie in Brasilien verloren glauben.