Am 1. September steht in Thüringen die Neuwahl des Landtags an, eine entscheidende Gelegenheit, um die derzeitige politische Landschaft zu gestalten. Inmitten der Diskussionen um bundespolitische Themen drängt Transparency International Deutschland e.V. die Parteien, sich auch den landespolitischen Herausforderungen zu widmen. Besonders im Fokus steht die Korruptionsprävention, ein Thema, das nicht nur die politische Agenda, sondern auch das Vertrauen der Bürger in die Institutionen betrifft.
Transparency International hat den Parteien, die auf einen Einzug in den Thüringer Landtag hoffen, grundlegende Fragen zur Korruptionsbekämpfung übermittelt. Diese Fragen beziehen sich nicht nur auf die Prävention von Korruption, sondern auch auf die Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Transparenz in der Verwaltung gewährleisten sollen. Die Antworten der verschiedenen Parteien sind ein Indikator dafür, wie ernst sie die Herausforderungen in diesem Bereich nehmen.
Transparenzgesetz als Basis
Thüringen hebt sich von anderen Bundesländern durch sein bereits seit vier Jahren bestehendes Transparenzgesetz ab. Dieses Gesetz regelt die Auskunftsrechte der Bürger und die Informationspflichten der Verwaltung auf Landesebene und soll eine Grundlage schaffen, um auch auf kommunaler Ebene Informationen bereit zu stellen. Der Zugang zu Informationen ist fundamental für die bürgerschaftliche Mitwirkung in der Gesellschaft, der Wirtschaft und der Politik. Ein transparenter Informationsfluss ist nicht nur für das Verständnis politischer Prozesse wichtig, sondern auch für die Verhinderung von Populismus und Korruption.
In diesem Kontext bleibt die Frage, wie gut die Umsetzung dieses Gesetzes in der Praxis funktioniert. Transparency International hat die Parteien gefragt, welche Reformen sie planen, um die Informationen für die Bürger zugänglicher zu machen und wie die kommunale Ebene davon profitieren kann. Die Antworten hierauf reichen von ablehnenden Haltungen bis zu konkreten Vorschlägen zur Verbesserung der bestehenden Gesetzeslage.
Die Unterschiede der Parteistellungen weisen darauf hin, dass das Bewusstsein für Handlungsbedarf variieren könnte. Es gibt Verbesserungsvorschläge, vor allem von Bündnis 90/Die Grünen, die an die Evaluierung des Gesetzes anknüpfen und darauf abzielen, Transparenz in der Verwaltung weiter zu stärken.
Vergabeverfahren und Korruptionsprävention
Ein weiterer kritischer Aspekt ist die Vergabe öffentlicher Aufträge. Jährlich fließen Milliarden Euro in Ausschreibungen, und gerade hier haben Korruption und Intransparenz häufig gravierende Folgen. Die Parteien wurden daher auch zum Thema der Vergaberichtlinien befragt. Wie können diese vereinfacht und transparenter gestaltet werden? Eine zentrale Frage, die im Raum steht, ist die nach der bundesweiten Angleichung von Vergaberegelungen.
In den Antworten zeigen sich unterschiedliche Ansichten. Einige Parteien sprechen sich für eine digitale Transformation der öffentlichen Beschaffungsabwicklung aus, um diese Prozesse zu entbürokratisieren, während andere die Notwendigkeit solcher Reformen in Frage stellen oder abwarten wollen, um Erfahrungen aus bestehenden internen Meldesystemen zu sammeln.
Auch das Monitoring potenzieller Korruptionsrisiken durch datengestützte Methoden wird thematisiert. Parteiablehnungen oder -zustimmungen zu diesem Punkt könnten Aufschluss über den Ernst und die Weitsicht der Parteien in Bezug auf Korruptionsprävention geben.
Ein weiteres zentrales Thema betrifft die Lobbytransparenz. Thüringen zeigt sich im deutschen Vergleich als fortschrittlich, insbesondere durch die 2018 eingeführten Karenzzeitregeln und den gesetzlichen Fußabdruck, der den Einfluss von Lobbyisten dokumentiert. Dennoch hat auch dieser Bereich noch Verbesserungspotenzial. Die Parteien wurden gefragt, wie sie das neu eingeführte Lobbyregister stärken und Vollzugsdefizite angehen wollen. Die Ansätze variieren hier stark und spiegeln die unterschiedlichen politischen Prioritäten wider.
Die Frage der Verhaltensregeln für Abgeordnete und die Offenlegungspflichten hinsichtlich Nebeneinkünften stehen ebenfalls zur Debatte und zeigen, dass Transparenz in der Legislative unerlässlich ist, um Interessenkonflikte zu vermeiden.
Ein weiteres bedeutendes Thema ist der Schutz von Hinweisgebern. Diese sind häufig diejenigen, die Missstände aufdecken, die internen Prüfungsverfahren entgehen. Der rechtliche Rahmen für diesen Schutz hat sich in den letzten Jahren verbessert, doch besteht weiterhin Handlungsbedarf insbesondere in Bezug auf die Schaffung effektiver Meldesysteme. Die Parteien wurden gefragt, wie sie die geplante externe Meldestelle gestalten möchten, und auch hier unterscheiden sich die Ansichten erheblich. Einige haben konkrete Vorschläge zur Verbesserung des Hinweisschutzes, während andere eine Ausweitung bürokratischer Strukturen fürchten.
Die politische Debatte in Thüringen ist aktuell von einer Vielzahl an Facetten geprägt, die die Korruptionsprävention und Transparenz betreffen. Der unaufhörliche Austausch zwischen Bürgern und Politikern wird von zentraler Bedeutung sein, wenn es darum geht, Vertrauen in die Institutionen herzustellen und langfristige Lösungen zu finden. Die Neuwahlen stehen bevor und die Bürger haben die Möglichkeit, ihren Einfluss geltend zu machen, um eine gerechtere und transparentere politische Landschaft zu fördern.