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Friedrichshafen im Würgegriff der Drogen: Ein Streetworker erzählt die Wahrheit

In Friedrichshafen hat der Streetworker Florian Nägele auf die zunehmende Drogenkriminalität hingewiesen, die sich immer mehr ins Internet verlagert, wo Drogen bequem bis zur Haustür bestellt werden können, was nicht nur die Arbeit der Polizei erschwert, sondern auch auf die Notwendigkeit einer verbesserten Drogenprävention hinweist.

Florian Nägele, Streetworker in Friedrichshafen, setzt sich für die Menschen ein, die oft aus der Gesellschaft ausgeschlossen sind. Dabei spielt das Thema Drogen eine zentrale Rolle in seiner Arbeit. Er geht dem gängigen Vorurteil entgegen, dass Drogenkonsum paternalistisch behandelt werden sollte. Stattdessen hebt er hervor: „Alle Drogen sind geil. Deshalb werden sie ja genommen.“ Dieser offene Umgang spiegelt sich auch in der aktuellen Drogenproblematik wider, die für die Stadt eine immer größere Herausforderung darstellt.

Digitale Drogenlieferung im Fokus

Ein grundlegendes Problem bei der Drogenkriminalität ist die Verlagerung des Handels in digitale Räume. Laut Nägele geschieht der Verkauf nicht mehr nur an physischen Hotspots wie dem Stadtbahnhof in Friedrichshafen, wo die Polizei vermehrt Kontrollen durchführt. „Im Darknet kannst du deine Drogen, überspitzt gesagt, bis an die Haustür bestellen. Es war noch nie so einfach wie heute, an Drogen zu kommen“, erklärt er. Dieses Internetphänomen hat die Arbeit von Polizei und Sozialarbeitern erheblich erschwert.

Cannabis-Legalisierung bringt Herausforderungen

Die jüngste Einführung des Cannabisgesetzes stellt die Polizei vor neue Herausforderungen, da sie somit nicht von zusätzlichen Aufgaben entlastet wird. „Die Überwachung der Konsumverbotszonen erfordert deutliche Mehraufwände“, teilen die Behörden mit. Dies könnte zu einer Erhöhung der Drogenkonzumation führen, da Nägele anmerkt: „Man hat erwartet, dass mit der Strafverfolgung der Zugang zu Drogen erschwert wird. Das ist aber nicht eingetreten. Es wird mehr konsumiert.“

Mangel an Ressourcen für Drogenprävention

Eine große Herausforderung ist die mangelnde finanzielle Unterstützung für präventive Maßnahmen. Nägele kritisiert die Bundesregierung, die bis jetzt nicht in die Drogenprävention investiert hat. „Gute Prävention erfordert Gelder“, sagt er. Die Schulen spielen eine zentrale Rolle in der Drogenprävention und erhalten Unterstützung durch das Polizeipräsidium Ravensburg, das Unterrichtsangebote zur Drogenprävention bereitstellt. Nägele warnt jedoch, dass die Glaubwürdigkeit dieser Maßnahmen entscheidend ist: „Prävention darf nicht verteufeln, sondern muss den Jugendlichen ein Gespür dafür vermitteln, wann ihr eigener Konsum schädlich wird.“

Das wahre Ausmaß der Drogenkriminalität

Die Statistik zeigt, dass die Polizei 2023 in Friedrichshafen 242 Ermittlungsverfahren wegen Drogenkriminalität eingeleitet hat, ein leichter Rückgang im Vergleich zu den Vorjahren. Aber Nägele betont, dass diese Zahlen nicht das volle Ausmaß des Problems widerspiegeln und dass keiner genau weiß, wie viel Drogen tatsächlich konsumiert werden. „Alles, was der Drogenmarkt hergibt, wird auch konsumiert“, sagt er.

Zukunftsperspektiven im Drogenmarkt

Zusätzlich zu den klassischen Drogen wie Heroin und Kokain spielt der Markt für synthetische Drogen eine zunehmend wichtige Rolle. Nägele erklärt, dass viele dieser Stoffe legal über das Internet erhältlich sind. „Man kann Liquids mit einem HHC-Reinheitsgehalt von 95 Prozent im freien Verkauf an den Tankstellen in Friedrichshafen bekommen. Und das knallt ganz schön“, warnt er. Diese Entwicklungen erfordern nicht nur eine Anpassung in der Gesetzgebung, sondern auch in der präventiven Aufklärung in der Gesellschaft.

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