Die Geschichte von Inga Krauss aus Wangen ist eine Erzählung von Verlust, finanziellen Schwierigkeiten und einem unermüdlichen Kampf für Gerechtigkeit. Als ihr Ehemann im Jahr 2017 an Krebs verstorben ist, war die 40-Jährige mit einem Schock konfrontiert, der weit über den emotionalen Schmerz hinausging. „Ich hatte gar keine Zeit zu trauern“, sagt Krauss, die in dieser Zeit alle Hände voll zu tun hatte, um das Leben ihrer beiden kleinen Kinder zu sichern.
Die finanziellen Sorgen überrollten sie fast; sie fragte sich, wie sie das Haus, die Steuerverpflichtungen und die finanzielle Zukunft bewältigen sollte. Inga erlebte eine derart geballte Panik, dass sie schließlich keine andere Wahl sah, als das Haus zu verkaufen. Diese Entscheidung war nicht leicht, aber in ihrer Verzweiflung schien es der einzige Ausweg zu sein.
Die Herausforderungen der Witwenrente
In Deutschland gibt es die Witwenrente, die Hinterbliebenen nach dem Verlust eines Partners finanzielle Sicherheit bieten soll. Sie basiert in der Regel auf 55 Prozent der Rente des Verstorbenen; in speziellen Fällen können es sogar 60 Prozent sein. Krauss, deren Mann selbstständig war und daher nicht durchgängig in die Rentenkasse einzahlen konnte, erhielt jedoch nur 577 Euro monatlich als Hinterbliebenenrente. Solche Beträge sind für jemanden, der einst von einem sechsstelligen Jahreseinkommen gelebt hat, einfach nicht ausreichend.
Fast zwei Drittel der 1,2 Millionen Menschen, die in Deutschland Witwenrente beziehen, sind Frauen. Viele von ihnen stehen einer hohen Altersarmut gegenüber, und Krauss selbst ist alarmiert über die bestehenden Regelungen. „Die Anrechnung des eigenen Einkommens auf die Witwenrente ist ungerecht und volkswirtschaftlich unsinnig“, erklärt sie. Frauen, die versuchen, sich etwas dazuzu verdienen, sehen oft keinen Vorteil, da ihnen der Freibetrag droht zu entfallen, wenn sie mehr arbeiten.
Insbesondere ärgert es Krauss, dass die Besteuerung der Witwenrente sie zusätzlich belastet. „Zwei bis drei Monatsrenten fallen weg für die nachgelagerte Besteuerung am Ende des Jahres“, sagt sie. Diese doppelte Belastung frustriert nicht nur sie, sondern viele andere betroffene Frauen ebenfalls.
Doch es gibt ein Licht am Ende des Tunnels. Vor kurzem hat die Ampelregierung erkannt, dass Handlungsbedarf besteht, und plant eine Erhöhung des Freibetrags für die Arbeitsaufnahme von Witwen. Zukünftig soll ein Sockelbetrag von voraussichtlich 538 Euro nicht auf die Witwenrente angerechnet werden. Damit möchten die Minister auch Anreize schaffen, so dass eine Vollzeitarbeit für Witwen lohnenswert wird.
Diese Maßnahme hat bereits Lob aus den Reihen der Politik erhalten, unter anderem von CDU-Landtagsfraktionsvorsitzendem Manuel Hagel. Er unterstützt Krauss‘ Anliegen und erkennt die Notwendigkeit, die Einkommensanrechnung zu reformieren und die Hinzuverdienstgrenzen gegebenenfalls ganz abzuschaffen.
Die Stimme der Aktivistin
Inga Krauss hat sich jedoch nicht nur mit diesen Themen befasst; sie ist auch aktiv geworden. Sie hat ein Buch veröffentlicht, das sich mit den Herausforderungen von verwitweten Frauen auseinandersetzt, und eine Facebookgruppe gegründet, die mittlerweile 3000 Mitglieder zählt. Ihr Engagement geht über den persönlichen Schmerz hinaus. Gemeinsam kämpfen sie und viele andere für eine gerechtere Behandlung und mehr Unterstützung für Hinterbliebene.
Dennoch bleibt Krauss kritisch. Sie findet es frauenfeindlich, dass der neue Freibetrag nur den Mindestlohn betrifft und fordert eine umfassendere Lösung. „Warum nicht das Durchschnittseinkommen anrechnungsfrei machen?“, fragt sie und sieht die aktuelle Regelung als unzureichend und kompliziert. Ihr Appell an die politischen Entscheidungsträger ist klar: Die Hinzuverdienstgrenze muss abgeschafft werden – ein einfacher, aber kraftvoller Wunsch auf Gerechtigkeit für all jene, die unter den bestehenden Regelungen leiden.