Das Thema Obdachlosigkeit ist ein drängendes gesellschaftliches Problem in Deutschland. In den letzten Jahren haben sich verschiedene Ansätze zur Unterstützung von wohnungslosen Menschen etabliert, die häufig unter psychischen Belastungen und sozialer Isolation leiden. Ein besonders vielversprechendes Modell ist das „Housing First“-Projekt, das in Rheinland-Pfalz an mehreren Standorten gestartet ist und nun weitere Unterstützung erhält.
Erfolgreiche Integration von Obdachlosen
In Koblenz, im Westerwaldkreis und in Landau hat das rheinland-pfälzische Sozialministerium im Jahr 2023 drei Projekte ins Leben gerufen, um obdachlosen Menschen neue Perspektiven zu bieten. Bisher haben 26 ehemals wohnungslose Personen von dem Modell profitiert und können nun in einer eigenen Wohnung leben. Dieses Konzept folgt einem innovativen Ansatz: Im Gegensatz zu bisherigen Modellen, bei denen Betroffene erst nachweisen müssen, dass sie beispielsweise an einer Therapie teilnehmen oder keinen Alkohol konsumieren, erhalten sie zuerst eine Unterkunft. Die anschließende Bewältigung persönlicher Probleme kann dann in einem sicheren Umfeld erfolgen.
Erweiterung des Modells
Das Land Rheinland-Pfalz plant, das erfolgreiche „Housing First“-Projekt auf drei weitere Standorte auszudehnen. Angesichts von 160 neuen Anfragen von Betroffenen, die Unterstützung wünschen, zeigt sich die Notwendigkeit und Wirksamkeit dieser Maßnahmen. Sozialministerin Dörte Schall hebt die positiven Effekte hervor, die das Projekt bereits auf die Lebensqualität der Betroffenen hat. Noch in diesem Jahr sollen die neuen Standorte mit bis zu 75.000 Euro jährlich gefördert werden. Die genauen Standorte stehen jedoch noch nicht fest, da Kommunen und Wohlfahrtsverbände sich bis Mitte September bewerben können.
Hilfe als Schlüssel zur Integration
Die Erfahrungen mit dem „Housing First“-Ansatz zeigen, dass das Bereitstellen von Wohnraum den ersten Schritt zur Integration in die Gesellschaft darstellt. Michael Bungarten von der Arbeiterwohlfahrt in Koblenz beschreibt, wie wichtig es für die Betroffenen ist, einen stabilen Anker im Leben zu haben, um darauf aufbauend weitere Herausforderungen zu meistern. Auch wenn nicht alle Probleme sofort gelöst sind, stellt eine Wohnung oft einen entscheidenden Fortschritt dar.
Internationale Erfolgsbeispiele
Der „Housing First“-Ansatz hat sich auch in anderen Ländern wie Finnland und den USA als wirksam erwiesen. Dort zeigen ähnliche Projekte eine hohe Erfolgsquote bei der Integration wohnungsloser Menschen. Auch im Kreis Neuwied sind Fortschritte zu verzeichnen, wo ein nicht staatlich gefördertes Hilfsangebot der Caritas seit Ende 2021 fünf ehemals wohnungslose Personen in neue Wohnungen gebracht hat. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass das Beenden der Wohnungslosigkeit einen bedeutenden Schritt in Richtung einer stabileren Lebenssituation darstellt.
Voraussetzungen für die Teilhabe
Obdachlosigkeit in Deutschland bleibt oft ein Tabuthema, und die Betroffenen sehen sich gesellschaftlicher Stigmatisierung und Vorurteilen gegenüber. Das „Housing First“-Projekt bietet nicht nur Wohnraum, sondern auch eine Chance auf Teilhabe und Selbstständigkeit. Die Möglichkeit, ohne Vorbedingungen eine Wohnung zu beziehen, ist ein wichtiger Schritt, um den Kreislauf aus Obdachlosigkeit und sozialer Isolation zu durchbrechen.
Insgesamt zeigt das Beispiel aus Rheinland-Pfalz, dass innovative Ansätze im Umgang mit Obdachlosigkeit langfristige positive Veränderungen bewirken können. Die Erweiterung des „Housing First“-Modells könnte möglicherweise vielen weiteren Menschen helfen, aus der Abwärtsspirale der Wohnungslosigkeit auszubrechen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.