Die gesellschaftliche Bedeutung von Kirchenbauten
Kirchen sind weit mehr als nur Orte des Gottesdienstes. Sie tragen eine kulturelle und historische Verantwortung, die nicht nur Mitglieder der Religion betrifft. Angesichts der sinkenden Mitgliederzahl in den deutschen Kirchen und der damit einhergehenden Schließungen stellt die Initiative Kirchenmanifest kreative Nutzungsmöglichkeiten für diese Gebäude in den Vordergrund. Die Mit-Initiatorin Karin Berkemann, Diplomtheologin und Kunsthistorikerin, spricht im Interview über die Idee, Kirchen als Gemeingüter zu betrachten und welchen Wert dies für die Gesellschaft hat.
Call-to-Action und Engagement in der Gesellschaft
Mehr als 18.000 Menschen haben bereits die Petition Kirchenmanifest – Kirchen sind Gemeingüter unterzeichnet. Die Initiative, die aus einem Zusammenschluss von Baukulturexperten, Architekten, Kunsthistorikern und Denkmalschützern besteht, kritisiert die aktuelle Praxis vieler Kirchen, leerstehende Gebäude zu verkaufen oder abzureißen. Stattdessen wird gefordert, diese Räume für die Gesellschaft zurückzugewinnen und sie als Orte der gemeinsamen Kultur und Begegnung zu nutzen.
Die Vielfalt der Möglichkeiten
Karin Berkemann erläutert, dass Kirchenräume unterschiedlichste Funktionen erfüllen können. Sie bieten nicht nur religiöse Zeremonien, sondern auch Raum für Kunst, Kultur und Diskurs. Menschen, die mit der Kirche nicht viel anfangen können, finden dort einen Ort für gesellschaftliches Engagement und kreative Ideen. Die Herausforderung liegt daher nicht nur in der Erhaltung der Gebäude, sondern auch in der Frage, wie diese für ein breiteres Publikum geöffnet werden können.
Ökologische und ökonomische Überlegungen
Ein weiterer Punkt, den Berkemann anspricht, ist die Nachhaltigkeit der Umnutzung. Oft wird der Abriss und Neubau in Betracht gezogen, ein Schritt, der aus ökologischer Sicht nicht sinnvoll ist. Der Umbau bestehender Kirchengebäude schont Ressourcen und kann langfristig kostengünstiger sein. Diese Perspektive lässt sich auch auf die aktuelle Diskussion um städtische Raumplanung übertragen, in der das Bewusstsein für nachhaltige Lösungen stetig wächst.
Kreative Beispiele in der Praxis
In Städten wie Berlin und Brandenburg zeigen bereits einige Initiativen, wie Kirchen erfolgreich umgenutzt werden können. Von Kindermuseen bis hin zu Co-Working-Spaces sind zahlreiche kreative Projekte verwirklicht worden. Berkemann betont die Notwendigkeit einer gemeinsamen Strategie, die es Gemeinden ermöglicht, nicht isoliert zu denken, sondern die Potentiale der Kirchenlandschaft in ihrer Gesamtheit zu nutzen.
Anliegen der Initiative und der Weg nach vorn
Obwohl die Initiative überwiegend von Personen des Denkmalschutzes, der Theologie und Kunstgeschichte unterstützt wird, ist das Feedback der Kirchenleitungen weiterhin wichtig. Der Dialog ist längst nicht abgeschlossen, doch bereits jetzt zeigen sich erste Erfolge. Die Kirchen tun gut daran, dieses Anliegen ernst zu nehmen und mit der Gesellschaft zusammenzuarbeiten, um gemeinsam Lösungen zu finden.
Ein Schlusswort der Hoffnung
Berkemann bringt ihre Leidenschaft für die Kirchenlandschaft und den Wunsch, diese für zukünftige Generationen zu bewahren, klar zum Ausdruck. Sie hofft, dass die Initiative nicht nur ein Umdenken innerhalb der Kirche bewirken kann, sondern auch das Bewusstsein in der Gesellschaft für den Wert dieser historischen Orte stärkt. Die Zukunft der Kirchen ist nicht nur eine Frage des Glaubens, sondern auch eine Herausforderung für alle.
Das Interview wurde von Ursula Voßhenrich für rbb24 Inforadio geführt. Eine vollständige Fassung des Gesprächs ist im Audio-Player verfügbar.