Die Abnahme der Studierendenzahlen in Nordrhein-Westfalen hat in den letzten Jahren eine Signalanalyse über die Zukunft der akademischen Bildung und die Herausforderungen für Universitäten und Fachhochschulen ausgelöst. Der Rückgang ist signifikant, und die Stadt Aachen erlebt diese Entwicklung besonders intensiv, sowohl an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Universität (RWTH) als auch an der Fachhochschule (FH) Aachen.
Ein unerwarteter Rückgang der Studierendenzahlen
Zum Wintersemester 2023/24 verzeichnet Nordrhein-Westfalen den stärksten Rückgang der Studierendenzahlen seit fast zwei Jahrzehnten. Die Gesamtanzahl sank um 4,4 Prozent auf rund 710.019, was seit 2004 das größte Minus darstellt. Besonders auffällig ist, dass an der FH Aachen die Studienanzahl um fünf Prozent auf etwa 13.300 zurückging, während die RWTH Aachen einen Rückgang von 3,8 Prozent auf 45.284 Studierende meldete. Dies sind alarmierende Zahlen, die eine tiefere Untersuchung der Ursachen und möglichen Folgen erfordern.
Die Rolle des Deutschlandtickets
Eine bedeutende Ursache für den Rückgang könnte das neue Deutschlandticket sein, welches für viele Studierende, die sich ursprünglich nur wegen der günstigen Verkehrsmittel eingeschrieben hatten, ein Anreiz war, nicht mehr weiter zu studieren. Dieser Trend hat fast 16.000 Menschen dazu gebracht, ihre Zweitstudien abzubrechen, was fast die Hälfte des gesamten Rückgangs ausmacht. Die Möglichkeit, ein bezahlbares Ticket für den Nahverkehr zu erhalten, hat dazu geführt, dass viele bislang als „Ticketstudenten“ bezeichnete Personen nicht mehr immatrikuliert sind.
Herausforderungen für die Naturwissenschaften
Ein weiteres zentrales Thema sind die Naturwissenschaften, die in den letzten Jahren unter einem Rückgang der Einschreibungen leiden. Während in NRW die Studiengänge wie Physik und Mathematik stark betroffen sind, zeigt sich an der RWTH Aachen eine weitgehend stabilere Situation. Hier blieb der Rückgang in Physik und Mathematik unter dem Landesdurchschnitt, während an der FH Aachen die Zahl der Chemiestudenten konstant blieb. Dies wirft Fragen über die Attraktivität naturwissenschaftlicher Fächer auf und zeigt die Dringlichkeit, junge Menschen für Studiengänge in diesem Bereich zu gewinnen.
Impakt auf die Studenten- und Universitätskultur
Der Rückgang hat auch Auswirkungen auf die universitäre Umgebung. Weniger Studierende könnten theoretisch bedeuten, dass Hörsäle weniger überfüllt sind, was das Lernen angenehmer gestalten könnte. Dennoch ist auch zu bedenken, dass die finanziellen Mittel für Hochschulen oft an die Anzahl der Studierenden gekoppelt sind. Ein anhaltender Rückgang könnte somit auch die Ressourcen und zukünftige Entwicklungen der Ausbildungsinstitutionen gefährden.
Ausblick auf die Zukunft
Angesichts der demografischen Veränderungen wird ein weiterer Rückgang der Studierendenzahlen prognostiziert. Insbesondere der Abiturjahrgang 2026 wird aufgrund der Rückkehr zu G9, also der längeren Schulzeit bis zum Abitur, deutlich kleiner ausfallen. Experten warnen, dass Universitäten und Fachhochschulen innovative Wege finden müssen, um attraktiv für neue Studierende zu bleiben und gleichzeitig die studentische Kultur sowie das Bildungsangebot zu bewahren.