In den nördlichen Regionen Deutschlands wird die Lage in Kindergärten zunehmend angespannt. Eine alarmierende Zahl von Krankheitsfällen unter den Erziehern hat nicht nur Auswirkungen auf das Personal, sondern auch auf die Qualität der Betreuung der Kinder. Ein aktueller Bericht der Bertelsmann-Stiftung und des Professional Forums bringt Licht ins Dunkel dieser Problematik und zeigt auf, dass die durchschnittliche Fehlzeit der Kindergartenmitarbeiter mit 32 Tagen pro Jahr signifikant über dem branchenübergreifenden Durchschnitt von 20 Tagen liegt.
Besonders in Schleswig-Holstein ist die Situation prekär, wo die Fehlzeiten mit 29,6 Tagen kaum unter dem Schnitt liegen. Die Daten, die der Bertelsmann-Stiftung vorliegen, stammen größtenteils von der DAK-Gesundheitsversicherung, deren Mitglieder einen Anteil von 12,2 % unter den Kindergartenmitarbeitern ausmachen. Auch Informationen anderer Krankenkassen unterstützen die Befunde dieser Analyse.
Anzeichen eines Teufelskreises
Experten zeigen sich besorgt über die Folgen dieser hohen Krankheitsraten, die einen Teufelskreis aus Überarbeitung und hoher Fluktuation schaffen. Anette Stein, eine Fachfrau für frühkindliche Bildung bei der Bertelsmann-Stiftung, erklärt: „Viele Kindergärten befinden sich in einem Teufelskreis. Die steigenden Krankheitsraten führen zu einem erhöhten Austritt von Fachkräften, was die verbleibenden Mitarbeiter weiter belastet. Die Qualität der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung leidet oft darunter.“ Solche Aussagen verdeutlichen, wie dramatisch die Situation bereits ist und welche Herausforderungen auf die Einrichtungen zukommen.
Die häufigsten Gründe für die hohen Fehlzeiten sind Atemwegsinfektionen und psychische Probleme. Um den Personalmangel auszugleichen, wäre eine Erhöhung um 3.600 Vollzeitkräfte nötig, was nach Schätzungen der Stiftung mit jährlichen Kosten von 218 Millionen Euro verbunden wäre. Diese zusätzlichen Ressourcen könnten vorübergehende Lösungen für das drängende Personalproblem darstellen.
„Die Notwendigkeit eines Plans für die Notfallbetreuung wird immer dringlicher. Ein überraschender Ausfall eines wichtigen Mitarbeiters kann den gesamten Ablauf in einem Kindergarten durcheinanderbringen“, warnt Stein. Eine präventive Maßnahme in Form eines Notfallplans könnte dabei helfen, die Auswirkungen auf die Einrichtung zu minimieren und den Kindern weiterhin eine qualitativ hochwertige Betreuung zu garantieren.
Dringender Handlungsbedarf
Die Herausforderungen, vor denen Kindergärten derzeit stehen, sind bedenklich. Die hohe Anzahl an Krankheitsfällen führt nicht nur zu einem erhöhten Druck auf die verbleibenden Erzieher, sondern kann auch die Sicherheit und das Wohlfühlgefühl der Kinder in den Einrichtungen gefährden. In einer Zeit, in der frühkindliche Bildung von entscheidender Bedeutung ist, gilt es, das Augenmerk auf die Bedürfnisse des Personals zu richten und gleichzeitig geeignete Lösungen zu finden.
Die Bertelsmann-Stiftung und das Professional Forum haben daher ein deutliches Signal gegeben: Um eine qualitative frühkindliche Bildung aufrechtzuerhalten, müssen die Zustände in den Kindertagesstätten dringend verbessert werden. Dazu zählen nicht nur bessere Arbeitsbedingungen, sondern auch eine nachhaltige Personalausstattung. Nur so kommt es nicht zu einem weiteren Anstieg der Krankheitsraten, und die bereits praktizierenden Fachkräfte können entlastet werden. Schließlich ist es im Interesse aller, dass Kinder in einem stabilen und förderlichen Umfeld aufwachsen können.
Der Handlungsbedarf ist enorm, und ohne entsprechende Maßnahmen könnte die Lage in den nächsten Jahren noch kritischer werden. Es liegt nun an den Verantwortlichen, die erforderlichen Schritte zu unternehmen, um das Bildungssystem nicht nur in den nördlichen Regionen, sondern bundesweit zu stärken und Mitarbeiter wie auch Kinder zu unterstützen.
Gesundheitsrisiken für Mitarbeiter in Kindergärten
Die Gesundheit von Kindergartenmitarbeitern ist ein zentrales Anliegen, das mit verschiedenen gesundheitlichen Risiken verbunden ist. Laut einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sind Kindergartenmitarbeiter häufig psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt. Stress entsteht nicht nur durch den hohen Krankenstand, sondern auch durch die emotionalefordernde Arbeit mit Kindern. Insbesondere in den ersten Jahren der Kindheit sind Mitarbeiter oft mit emotionalen und verhaltensbedingten Herausforderungen konfrontiert, die zusätzliche Belastungen mit sich bringen.
Ein weiterer Aspekt ist das Risiko von ansteckenden Erkrankungen. Kinder bringen häufig Viren und Bakterien in die Einrichtung, wodurch ein erhöhtes Risiko für Atemwegserkrankungen und andere Infektionen für das Personal besteht. Die hygienischen Standards in den Einrichtungen sind daher von entscheidender Bedeutung, um die Ausbreitung von Krankheiten zu minimieren.
Psychische Belastungen und Stressbewältigung
Zusätzlich zu physischen Erkrankungen berichten viele Mitarbeiter von psychischen Belastungen. Eine Studie des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge hat gezeigt, dass rund 40 % der Kinderbetreuer unter erheblichem Stress leiden. Die Einrichtungen sind oft überlastet, und eine mangelnde personelle Ausstattung verstärkt die Herausforderungen. Ein Ansatz zur Stressbewältigung könnte die Implementierung von regelmäßigen Fort- und Weiterbildungsprogrammen für Mitarbeiter sein, um ihre Fähigkeiten im Umgang mit Stresssituationen zu verbessern.
Laut der DAK-Gesundheitsversicherung sind psycho-soziale Belastungen wie Überforderung und emotionale Erschöpfung ebenfalls weit verbreitet. Die Stiftung empfiehlt, sowohl die Arbeitsbedingungen als auch die berufliche Fortbildung zu verbessern, um die Resilienz der Mitarbeiter zu stärken und die Attraktivität des Berufs zu erhöhen.
Auswirkungen auf die frühkindliche Bildung
Die hohe Anzahl an Fehltagen unter Kindergartenmitarbeitern hat weitreichende Folgen für die Qualität der frühkindlichen Bildung. Kinder benötigen Kontinuität in der Betreuung, um sich emotional und sozial gut zu entwickeln. Häufige Wechsel im Betreuungspersonal können zu Unsicherheiten bei den Kindern führen, die sich negativ auf ihr Lernen und ihre Entwicklung auswirken kann.
Zusätzlich ergibt sich aus den häufigen Abwesenheiten eine erhöhte Belastung für das verbleibende Personal, was wiederum zu einer Abnahme der Betreuungsqualität führen kann. Laut einer Erhebung der Gesellschaft für Organisation und Management (GOM) berichten 65 % der Eltern, dass sie eine Verschlechterung der Betreuungsqualität aufgrund von Personalmangel festgestellt haben.
Maßnahmen zur Verbesserung der Situation
Um die Situation zu verbessern, gibt es verschiedene Ansätze, die von Experten empfohlen werden. Dazu gehören die Erhöhung der Personalausstattung, flexible Arbeitszeitmodelle und die Schaffung eines förderlichen Arbeitsumfeldes. Ebenso spielt die Unterstützung durch die Kommunen eine zentrale Rolle, um die strukturellen Rahmenbedingungen für die frühkindliche Bildung zu optimieren.
Ein Beispiel für eine solche Maßnahme ist das Programm „KitaPlus“, welches vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) ins Leben gerufen wurde. Es zielt darauf ab, die Betreuungsqualität durch zusätzliche Personalressourcen zu steigern und flexible Betreuungszeiten anzubieten. Dies könnte langfristig nicht nur die Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen, sondern auch die Betreuungsqualität verbessern.