Das Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) durch das Bundesinnenministerium hat nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die Einrichtungen selbst, sondern beleuchtet auch weitreichende gesellschaftliche Trends und Herausforderungen im Umgang mit islamistischen Strukturen in Deutschland.
Hintergrund und Relevanz des Verbots
Am Mittwoch dieser Woche wurden die Aktivitäten des Islamischen Zentrums Hamburg, auch bekannt als die Blaue Moschee, untersagt. Die Polizei führte umfangreiche Durchsuchungen durch und beschlagnahmte Vermögenswerte des Vereins. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass das IZH als eine Schlüsselvertretung der iranischen „Islamischen Revolution“ gilt und eine aggressive ideologische Agenda vertritt. Der renommierte Islamexperte Eren Güvercin kritisiert, dass das Verbot zwar ein Zeichen gegen schiitischen Extremismus setze, aber nur ein Fragment eines viel größeren Problems innerhalb der islamistischen Szene darstellt.
Die breitere islamistische Landschaft
Güvercin beschreibt, dass die islamistische Szene in Deutschland zahlreiche Facetten aufweist, darunter Salafisten, Dschihadisten und andere Gruppen wie die Hizb-ut-Tahrir. Besonders nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober hat diese Szene an Sichtbarkeit und Einfluss gewonnen, indem sie aktuelle Konflikte instrumentalisiert, um junge Menschen zu radikalisieren. Der Experte betont, dass es wichtig ist, die Entwicklungen in diesem Bereich auch weiterhin genau zu beobachten, da sich aus den bestehenden Verbotsmaßnahmen eventuell neue Gruppierungen entwickeln könnten.
Die Notwendigkeit eines neuen Moscheevereins
Ein wesentlicher Punkt, den Güvercin hervorhebt, ist die Frage, wer die Blaue Moschee in Zukunft leiten könnte, sollte sie wiedereröffnet werden. Verbindungen zu bestehenden problematischen Organisationen und Verbänden, wie dem schiitischen Verband IGS, seien nicht tragbar, da diese ihre eigenen Interessen verfolgen. Ein neuer Trägerverein müsse unabhängig von fremden Einflussnahmen geschaffen werden, um eine vertrauensvolle Umgebung für die Muslime in Hamburg zu bieten.
Wirksamkeit und langfristige Strategie gegen Islamismus
Das Verbot des IZH allein reicht jedoch laut Güvercin nicht aus. Es sei naiv zu glauben, dass damit das Problem der islamistischen Radikalisierung gelöst sei. Die von ihm erwähnten islamistischen Plattformen in sozialen Medien zeigen, dass diese Strukturen weiterhin mobilisieren können und potenziell neuen Zulauf finden. Um eine dauerhafte Lösung zu finden, sei eine umfassendere Strategie notwendig, die auch präventive Maßnahmen umfasst, um junge Muslime gegen extremistische Ideologien zu immunisieren.
Fatale Folgen interner Spannungen
Ein weiteres bemerkenswertes Phänomen ist die temporäre Allianz verschiedener islamistischer Gruppen in Deutschland, die, trotz ideologischer Differenzen, vor dem gemeinsamen Feind Israel zusammenrücken. Güvercin erklärt, dass dieser tiefsitzende Antisemitismus die internen Konflikte zwischen schiitischen und sunnitischen Gruppen überlagert und eine neue Form von Solidarität schafft, die auch in Verbindung mit Teilen der linksextremen Szene steht.
Fazit: Keine einfache Lösung
Insgesamt zeigt das Verbot des IZH, dass die Problematik islamistischer Strukturen in Deutschland komplex und vielschichtig ist. Es erfordert wachsamere Sicherheitsbehörden, langfristige Strategien und breite gesellschaftliche Dialoge, um die Herausforderungen des Extremismus effektiv anzugehen. Ohne eine nachhaltige Lösung und den Dialog mit den verschiedenen muslimischen Gemeinschaften könnte das Verbot lediglich zu einem Stillstand an der Oberfläche führen, während tiefere Probleme unadressiert bleiben.
– NAG