In Eslarn, einem kleinen bayerischen Ort nahe der tschechischen Grenze, stehen die Bewohner vor einer moralischen und gesellschaftlichen Herausforderung. Die Georg-Zimmermann-Straße, benannt nach einem verurteilten Missbrauchstäter, sorgt für hitzige Debatten und aufgewühlte Emotionen in der Gemeinde. Der Fall wirft Fragen auf über das Gedenken an historische Persönlichkeiten und deren dunkle Seiten.
Die Bürgerbewegung und der Widerstand
Ein Bürgerbegehren, das von Anwohnern gesammelt wurde, um die Beibehaltung des Straßennamens zu fordern, sorgt für Aufsehen. Diese Anwohner äußern, dass die Umbenennung einen „immensen organisatorischen und finanziellen Aufwand“ verursache. Die Bedenken gehen so weit, dass sie darauf bestehen, alle notwendigen Änderungen bei Versicherungen und weiteren Diensten, die mit der Adressänderung verbunden sind, seien eine große Last.
Eine Anwohnerin schildert, dass sie aus Angst vor Hasskommentaren anonym bleiben möchte, und betont, dass ihre Familie die Taten Zimmermanns verurteilt. Dennoch möchten sie ihre Adresse behalten, eventuell mit einer zusätzlichen Erklärungstafel, die die dunkle Geschichte des Namens erklärt – eine Art Mahnmal.
Josefa Schalk und die Stimme der Betroffenen
Josefa Schalk, Vorsitzende des Betroffenenbeirats des Bistums Regensburg, fordert hingegen eine Umbenennung. Ihre Worte sind geprägt von Entsetzen und Trauer. Schalk, die selbst bereit ist, für die Belange der Opfer zu sprechen, stellt klar, dass die Ehre eines verurteilten Missbrauchstäters nicht im Vordergrund stehen sollte. „Hört auf, einen Kinderschänder zu ehren“, fasst sie die Wünsche der Betroffenen zusammen.
Die Tatsache, dass bereits im Jahr 2010 ein Betroffener die Umbenennung beantragte, zeigt, dass der Wunsch nach Veränderung nicht neu ist. Schalk ist besorgt, dass die Aussagen der Betroffenen von den Anwohnern in Zweifel gezogen werden, was das Vertrauen in die Opfer weiter untergräbt.
Gemeinderat und rechtliche Hürden
Der Gemeinderat von Eslarn, unter dem Bürgermeister Reiner Gäbl, hat sich auch mit der rechtlichen Lage auseinandergesetzt. Gäbl offenbart, dass er aus moralischer Sicht lieber für eine Umbenennung gestimmt hätte, jedoch die rechtlichen Rahmenbedingungen eine Abfuhr nicht zuließen, solange das Bürgerbegehren nach den rechtlichen Vorgaben geprüft wurde.
Gäbl äußert sich zudem über die Kosten: Die finanziellen Belastungen durch die Umbenennung seien marginal, und die Gemeinde würde viele Änderungen durchführen, um den Anwohnern zu helfen. Die wahren Kosten für die Anwohner summierten sich nur auf wenige Euro für die Änderung der Kfz-Papiere.
Die späte Erkenntnis der Gemeinde
Die Situation wirft auch Licht auf die Verantwortung der Gemeinde selbst. Es wird bemängelt, dass die Straßenbenennung im Jahr 1993 trotz des bereits bekannten Missbrauchs von Georg Zimmermann beschlossen wurde. Eine Anwohnerin hebt hervor, dass es ungerecht sei, die jetzigen Bewohner für die Fehlentscheidungen der Vergangenheit verantwortlich zu machen.
Die dunkle Vergangenheit Zimmermanns ist auch für Schalk ein zentrales Anliegen, da sie für Gerechtigkeit für die Opfer kämpft. Der kommende Bürgerentscheid am 14. November wird entscheiden, ob der Name bleiben darf oder nicht.
Fazit: Ein wegweisendes Zeichen für Eslarn
Der anstehende Entscheid wird mehr als nur eine Namensänderung sein; es ist ein Moment der Reflexion für die Gesellschaft und ein Test für den Umgang mit der Geschichte. Das Schicksal der Georg-Zimmermann-Straße könnte den Weg für eine ethischere Betrachtungsweise von Gedenkstätten und Namen der Öffentlichkeit ebnen, in denen der Respekt für die Opfer im Vordergrund stehen sollte.
– NAG