Die Herausforderungen der afghanischen Journalisten im Exil
Die Situation für viele Journalisten in Afghanistan hat sich seit der Rückkehr der Taliban im August 2021 dramatisch verschlechtert. Das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan (BAP), ins Leben gerufen, um gefährdeten Medienschaffenden zu helfen, hat bisher nur wenigen von ihnen die ersehnte Sicherheit in Deutschland bieten können. Lediglich sechs Journalistinnen und Journalisten konnten bislang von den versprochenen 1.000 monatlichen Aufnahmeplätzen profitieren, die die Bundesregierung im Koalitionsvertrag zugesichert hatte.
Ein Schicksal unter der Taliban-Herrschaft
Die afghanische Journalistin Nilab, die aus Sicherheitsgründen anonym bleibt, erinnert sich lebhaft an den verhängnisvollen Tag, als die Taliban Kabul einnahmen. „Wir alle waren entsetzt und wussten, dass dies das Ende für uns ist, insbesondere für die Frauen im Land“, berichtet sie. Ihre Geschichte ist ein eindrückliches Beispiel dafür, wie gefährlich die Arbeit als Journalistin in Afghanistan geworden ist. Die Bedrohungen durch die Taliban sind allgegenwärtig, und sie stehen nicht nur in ihrer Rolle als Medienschaffende, sondern auch als Frauen im Fadenkreuz der Repression.
Ernüchternde Bilanz des Bundesaufnahmeprogramms
Der Bericht von Reporter ohne Grenzen (RSF) zieht eine ernüchternde Bilanz des BAP. Mit insgesamt nur 540 angekommenen Personen steht das Programm in krassem Gegensatz zu den Worten der Regierungsverantwortlichen, die 1.000 sichere Aufenthalte pro Monat in Aussicht stellten. Die jüngsten Haushaltsentwürfe für 2025 lassen zudem befürchten, dass die Finanzierung des Programms wegfallen könnte, was für viele Journalisten in Afghanistan katastrophale Folgen hätte.
Ein Zeichen der Hoffnung oder ein gescheiterter Plan?
Die Hoffnung, mit dem BAP einen Schutzraum zu schaffen, schwinden. Nilab beschreibt das Programm als „bemerkenswert“, trotz der Schwierigkeiten und Verzögerungen. Allerdings bleibt die Frage, ob ihre Hoffnungen auf eine sichere Zukunft in Deutschland berechtigt sind. Für viele Journalistinnen und Journalisten in Afghanistan, die bereits Anträge eingereicht haben, könnte das drohende Aus des Programms bedeuten, dass sie schutzlos zurückgelassen werden.
Die Stimme der Hilfsorganisationen
RSF kritisiert, dass das BAP in der Praxis hinter den Erwartungen zurückbleibt. Die Organisation fordert klare Maßnahmen der Bundesregierung, um die Situation der afghanischen Journalistinnen und Journalisten zu verbessern. Anja Osterhaus, Geschäftsführerin von RSF, betont: „Ein ungeordnetes Ende des Bundesaufnahmeprogramms würde tausende gefährdete Personen in Afghanistan endgültig ihrem Schicksal überlassen.“ Die Bundesregierung steht in der Pflicht, ihre Versprechen einzuhalten und Ressourcen bereitzustellen, um gefährdeten Afghanen zu helfen.
Ein gemeinsames Schicksal mit internationaler Dimension
Die Herausforderungen, vor denen afghanische Journalisten stehen, sind nicht nur ein nationales, sondern auch ein globales Problem. Afghanistan ist auf Platz 178 von 180 Staaten in der Rangliste der Pressefreiheit gefallen, was auf die schwierigen Bedingungen hinweist, unter denen Medienschaffende vor Ort arbeiten müssen. Das Schicksal von Nilab und anderen zeigt, wie dringend Schutzmaßnahmen und schnelle Lösungen erforderlich sind, um gefährdeten Journalistinnen und Journalisten ein Überleben zu ermöglichen.
Der Appell ans Gewissen der Politik
Der Fall von Hamed, der es geschafft hat, nach Deutschland zu gehen, steht gleichzeitig stellvertretend für viele andere, die noch in Afghanistan verblieben sind. Seine Botschaft ist klar: „Ich möchte in einem Medium in Deutschland arbeiten und diesem Land als Journalist dienen.“ Während viele auf eine Lösung warten, bleibt zu hoffen, dass die politischen Entscheidungsträger die richtigen Weichenstellungen vornehmen, um Leben zu retten.