In der Großen Kreisstadt Günzburg findet derzeit die Mut-Tour statt, die ein wichtiges gesellschaftliches Anliegen verfolgt: Die Enttabuisierung psychischer Erkrankungen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, angeführt von Tatjana Strobl, radeln auf drei Tandems durch die Altstadt, um Aufmerksamkeit auf die Thematik zu lenken. Diese Tour, die bereits vor einer Woche in Regensburg begann, führt die Gruppe über 380 Kilometer in die Region Schwaben und endet schließlich in Ulm.
Hintergrund der Mut-Tour: Ein Gemeinschaftsprojekt zur Sensibilisierung
Die Mut-Tour wurde 2012 von Sebastian Burger gegründet, der bereits zuvor an ähnlichen Projekten beteiligt war. Seither machen sich jährlich zahlreiche Teams von Mai bis September auf den Weg durch Deutschland, um die Sichtbarkeit für psychische Gesundheit zu erhöhen. Ob zu Fuß oder auf dem Rad, die Tour umfasst insgesamt 3800 Kilometer verteilt auf zehn Etappen, die jeweils von verschiedenen Gruppen gemeistert werden.
Die persönliche Geschichte der Teilnehmenden
Die fünf Radler, darunter Michael Steiger und Tatjana Strobl, haben unterschiedliche Wege zur Mut-Tour gefunden. Steiger erläutert, dass eine positive Gruppendynamik herrscht, auch wenn die Teilnehmer sich anfangs nicht kannten. Diese Erfahrung belegen die Erzählungen über den Austausch von persönlichen Erlebnissen, nicht nur in Bezug auf die eigene Erkrankung, sondern auch über die Herausforderungen im Umgang mit Depressionen im Berufsleben. Das Fehlen von Therapieplätzen sowie das Stigma, das oft mit psychischen Erkrankungen einhergeht, sind Probleme, die viele Teilnehmende anspricht.
Die Bedeutung des Mut-Atlas und regionale Hilfsangebote
Während ihrer Reise suchen die Teilnehmenden aktiv das Gespräch mit den Bewohnerinnen und Bewohnern vor Ort, um über lokale Anlaufstellen wie den Sozialpsychiatrischen Dienst der Caritas und die Psychologische Beratungsstelle der KJF Kinder- und Jugendhilfe zu informieren. Darüber hinaus haben sie den Mut-Atlas ins Leben gerufen, eine Online-Karte, die Hilfs- und Präventionsangebote in Deutschland aufzeigt. Diese Ressource soll dazu beitragen, Menschen zu helfen, die sich nicht trauen, einen ersten Schritt zur Hilfe zu gehen.
Scham und stigmafreie Diskussion
Die Teilnehmenden ofen die Notwendigkeit an, dass sich die gesellschaftliche Wahrnehmung von psychischen Erkrankungen grundlegend ändert. „Eine Depression muss so normal werden wie ein Beinbruch“, fordert Strobl. Die Akzeptanz von körperlichen Erkrankungen hingegen sei oft einfacher, da diese sichtbar sind. Das Stigma, das mit psychischen Erkrankungen einhergeht, führt dazu, dass viele Betroffene ihre Erkrankung geheimhalten.
Zukunft der Mut-Tour und ihre Ziele
Steiger spricht über die Hoffnung, dass die Mut-Tour durch ihren Einsatz den Menschen einen „Funken Hoffnung“ geben kann. „Wenn wir nur einer Person an einem Tag helfen können, haben wir schon viel erreicht“, sagt er. Diese niederschwellige Herangehensweise soll möglichst viele Menschen erreichen und sie ermutigen, offen über ihre Erfahrungen zu sprechen und Hilfe zu suchen.
– NAG