Die Bedeutung von offenen Kirchen in der heutigen Gesellschaft
In einer Zeit, in der extreme Wetterbedingungen zunehmend zum Alltag gehören, stehen viele Gemeinden vor der Herausforderung, geeignete Rückzugsorte anzubieten. Kirchen, die traditionell als Orte der Gemeinschaft und des Gebets fungieren, gewinnen nun eine neue Rolle: Als kühle Rückzugsorte während heißer Sommertage. Diese Entwicklung wird durch das Engagement der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und vieler kommunaler Einrichtungen vorangetrieben.
Kühle Kirchen als Teil von Hitzeschutzplänen
Das Ulmer Münster, die größte evangelische Kirche Deutschlands, bleibt selbst bei Außentemperaturen von über 30 Grad Celsius angenehm kühl. Indem Gemeinden diesem Beispiel folgen, entstehen Hitzeschutzkonzepte, die Kirchen als „Kühle Kirchen“ integrieren. In München kommen 79 katholische Kirchen und kirchliche Einrichtungen in den städtischen Hitzeschutzplan, der im Juni 2023 verabschiedet wurde.
Öffnung für Bedürftige
Gerade für obdachlose oder von Armut betroffene Menschen sind Kirchen von großem Wert, da der Zugang üblicherweise kostenfrei ist. In Städten wie Mannheim erleichtert eine interaktive Online-Karte die Suche nach kühlen Orten, darunter auch evangelische Kirchen wie die Christuskirche. In Karlsruhe haben sich einige evangelische Gemeinden erstmals an der Aktion „#KühleKirchen“ beteiligt. Diese Initiative bietet nicht nur kühlende Räumlichkeiten, sondern auch Trinkwasser und einen Raum zur Ruhe.
Das Engagement der Landeskirchen
Das Konzept der offenen Kirchen wird von verschiedenen Landeskirchen strategisch unterstützt. Insbesondere die Landeskirche Hannover hat das Projekt „verlässlich geöffnete Kirchen“ ins Leben gerufen. Kirchen, die diesem Konzept folgen, kennzeichnen sich durch ein stilisiertes, weißes Kirchensymbol in einer blauen Raute an der Außenmauer. Eine Online-Karte macht es leicht, diese Kirchen in Niedersachsen zu finden.
Gemeinschaft und Gastfreundschaft im Mittelpunkt
Um den Bedürfnissen der Kirchenbesucher gerecht zu werden, wird betont, dass ein freundlicher und einladender Umgang entscheidend ist. Beate Strecher, Pastorin und Referentin für „Kirche im Tourismus“ der hannoverschen Landeskirche, hebt hervor, dass es nicht nur um Sicherheit und Versicherung geht, sondern auch um die Gastfreundschaft gegenüber den Besuchern. „Ein liebevoller Blick auf die Besucher ist entscheidend. Eine Flasche Mineralwasser im Foyer kann bereits einen großen Unterschied machen“, so Strecher.
Offene Kirchen als sichere Räume
Obwohl lediglich in etwa einem Viertel der Kirchen Ehrenamtliche oder Hauptamtliche anwesend sind, ist die Sicherheit in offenen Kirchen höher als oft angenommen. „In der Regel passiert nichts, wenn die Kirchen offen sind“, merkt Strecher an. Vandalismus und Diebstahl treten eher in geschlossenen Kirchen auf, da diese oft unzugänglich für die Öffentlichkeit sind.
Fazit: Eine neue Rolle für Kirchen
Die Initiative, Kirchen als offene und kühle Rückzugsorte zu gestalten, hat nicht nur praktische Vorteile, sondern fördert auch das Gemeinschaftsgefühl in Zeiten extremer Temperaturen. Der Einsatz der Kirche als sozialer Ort, der jederzeit zugänglich ist, könnte eine wichtige Rolle dabei spielen, Menschen in schwierigen Lebenslagen Unterstützung und Orientierung zu bieten. Auch wenn nicht jede Kirche dafür geeignet ist, bleibt der Gedanke, dass Schutzräume in unserer Gesellschaft unerlässlich sind, so relevant wie nie zuvor.