Die Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten stehen vor der Tür, und am 5. November 2024 werden Millionen von Amerikanern ihre Stimmen abgeben. Doch es gibt eine Besonderheit, die viele Wähler möglicherweise nicht im Blick haben: Der Präsident wird nicht direkt durch die Stimmabgabe der Wähler bestimmt, sondern durch das sogenannte Electoral College.
Dieses System ist für die Wahl des Präsidenten von grundlegender Bedeutung. Anstatt die Stimme direkt einem Kandidaten zu geben, wählen die Wähler eine Gruppe von Elektoren, die den Präsidenten und den Vizepräsidenten wählen werden. Jedes Bundesland hat eine festgelegte Anzahl an Elektoren, die ungefähr der Größe der Bevölkerung entsprechen und sich aus den Abgeordneten des Kongresses zusammensetzen. Insgesamt gibt es 538 Elektoren, und um zu gewinnen, benötigt ein Kandidat mindestens 270 Stimmen.
Funktionsweise des Electoral College
Wie funktioniert nun diese Wahlorganisation? Wenn ein Kandidat in einem Bundesstaat die Mehrheit der Stimmen erhält, erhält er normalerweise alle Stimmen der Elektoren dieses Staates. Zum Beispiel: Wenn ein Politiker in Texas 50,1% der Stimmen bekommt, erhält er alle 40 Wahlmännerstimmen des Bundesstaates. Dies ermöglicht es einem Kandidaten, die Präsidentschaft zu gewinnen, auch wenn er landesweit weniger Stimmen erhalten hat, vorausgesetzt, er gewinnt in den entscheidenden Bundesstaaten.
Das bedeutet, dass die Wähler in so genannten „Swing States“ – Staaten, in denen die Wahl knapper ausgehen kann – eine besonders große Rolle spielen. Im bevorstehenden Wahlkampf sind Arizona, Georgia, Michigan, Nevada, Pennsylvania und Wisconsin die wichtigsten Schlachtfelder. Diese Bundesstaaten sind für die Kandidaten besonders wichtig, da hier die Stimmen oft zwischen den beiden großen Parteien schwanken. Die Wahlstrategien konzentrieren sich daher auf diese Gebiete, um die nötige Stimmenanzahl für den Sieg zu sichern.
Vor- und Nachteile des Systems
Es gibt sowohl Vorteile als auch Nachteile des Electoral College. Ein Vorteil ist, dass kleinere Bundesstaaten im Präsidentschaftswahlkampf mehr Einfluss haben als im Falle einer landesweiten Abstimmung. Dies wurde insbesondere von den kleineren und ländlicheren Gebieten der USA geschätzt. Ein Nachteil besteht darin, dass viele Wähler sich machtlos fühlen, wenn ihre Stimmen in einem dominierenden politischen Kontext untergehen. Oft haben die Stimmen in den Swing States ein viel höheres Gewicht, was bedeutet, dass die Stimme in einem Bundesstaat wie Texas weniger Einfluss haben kann als in einem umkämpften Staat wie Georgia.
Die Geschichte zeigt, dass dieses System auch zu Erwartungen geführt hat, die nicht erfüllt werden. In zwei der letzten sechs Präsidentschaftswahlen hat der Kandidat mit weniger Stimmen von der Allgemeinheit trotzdem gewonnen. 2016 erhielt Donald Trump fast drei Millionen Stimmen weniger als Hillary Clinton, und 2000 gewann George W. Bush trotz einer Niederlage in der Popular Vote gegen Al Gore. Dies wirft Fragen auf zur Fairness und Repräsentativität des Wahlverfahrens.
Die Diskussion über das Electoral College ist auch geprägt von der Frage, ob die Elektoren verpflichtet sind, für den Kandidaten zu stimmen, der die Mehrheit der Stimmen in ihrem Bundesstaat erhalten hat. In der Regel folgen die Elektoren dem Willen der Wähler, es gibt jedoch auch Fälle von „Faithless Electors“, die sich entscheiden, anders zu wählen, was rechtliche Folgen nach sich ziehen kann.
Ein weiteres spannendes Thema sind die „falschen Elektoren“, die im Jahr 2020 ins Rampenlicht gerückt wurden, als einige pro-Trump-Republikaner in mehreren Bundesstaaten versuchten, eigene Wahlmänner zu ernennen, um die Ergebnisse der Wahl zu kippen. Diese Entwicklungen haben nicht nur juristische Konsequenzen, sondern werfen auch einen Schatten auf die Integrität des Wahlprozesses.