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Aufschieberitis am Beispiel: Wie Optimismus uns zum Handeln motiviert

In Köln wurde herausgefunden, dass Prokrastination, die häufige Neigung, Aufgaben aufzuschieben, durch Zukunftssorgen begünstigt wird, was nicht nur persönliche Herausforderungen birgt, sondern auch gesellschaftliche Konsequenzen haben kann, und das neue Buch der Bestsellerautorin Nicole Staudinger bietet Einblicke und Lösungen zu diesem drängenden Thema.

Köln (ots)

In der heutigen Gesellschaft ist die Neigung zur Prokrastination weit verbreitet und betrifft eine Vielzahl von Menschen. Ob als „Aufschieberitis“ bekannt oder unter dem wissenschaftlicheren Begriff „Prokrastination“ geführt, es beschreibt die Tendenz, unangenehme Aufgaben immer wieder aufzuschieben. Eine Umfrage der Universität Münster zeigt alarmierende Zahlen: Lediglich 2 % der Befragten gaben an, dass ihnen dieses Phänomen unbekannt sei. Trotz der vielen Strategien, die es gibt, um die lästigen To-Do-Listen zu meistern, bleibt das Problem bestehen.

Eine aktuelle Studie aus Japan beleuchtet die Verbindungen zwischen Zukunftssorgen und der Neigung zur Prokrastination. Die Forscherin Kashiwakura stellt fest, dass Menschen, die optimistisch in die Zukunft blicken, seltener zur Aufschieberitis neigen. Ihrer Meinung nach ist es entscheidend, bereits Kindern Techniken zur Überwindung von Prokrastination zu vermitteln. Das Besondere daran: Kashiwakura gibt offen zu, selbst von Aufschieberitis betroffen zu sein. Ihre Forschungsergebnisse rahmen die Notwendigkeit ein, proaktive Strategien zu entwickeln, um diesem Problem entgegenzuwirken.

Ein persönlicher Blick auf Prokrastination

Die Bestsellerautorin Nicole Staudinger greift in ihrem neuen Buch „Bin fast fertig, muss nur noch anfangen“ das Thema Prokrastination auf und bietet persönliche Einblicke in ihre Erfahrungen. Sie beschreibt Prokrastination nicht nur als ein gelenktes Verhalten, sondern auch als einen Zustand, der über reine „Muss-Aufgaben“ hinausgeht. „Ich schiebe viele Dinge, die ich als unangenehm empfinde, vor mir her. Das ist nachvollziehbar, doch was ist mit dem, was ich eigentlich umsetzen möchte?“ fragt sie rhetorisch.

Staudinger differenziert zwischen zwei Arten der Aufschieberei: zum einen gibt es die Aufgaben, die wir tatsächlich als unangenehm empfinden, und zum anderen die, die uns effizienter zu einem positiven Lebensziel führen könnten. „Das Bewusstsein für technische Lösungen ist nicht genug. Es ist der innere Antrieb, der uns dazu motivieren sollte, den ersten Schritt zu wagen“, fügt sie hinzu und schärft damit den Blick auf die psychologischen Aspekte des Aufschiebens.

Wie unsere innere Einstellung unser Handeln beeinflusst, wird von Staudinger klar hervorgehoben. „Wenn wir wissen, was zu tun ist, und alle Voraussetzungen dafür gegeben sind, dann liegt der Grund meist tiefer – oft ist es die Einstellung, die uns zurückhält“, erklärt sie. Das greift die Thematik umfassend auf, indem sie sich sowohl auf persönliche als auch wissenschaftliche Ansätze stützt.

Gesellschaftliche Relevanz

Das Thema gehört in der gegenwärtigen Zeit zu den angesagtesten Diskussionen. Wie Staudinger feststellt: „Auf lange Sicht macht es unglücklich, kontinuierlich Dinge zu hinterlassen – das kann vor allem belastend sein. Das wirkt sich nicht nur auf das persönliche Wohlbefinden aus, sondern auch auf Beziehungen und berufliche Rollen.“ Die gesellschaftliche Dimension wird immer deutlicher: Indem wir unsere Wünsche und Ziele nicht in die Realität umsetzen, entfernen wir uns von dem Leben, das wir eigentlich anstreben. Dies kann nicht nur zu persönlichem Unwohlsein führen, sondern auch zu einer kollektiven Krise, die das Gesamtbild einer Gemeinschaft beeinträchtigt.

Staudinger gibt uns mit ihrem Buch und ihrer Sichtweise einen Anstoß, anders über Aufschieben nachzudenken. Die Leser werden ermutigt, sich der Problematik aktiv zu stellen und eine Haltung der positiven Veränderung zu kultivieren. Ihre Thesen stellen nicht nur in Frage, wie wir mit Aufgaben umgehen, sondern laden uns ein, den Kern der Thematik zu erfassen: Es ist die Art und Weise, wie wir über uns selbst und unsere Zukunft denken, die uns in Aktion oder Untätigkeit versetzt.

Das Buch „Bin fast fertig, muss nur noch anfangen“ kommt am 02. September 2024 in die Buchhandlungen und bietet anschließend eine wertvolle Perspektive auf die Herausforderung der Prokrastination. Eine Einladung, die eigene Haltung zu hinterfragen und vielleicht den ersten Schritt in eine aktivere Zukunft zu wagen.

Die Psychologie der Prokrastination

Prokrastination ist ein komplexes Phänomen, das nicht nur zeitliche Verzögerungen beim Erledigen von Aufgaben beinhaltet, sondern auch tiefere psychologische Aspekte beleuchtet. Ein wichtiger Faktor ist die emotionale Regulation. Studien zeigen, dass viele Menschen Aufgaben, die als unangenehm oder überwältigend empfunden werden, aufschieben, um negative Emotionen zu vermeiden. Laut einer Untersuchung der Universität von Colorado haben Menschen, die zu Prokrastination neigen, oft ein höheres Maß an Stress und Angst in Bezug auf ihre Aufgaben. Dies führt zu einem Teufelskreis, in dem das Aufschieben kurzfristig Erleichterung bietet, langfristig jedoch zu noch mehr Stress führt.

Ein weiterer Aspekt ist der Optimismus-Bias, bei dem Menschen glauben, sie könnten die verbleibende Zeit im Vergleich zu anderen besser nutzen. Diese Fehleinschätzung motiviert sie dazu, Aufgaben hinauszuzögern, da sie sich in einer vermeintlichen Kontrolle über ihre Zeit wähnen. Darauf aufbauend haben Forscher der Stanford University herausgefunden, dass die Fähigkeit, sich realistisch einzuschätzen, ein entscheidender Faktor für die Überwindung von Prokrastination ist.

Strategien zur Überwindung von Prokrastination

Es gibt zahlreiche Methoden, um der Aufschieberitis zu begegnen. Eine allgemein anerkannte Technik ist die Pomodoro-Technik, bei der Arbeit in 25-minütigen Intervallen erfolgt, gefolgt von kurzen Pausen. Diese Methode soll helfen, die Konzentration zu steigern und gleichzeitig die Arbeit in überschaubare Abschnitte zu gliedern.

Darüber hinaus können konkrete Zielsetzungen und die Aufteilung großer Aufgaben in kleinere, handhabbare Schritte einen positiven Einfluss auf die Motivation haben. Die Forschungsgruppe der Universität Yale empfiehlt, dass die Visualisierung von Fortschritten, beispielsweise durch das Führen eines Erfolgstagebuchs, den Anreiz zur Abarbeitung von To-Do-Listen erhöhen kann. Durch das Festhalten von Erfolgen können positive Emotionen gefördert werden, die die Neigung zur Prokrastination reduzieren.

Statistiken zur Prokrastination in der Gesellschaft

Laut einer Studie von Piers Steel, Professor für Psychologie an der University of Calgary, sind etwa 15 bis 20 % der Erwachsenen chronische Prokrastinierer. Diese Zahlen spiegeln sich auch in Umfragen wider, wie beispielsweise einer Umfrage des Deutschen Institut für Normung, die ergab, dass 47 % der Befragten angaben, sie schieben Aufgaben regelmäßig auf. Die häufigsten Gründe hierfür sind der Mangel an Zeit, die Angst vor negativem Feedback und eine unzureichende Selbstdisziplin.

Zudem zeigen neuere Umfragen, dass in den letzten Jahren aufgrund von steigenden Arbeitsanforderungen und einem Wandel in den Lebensstilen, wie beispielsweise durch Homeoffice, die Tendenz zur Prokrastination weiter zugenommen hat. Viele Menschen fühlen sich überfordert, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie unwichtige Aufgaben vorziehen oder Freizeitaktivitäten den Vorzug geben, anstatt ihre Pflichten zu erfüllen. Solche Trends verdeutlichen die Notwendigkeit effektiver Bewältigungsstrategien im modernen Alltag.

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