Der iranische Regisseur Mohammad Rasoulof, der vor wenigen Monaten nach Deutschland geflüchtet ist, steht im Mittelpunkt des Interesses, da sein Film „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ als deutscher Beitrag für den Oscar für den besten internationalen Film ausgewählt wurde. Diese Nachricht wurde von German Films, der Auslandsvertretung des deutschen Films, in München bekanntgegeben. Rasoulofs Drama hat sich gegen zahlreiche andere Kandidaten durchgesetzt und zeigt das Leben einer Familie im Schatten der politischen Proteste im Iran.
Rasoulofs Werk erzählt die Geschichte von Iman, einem streng gläubigen Vater, der als Ermittler beim Islamischen Revolutionsgericht tätig ist, und seiner Frau Najmeh, die mit ihren Töchtern die Geschehnisse des iranischen Widerstands mitverfolgt. Die Handlung entfaltet sich in einem familiären Rahmen und spiegelt die Risse, die durch die gesellschaftlichen Spannungen im Iran verursacht werden, wider.
Die Hintergründe des Films
„Die Saat des heiligen Feigenbaums“ veranschaulicht die traumatischen Erfahrungen und die Unsicherheit, die eine Familie inmitten politischer Unruhen durchleidet. Der Film, der größtenteils in Deutschland produziert wurde, konnte aufgrund dieser Tatsache für das Land ins Oscarrennen gehen. Die Dreharbeiten fanden heimlich im Iran statt und thematisieren die Proteste, die nach dem Tod der 22-jährigen Kurdin Jina Mahsa Amini im September 2022 ausbrachen. Die filmische Darstellung erlaubt einen tiefen Einblick in die Emotionalität und den Zwiespalt, den die Protagonisten erleben.
In der Jurybegründung wird Rasoulofs Werk als „Psychogramm der auf Gewalt und Paranoia aufgebauten Theokratie des Iran“ beschrieben. Es zeigt auf subtile Weise die innerfamiliären Konflikte, die als Metapher für die gesamtgesellschaftlichen Spannungen im Iran dienen. So wird deutlich, wie die politischen Umstände auch das Leben der Protagonisten beeinflussen und zerrütten.
Ein kritischer Filmemacher mit Vergangenheit
Rasoulof ist im Iran eine umstrittene Figur. Er wurde in der Vergangenheit bereits inhaftiert und erhielt 2020 den Goldenen Bären der Berlinale für seinen Film „Es gibt kein Böses“. Kürzlich wurde er im Iran zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt, was ihn dazu veranlasste, heimlich das Land zu verlassen. Er lebt mittlerweile mehrheitlich in Hamburg. Diese Flucht und seine wechselvolle Geschichte verleihen seinem aktuellen Werk zusätzliche Dramatik und Authentizität.
Bei den Filmfestspielen von Cannes wurde Rasoulof bereits mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet, was seine Relevanz im internationalen Kino unterstreicht. In einer gemeinsamen Erklärung betonten er und die Produzenten des Films die Bedeutung des interkulturellen Austausches: „Dieser Film, der die Geschichte von Unterdrückung, aber auch von Hoffnung und Widerstand erzählt, ist das Ergebnis einer einzigartigen Zusammenarbeit von Menschen unterschiedlichster Lebensrealitäten und Migrationsgeschichten.“
Die Nominierung für den Oscar ist der erste Schritt im Auswahlprozess. Am 17. Dezember 2024 wird eine Shortlist von 15 Filmen bekanntgegeben, aus der dann am 17. Januar 2025 die fünf Nominierungen ausgewählt werden. Die Oscar-Verleihung selbst findet am 2. März 2025 statt. Rasoulofs Film gilt nun als Talismann der Hoffnung, sowohl für die iranische Community als auch für Künstler, die gegen Unterdrückung und für die Freiheit des Ausdrucks kämpfen.
Ein Blick auf die Bedeutung der Künste
Die Wahl von „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ als deutscher Oscar-Beitrag zeigt, wie wichtig Filmkunst als Medium ist, um gesellschaftliche und politische Themen zu thematisieren. Künste können nicht nur unterhalten, sondern auch zum Nachdenken anregen und Diskussionen anstoßen. Rasoulofs Arbeit erweist sich als kraftvoller Ausdruck humanistischer Werte in einem von Repression gekennzeichneten Klima, und sie verdeutlicht die Stärke des kollektiven Widerstands gegen das Unrecht. In einer Zeit, in der die Medien langfristig von Zensur bedroht werden, ist der Erfolg eines solchen Films sowohl eine künstlerische als auch eine politische Aussage.
Die Protestbewegung im Iran, auf die sich Rasoulofs Film bezieht, hat eine lange Geschichte. Auslöser waren die brutalen Widersprüche und die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen, die nach dem Tod von Jina Mahsa Amini im September 2022 ans Licht traten. Amini wurde verhaftet, weil sie angeblich gegen das strenge Kopftuchgesetz verstoßen hatte. Ihr Tod entfachte landesweite Proteste, die Frauen an führender Front bewegten. Die Proteste wurden durch die Repression, den Einsatz von Gewalt durch Sicherheitskräfte und das aufkeimende Bewusstsein der dringenden Notwendigkeit von Reformen verstärkt.
Die Entwicklungen im Iran sind nicht isoliert zu betrachten. Sie spiegeln eine breitere Unzufriedenheit mit dem Regime wider, die sich über Jahre hinweg aufgestaut hat. Frauen, ethnische Minderheiten und die Jugend sind besonders betroffen. Die Protestbewegung zeigt die Entschlossenheit der Menschen, für ihre Rechte und Freiheiten zu kämpfen, und könnte als das bedeutendste politische Ereignis im Iran seit der Islamischen Revolution von 1979 gewertet werden. Dieses historische Datum markierte das Ende der Monarchie und den Beginn einer theologischen Herrschaft, die bis heute andauert.
Bedeutung des Films und dessen Rezeption
„Die Saat des heiligen Feigenbaums“ wird nicht nur in Deutschland, sondern weltweit aufmerksam beobachtet. Rasoulofs Fähigkeit, historische und gegenwärtige Themen durch die Linse persönlicher und familiärer Geschichten zu erkunden, hat das Interesse von Filmkritikern und Akademikern geweckt. Die Jury der Filmfestspiele in Cannes erkannte die Bedeutung seines Werkes, indem sie ihm den Spezialpreis der Jury verlieh. Dies ist ein Beweis dafür, dass filmische Erzählungen auch als Sprachrohr für unterdrückte Stimmen dienen können.
Darüber hinaus hat die internationale Gemeinschaft begonnen, die gesamte Situation im Iran genauer zu betrachten. Die Korruption, der Missbrauch von Macht und die sozialen Ungleichheiten sind alltägliche Themen, die in Rasoulofs Film verarbeitet werden und sich mit den Anliegen der globalen Öffentlichkeit verbinden. Kritiker sehen in solchen Werken einen wichtigen Beitrag zur Diskussion über Menschenrechte und die Notwendigkeit von Reformen, sowohl im Iran als auch weltweit.
Daten und Statistiken zu den Protesten im Iran
Die Protestbewegung im Iran hat in den letzten Jahren einen signifikanten Anstieg der Unterstützung erfahren. Laut Berichten von internationalen Menschenrechtsorganisationen haben sich an den Protesten Millionen von Menschen beteiligt. 2022 wurden über 500 Protestierende während der Demonstrationen getötet, und tausende weitere wurden verhaftet. Diese Zahlen verdeutlichen die Ernsthaftigkeit der Situation und das Risiko, dem sich die Demonstrierenden aussetzen.
Um einen Einblick in das breite Spektrum der Meinungen im Iran zu erhalten, führten mehrere Umfragen unter der iranischen Bevölkerung durch. Eine Umfrage von 2023 zeigte, dass 67 % der Befragten den Sturz des Regimes unterstützen, während 72 % der Frauen angaben, dass sie sich mehr Rechte und Freiheiten wünschen. Die Ergebnisse zeigen einen klaren Wunsch nach Veränderung und einer Aufhebung der repressiven Regimepraktiken, die seit Jahrzehnten vorherrschen.
Diese sozialen Bewegungen und Kunstformen wie Rasoulofs Film tragen dazu bei, das Bewusstsein für die Herausforderungen zu schärfen, mit denen das iranische Volk konfrontiert ist, und sie schaffen eine Grundlage für eine möglicherweise nachhaltige Veränderung. Der internationale Film als Medium kann zur sensibilisierten Wahrnehmung dieser Themen beitragen, indem er die Geschichten der Betroffenen ins Licht rückt.