Die Diskussion über die Nutzung von Babyzeichensprache in Deutschland gewinnt an Dynamik, während die ersten Trends aus den anglophonen Ländern in die deutschen Wohnzimmer gelangen. Experten beleuchten sowohl die Chancen als auch die Herausforderungen, die mit dieser Form der frühen Kommunikation einhergehen.
Ein Trend aus dem Ausland: Babyzeichensprache erreicht Deutschland
In Social-Media-Netzwerken wie TikTok und Instagram berichten Eltern begeistert, wie sie ihren Säuglingen die Babyzeichensprache, auch „Baby Signs“ genannt, beibringen. So können sie beispielsweise ihrem sechs Monate alten Kind signalisieren, dass es mit dem Essen oder dem Spielen „fertig“ ist oder „mehr“ möchte. Diese Form der Kommunikation soll die Interaktion zwischen Eltern und Kind erleichtern, bevor die Kinder zur lautlichen Sprache übergehen können.
Herausforderungen bei der Anwendung der Babyzeichensprache
Nathalie Frey, Expertin für Sprachheilpädagogik an der Universität Würzburg, verweist darauf, dass die Babyzeichensprache keine echte Gebärdensprache ist, sondern auf speziellen Gesten basiert. Diese sind eng an die Deutsche Gebärdensprache (DGS) angelehnt. Frey warnt jedoch, dass viele Eltern beim Lernen der Zeichen aus den Vereinigten Staaten oft irreführende Gesten nutzen. Ein Beispiel dafür ist, wenn amerikanische Zeichen für „fertig“ oder „mehr“ verwendet werden, die in Deutschland nicht lokale Bedeutung haben.
Der Mehrwert von Babyzeichen: Kommunikation fördern, Schule als Partner
Die Logopädin erklärt, dass Babyzeichen dabei helfen könnten, die Kommunikation zwischen Eltern und ihren Babys zu intensivieren. Dies ist besonders wichtig, da Kinder oft durch „deiktische Gesten“ wie das Zeigen auf Objekte kommunikative Fähigkeiten entwickeln können, die den Übergang zur gesprochenen Sprache erleichtern sollen. Die Vorstellung, dass die Nutzung von Babyzeichen die spätere Sprachentwicklung positiv beeinflusst, ist jedoch durch verschiedene Studien nicht ausreichend gestützt.
Inklusive Materialien zur Unterstützung der Kommunikation
Unternehmen wie „Talking Hands“ haben sich darauf spezialisiert, Materialien zur Unterstützung der Babyzeichensprache zu entwickeln. Diese reichen von Postern bis hin zu Flipbooks, die nicht nur für hörende Kinder, sondern auch für jene ohne Hörbehinderung gedacht sind. Frey hebt die Bedeutung solcher Materialien hervor, betont aber, dass der alleinige Gebrauch von Flipbooks nicht genügt, um echte Sprachfähigkeiten zu erwerben. Gebärdensprache, ähnlich wie Lautsprachen, erfordert eine aktive Kommunikation und sollte durch Interaktion erlernt werden.
Schlussfolgerung: Eine bewusste Auswahl ist entscheidend
Die Experten betonen die Notwendigkeit, dass Eltern, die sich für die Einführung von Babyzeichensprache in ihren Alltag entscheiden, fundierte Kenntnisse der DGS haben sollten. Die richtige Herangehensweise an das Thema kann nicht nur die frühen Kommunikationsfähigkeiten der Kinder fördern, sondern auch zu einer besseren Integration und allgemeinen Sprachkompetenz führen. Es ist entscheidend, dass die Informationen über Babyzeichensprache präzise vermittelt werden, um das volle Potenzial dieser Kommunikationsform auszuschöpfen.
– NAG