In Bremen kämpfen immer mehr Rentnerinnen und Rentner, insbesondere Frauen, mit finanziellen Schwierigkeiten. Sie sind gezwungen, auch im Alter zu arbeiten, um über die Runden zu kommen. Ein schockierendes Beispiel hierfür ist das Schicksal der 72-jährigen Helga Kerr, deren Lebenssituation die Alarmglocken läuten lässt, wenn es um das Thema Altersarmut geht.
Die Realität der Altersarmut in Bremen
In Bremen liegt die Durchschnittsrente bei etwa 1.600 Euro, doch viele Senioren müssen mit deutlich weniger auskommen. Helga Kerr erhält monatlich nur rund 900 Euro Rente. Um ihre Lebenshaltungskosten zu decken, arbeitet sie als Briefzustellerin, was ihr 25 Stunden pro Woche abverlangt. Eine bittere Realität, die sie nicht erwartet hatte: „Eigentlich wollte ich mich auf den Ruhestand freuen, doch jetzt bleibe ich im Job, um meine Rechnungen bezahlen zu können,“ erzählt Kerr.
Finanzielle Herausforderungen und staatliche Unterstützung
Kerr lebt in einer kleinen Wohnung in Arbergen, wo sie 520 Euro für ihre 50 Quadratmeter große Unterkunft zahlt. Sie spart, wo es nur geht, um finanziell über die Runden zu kommen. Eine Unterstützung, die beim im Familienzentrum Mobile in Bremen Hemelingen angeboten wird, hilft vielen Senioren. Dort gibt es preiswerte Mittagessen für nur zwei Euro. Kerr ist dankbar für diese Möglichkeit, um ihre Ausgaben zu senken.
Hohe Dunkelziffer der Betroffenen
Die Lage von Helga Kerr ist kein Einzelfall. Einer aktuellen Statistik zufolge ist der Anteil der Senioren zwischen 65 und 69 Jahren, die trotz Rente arbeiten, von 11 Prozent im Jahr 2012 auf 19 Prozent im Jahr 2022 gestiegen. Symptome wie Schamgefühl und Unwissenheit stehen vielen Rentnern im Weg, die notwendige staatliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Sozialsenatorin Claudia Schilling (SPD) berichtet von einer Dunkelziffer, die eventuell noch höher ist, weil sich viele Senioren nicht trauen, zum Amt zu gehen.
Die Löhne und hoheitlichen Stellen als Ursachen
Laut der Soziologin Simone Scherger von der Universität Bremen sind es häufig unterbrochene Erwerbsbiographien und schlecht bezahlte Jobs, die bei Frauen zur Altersarmut führen. Diese Realität wird durch ein wachsendes Niedriglohnsegment verstärkt. Christine Henke, die Geschäftsführerin des Sozialverbands VDK Bremen, berichtet von vielen verärgerten Menschen, die trotz jahrelanger harter Arbeit erniedrigende Rentenbezüge erhalten.
Ein Lichtblick im Dunkel
Für Helga Kerr gibt es allerdings auch einen positiven Wendepunkt in ihrem Leben: Sie hat vor wenigen Monaten geheiratet. Ihr Partner, Klaus Heinisch, erläutert, dass ihre Ehe nicht nur aus Liebe entstanden ist, sondern auch aufgrund der finanziellen Vorteile. „Unsere Renten ergänzen sich und erleichtern unser Leben,“ äußert Heinisch. Kerr fühlt sich durch die Heiratsentscheidung finanziell abgesichert und hat trotzdem beschlossen, weiterhin ihrer Tätigkeit als Briefzustellerin nachzugehen.
Hoffnung für die Zukunft
Helga Kerrs Geschichte ist somit ein Spiegelbild der wachsenden Problematik der Altersarmut in Deutschland. Es ist offensichtlich, dass die Gesellschaft und die Politik dringend Lösungen finden müssen, um Rentnerinnen und Rentnern ein würdevolles Leben zu ermöglichen. Das Schicksal von Kerr sollte als Anstoß dienen, das Thema Altersarmut intensiver zu behandeln und auf strukturelle Veränderungen hinzuarbeiten, die langfristig zu einer besseren finanzielle Absicherung aller Senioren führen.
Quelle: buten un binnen
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 9. August 2024, 19:30 Uhr