Der Einfluss von Matthäus Albers Abendmahl auf die Reformationsbewegung
Im Jahr 1524, unter der Aufsicht des Prädikanten Matthäus Alber, wurde in Reutlingen eine bemerkenswerte Feier des Abendmahls durchgeführt, die das Gesicht des Christentums entscheidend veränderte. Die Einladung zur Teilnahme am Abendmahl für alle Gläubigen, ohne Ausnahme für Kleriker, stellte eine radikale Abkehr von der traditionell strengen Hierarchie der Kirche dar. Diese liturgische Neuheit, die am 14. August stattfand, sollte als ein mutiger Schritt in die Geschichte eingehen und die Dynamik zwischen Laien und Geistlichen grundlegend verändern.
Die Relevanz eines Reformisten
Matthäus Alber, der aus einer angesehenen Handwerkerfamilie stammte, kehrte zwei Jahre zuvor nach Reutlingen zurück, um eine Rolle als Ratsprädikant zu übernehmen. Mit einem theologischen Abschluss im Gepäck verkündete er reformatorische Ideen, die in der Bevölkerung auf zunehmend begeisterte Resonanz stießen. Insbesondere die Möglichkeit, Brot und Wein während des Abendmahls gemeinsam zu genießen, symbolisierte ein Überwinden der Trennlinie zwischen ‚Geweihten‘ und ‚Nichtgeweihten‘. „Es war viel Glaubensmut nötig, so gefährlich nah an der Ketzerei zu agieren“, bemerkte Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl anlässlich des Jubiläums.
Ein Ereignis von historischer Bedeutung
Das Ereignis zog nicht nur Bewohner von Reutlingen an, sondern auch Menschen aus Nachbarstädten wie Esslingen und Herrenberg, die gespannt waren, ob Alber tatsächlich gegen kirchliche Bräuche verstoßen würde. Die Marienkirche war aufgrund des großen Andrangs schnell überfüllt, was die Bedeutung der Veranstaltung unterstrich. Die Tatsache, dass eine solche Feier in deutscher Sprache und nicht in Latein stattfand, stellte einen weiteren Bruch mit der Tradition dar und vermittelte den Gläubigen ein Gefühl der Teilhabe.
Konsequenzen und Herausforderungen
Die Feier des Abendmahls blieb jedoch nicht ohne Folgen. Ein halbes Jahr nach dem historischen Gottesdienst musste sich Alber vor dem Reichsregiment in Esslingen verantworten, wo er Fragen zu seiner Praxis beantworten sollte. Der kaiserliche Anwalt Kaspar Mart verlangte die Eröffnung eines förmlichen Gerichtsverfahrens, auf das Alber mit einem Verweis auf die Autorität der Bibel und Jesu Christi reagierte. Überraschenderweise wurde der Prädikant schließlich freigesprochen und konnte weiterhin an seinen Reformen arbeiten.
Ein bleibendes Erbe
Albers Reformen hinterließen einen bleibenden Eindruck auf die Kirche und die Gemeinde. Im Jahr 1526 veröffentlichte er eine neue Gottesdienstordnung zur Begutachtung in Wittenberg, wo Martin Luther lediglich anmerkte, dass die Lesungen zu lang seien und die Gemeinde überfordern könnten. Albers Engagement für eine inklusive Partizipation während des Abendmahls setzte in der evangelischen Kirche neue Maßstäbe. Seine Initiativen und der damit verbundene Paradigmenwechsel wirken bis heute und zeigen, wie Mut zur Veränderung die Glaubenspraxis nachhaltig beeinflussen kann.