Trier (dpa) – In Trier arbeiten Forscher an einem ehrgeizigen Projekt, das einen bedeutenden Beitrag zur Erforschung der Handelsrouten der römischen Kaiserzeit leisten könnte. Der Althistoriker Christoph Schäfer und sein Team haben eine digitale Plattform entwickelt, die die Seerouten antiker Handelsschiffe simuliert. Dies geschieht im Rahmen eines innovativen digitalen interaktiven maritimen Atlas, der in Kürze veröffentlicht werden soll.
Ein Schritt in die digitale Zukunft
Die Bedeutung des Projektes geht über die bloße Rückschau auf die Vergangenheit hinaus. Mit der Veröffentlichung des digitalen Atlas wird es möglich sein, die Seerouten der «Bissula», eines speziell für dieses Projekt nachgebauten römischen Schiffes, unter realistischen Bedingungen zu erkunden und zu verstehen. Christoph Schäfer spricht von einem „Quantensprung“ in der maritimen Forschung, da historische Handelsrouten nicht nur theoretisch erfasst, sondern in realistischen Szenarien visualisiert werden.
Testfahrten im Mittelmeer als Grundlage
Die Erhebung der notwendigen Daten erfolgte ausgiebig durch Testfahrten mit der originalgetreu nachgebauten «Bissula» in der malerischen Bucht von Cannes. Dabei konnte das Team nicht nur die Stabilität des Schiffes unter verschiedenen Wetterbedingungen überprüfen, sondern auch wichtige Erkenntnisse über dessen Fahrverhalten gewinnen. Hierbei zeigte sich, dass das Schiff auch bei hohem Wellengang erstaunlich stabil blieb.
Die Hintergründe der antiken Seefahrt
Schäfer erklärt, dass die Simulationen eine realistische Einschätzung der Fahrzeiten zur Zeit des römischen Imperiums ermöglichen. Beispielsweise konnte nachgewiesen werden, dass eine Reise von Karthago nach Rom in etwa drei Tagen möglich war, während die Fahrt von Rom nach Alexandria rund neun bis zehn Tage in Anspruch nahm. Dies sind entscheidende Informationen für das Verständnis der wirtschaftlichen und kulturellen Verbindungen des antiken Mittelmeerraums, in dem Güter wie Getreide und Olivenöl transportiert wurden.
Langfristige Forschungsziele und das Erbe der Seefahrt
Das Projekt hat jedoch eine viel größere Vision. Schäfer plant, weitere Schiffstypen in den digitalen Atlas zu integrieren, um ein umfassenderes Bild des römischen Seeverkehrs zu zeichnen. Hierbei wird auf innovative Modelle zurückgegriffen, die nicht im Maßstab 1:1, sondern 1:3 nachgebaut werden. Ein solches Modell der «Bissula» wurde bereits konstruiert, um Unterschiede in den Messdaten zu erfassen und zu analysieren.
Wissenschaft und Öffentlichkeit im Dialog
Der digitale Atlas soll nicht nur Akademikern, sondern auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dies könnte dazu beitragen, das Bewusstsein für die antike Geschichte und die Bedeutung des Handels im Mittelmeer zu fördern. Durch die detaillierte Dokumentation und Simulation der Seerouten bekommen wir einen tieferen Einblick in die Lebensweise und die wirtschaftlichen Strukturen der Römer.
Die Universität Trier sieht in diesem Langzeitprojekt, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft bis voraussichtlich 2030, eine wertvolle Möglichkeit, das Wissen über die maritime Kultur und die Handelspraktiken der Antike zu erweitern. Mit den neu gewonnenen Erkenntnissen können sowohl Wissenschaftler als auch interessierte Laien ein besseres Verständnis für die komplexen Handelsnetzwerke der Römer entwickeln.