Die Geschichte der Hausbesetzung in Stuttgart ist ein wegweisendes Kapitel der Stadtgeschichte, das auch heute noch wichtige Fragen aufwirft. Axel Deubner, ein früherer Aktivist und Architekt, erinnert sich an seine Erlebnisse von 1971, als eine Gruppe von Menschen versuchte, gegen die Wohnungsnot und den drohenden Abriss einer Jugendstilvilla zu kämpfen. Diese Aktion verdeutlicht den tiefen Einfluss von sozialer Verantwortung und Gemeinschaftsengagement auf das Stadtbild und den Immobilienmarkt.
Ein historisches Ereignis mit weitreichenden Folgen
Im Februar 1971 versammelten sich in Stuttgart Aktivisten, um eine fast leerstehende Villa an der Etzelstraße zu besetzen. Diese Villa, die schließlich dem Abriss geweiht war, sollte einem umstrittenen Luxushotelprojekt weichen. „Die Stadtverwaltung hatte selbst für die hohe Zahl an Leerständen gesorgt und reagierte mit äußerster Härte auf unsere Anliegen“, erinnert sich Deubner. Die Besetzung führte zu einem unerwarteten politischen Eklat und lenkte die Aufmerksamkeit auf die prekäre Wohnsituation in der Stadt.
Die Beteiligten und ihre Motivation
Zu Deubners Mitstreitern gehörte auch der Vater des bekannten Rappers Max Herre. „Wir wollten keine ‚Frankfurter Zustände‘ in Stuttgart“, sagt Deubner und spielt darauf an, dass die Stadtverwaltung Angst hatte, dass die Proteste eskalieren könnten. Das Engagement der Hausbesetzer war jedoch nicht nur eine Auseinandersetzung mit der Polizei, sondern vielmehr ein Aufruf zur gesellschaftlichen Verantwortung, um eine Lösung für die Wohnungsnot zu finden.
Von der Besetzung zur Veränderung
Obwohl die Polizei noch am selben Abend die Besetzer räumte, blieb das Thema Wohnungsnot in der Stadt nicht unbeachtet. Deubner berichtet von der darauffolgenden Diskussion im Gemeinderat, die letztlich dazu führte, dass das Bauvorhaben für das Hotel abgelehnt wurde. „Wir hatten es geschafft, mit unserer Aktion eine Debatte anzustoßen“, freut sich der 79-Jährige.
Ein Appell an die nächste Generation
Heute, 53 Jahre später, lebt Deubner in Aachen und leitet ein Unternehmen für Baumaschinen, das als sozial vorbildlich gilt. Er schreibt gerade seine Lebenserinnerungen für seine fünf Enkel, um ihnen zu zeigen, „dass auch aus einem schlechten Schüler etwas werden kann“. Deubner möchte die jungen Generationen ermutigen, Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen und aktiv zu handeln.
Die Lehre der Geschichte
Der Besuch an der Etzelstraße erinnert Deubner an die Wichtigkeit von sozialem Engagement. Auch wenn sich vieles verändert hat, bleibt die Wohnungsnot ein drängendes Problem. „Es ist entscheidend, dass wir alle – und das schließt auch die Kinder ein – verstehen, wie wichtig es ist, für andere einzustehen“, betont er. Seine Botschaft ist klar: „Wir sollten nicht nur an uns selbst denken, sondern auch an die Gemeinschaft und deren Bedürfnisse.“