Der Reschensee in Südtirol, bekannt für seine tiefen blauen Wassermassen und den berühmten Kirchturm des versunkenen Dorfes Graun, steht im Mittelpunkt eines neuen Instagram-Trends, der sowohl Begeisterung als auch Empörung auslöst. Der Kirchturm, der nach der Überschwemmung des Dorfes in den 1950er Jahren als Erinnerungsstätte erhalten blieb, wurde kürzlich von dem Influencer Simon Brunner als Sprungplattform genutzt.
Ein Zeichen der Entlegenheit und der Kultur
Der Kirchturm von Graun, der seit dem Jahr 1367 Teil der Pfarrkirche St. Katharina war, ist nicht nur ein beliebtes Fotomotiv für Touristen, sondern auch ein Symbol für das verlegte Erbe der ehemaligen Dorfbewohner. Dieses Mahnmal, das allein aus dem Wasser ragt, erinnert an die tragischen Umstände, unter denen die einstige Gemeinschaft enteignet und umgesiedelt wurde. Die Inszenierung Brunners am 30. Juli, einem Instagram-Post, der bereits über 5700 Likes erhielt, stellt die Frage nach dem richtigen Umgang mit solchen historischen Monumenten.
Die Grenzen des guten Geschmacks
Brunner, der für seine waghalsigen Sprünge bekannt ist und aus der RTL-Show „Ninja Warrior“ stammt, lancierte den Sprung unter dem Motto „Goodbye God“. Während seine Fans sich über den spektakulären Sprung freuen und ihn als „einzigartig“ feiern, gibt es auch zahlreiche kritische Stimmen. Einige Zuschauer bezeichnen den Sprung als respektlos gegenüber dem Kulturerbe und fordern einen verantwortungsvollen Umgang mit den Überresten des untergegangenen Dorfes.
Tourismusorganisation und Verantwortung
Die Südtiroler Tourismusinitiative reagierte umgehend auf den Vorfall. In einer Erklärung wird betont, dass der Kirchturm eine wichtige kulturelle Stätte ist und es nicht erlaubt sei, von ihm zu springen. Dies sei nicht nur gefährlich, sondern trage auch dazu bei, das kulturelle Erbe der Region zu bewahren. Die Initiative empfiehlt stattdessen, die beeindruckenden Ausblicke rund um den Reschensee auf sicheren Wegen zu genießen und weist darauf hin, dass Alternativen für Abenteuerlustige in der Region reichlich vorhanden sind, wie zum Beispiel Mountaincarting oder Paragliding.
Gemeinschaftliche Eindrücke und lokale Reaktionen
Der Vorfall hat auch in der lokalen Gemeinschaft Betroffenheit ausgelöst. Viele Einwohner und ehemalige Bewohner Grauns fühlen sich durch die Inszenierung tiefberührt und erinnern sich an die leidvollen Kapitel der Vergangenheit ihres Heimatortes. Die ehemaligen Dorfbewohner sind sich einig, dass der Kirchturm und die Überreste von Graun respektiert werden sollten, um die Geschichte lebendig zu halten.
Im Schatten des Ruhms
Die anhaltende Diskussion über das Video und den Sprung zeigt, wie wichtig es ist, die Grenzen zwischen Unterhaltung und Verantwortung zu wahren. Während die Popularität der Influencer ungebrochen bleibt, muss auch bedacht werden, wie deren Aktivitäten kulturelle und historische Stätten beeinflussen. Dies betrifft nicht nur Südtirol, sondern überall da, wo besondere Orte vom Massentourismus entdeckt werden. Ein respektvoller Umgang mit der Vergangenheit ist essentiell, um das Erbe für zukünftige Generationen zu bewahren.