Am 2. September präsentierten die NachDenkSeiten ein neues Buch von Heiner Flassbeck, das viele aufhorchen lässt. Mein Interesse war sofort geweckt, denn ich suchte nach einer vertieften Sichtweise der Volkswirtschaftslehre. Es ist interessant zu erkennen, dass die Disziplin nicht nur die Makroökonomie behandelt, also Aspekte wie Konjunktur und Arbeitslosigkeit, sondern auch grundlegende Theorien über die effiziente Verteilung von Ressourcen miteinschließt. Flassbeck spricht von der „Ökonomik“, die ebenso die sogenannten external economies und external diseconomies beleuchtet.
Externen Effekten begegnen wir häufig in unserem Alltag. Ein Beispiel dafür ist der Verkehrslärm in der Nähe stark befahrener Straßen. Hier verursachen nicht nur die Autofahrer Kosten, sondern auch die Anwohner, die unter Lärm und Abgasen leiden, ohne selbst an der Verkehrsproduktion beteiligt zu sein. Solche externen Effekte sind essenziell, um viele wirtschaftliche Phänomene zu verstehen. Dies lernte ich während meiner Studienzeit in einem Seminar unter dem ehemaligen Professor Hans Möller, wo es darum ging, Defizite in der Ressourcenallokation einer Volkswirtschaft zu erkennen und zu beheben.
Ein Blick in die Vergangenheit
Die Thematik der Allokation ist keine Neuheit. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts befassten sich bedeutende Ökonomen wie Vilfredo Pareto mit der optimalen Ressourcenverteilung. Daher ist das Pareto-Optimum – eine zentrale Idee in der Ökonomie – ein Begriff, der nicht in Vergessenheit geraten sollte. Zu dieser Zeit war es auch üblich, dass die Lektüre bedeutender Werke, wie James E. Meades „Trade and Welfare“, in Wirtschaftsstudien vorgeschrieben wurde. Diese Werke lieferten wertvolle Einsichten für politische Entscheidungsprozesse.
Ein eindrucksvolles Beispiel aus der Wirtschaftsgeschichte spielt sich im Jahr 1969 ab. Damals war die wirtschaftspolitische Debatte um die Korrektur der Währungsrelationen zwischen der unterbewerteten D-Mark und dem Dollar von erheblicher Bedeutung. Während der damalige Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller ein welfareökonomisches Verständnis verfolgte und erkannte, dass eine unterbewertete Währung das Realeinkommen verschwendet, war sein Kollege, Franz Josef Strauß, mit einem anderen Ansatz beschäftigt. Schiller betonte, dass „wir jeden 13. VW verschenken“, was damals für viel Aufsehen sorgte und letztlich einen Einfluss auf den politischen Wechsel von Kiesinger zu Willy Brandt hatte.
Die Relevanz der externalen Effekte
Heutzutage ist es klar, dass eine Berücksichtigung der externen Effekte in der Wirtschaftspolitik nicht nur wünschenswert, sondern notwendig ist. Zum Beispiel sind verschiedene Umweltsteuern, wie die Mineralölsteuer für den Straßenverkehr, längst Realität. Im Gegensatz dazu bleibt der Flugverkehr weitgehend steuerfrei und verdrängt damit die Dringlichkeit, auch dieser Branche eine steuerliche Verantwortung auferlegen. Dies führt zu unverhältnismäßigen Auswirkungen auf die Umwelt und ist ein entscheidendes Thema, das bisher wenig Beachtung findet.
Flassbecks neues Buch macht darauf aufmerksam, dass die Abwesenheit der Theorie der externen Effekte in der öffentlichen Diskussion einen negativen Einfluss auf die gesellschaftliche Wahrnehmung der Wirtschaft haben kann. Ein Umdenken könnte bei Neuauflagen von Flassbecks Werk stattfinden, wo der Titel vielleicht besser lauten sollte: „Grundlagen einer relevanten Makroökonomik“. Es ist an der Zeit, den Fokus auf diese essenziellen Teile der Volkswirtschaftslehre zu legen, um fundierte politische Entscheidungen treffen zu können.
Die Wichtigkeit, externe Effekte und deren Bedeutung in der aktuellen Wirtschaftspraxis zu erkennen, wird immer klarer. Dieses Buch könnte das dazu nötige Bewusstsein fördern und dazu beitragen, dass auch in Zukunft fundierte wirtschaftspolitische Entscheidungen getroffen werden, die im besten Interesse der Gesellschaft liegen.
Titelbild: Buchcover “Grundlagen einer relevanten Ökonomik” – Westend