In den letzten Wochen häuften sich in Deutschland die Berichte über tödliche und verletzende Messerangriffe. Die besorgniserregenden Vorfälle in Solingen, Moers, Recklinghausen und Siegen werfen ein grelles Licht auf die zunehmende Gefahr, die von Messern als Waffen ausgeht. Laut Polizeistatistik gab es im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen (NRW) 3.536 Messerangriffe im öffentlichen Raum, ein alarmierender Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren.
Die Polizei NRW warnt eindringlich vor den Gefahren, die selbst kleine Messer darstellen können. „Schwere Verletzungen oder im schlimmsten Fall tödliche Folgen sind nicht auszuschließen“, betont die Polizei. Besonders die Möglichkeit, dass Schnitt- oder Stichverletzungen schnell lebensbedrohlich werden, weißt auf das Potenzial der Waffen hin, die oft spontan und ohne Vorwarnung eingesetzt werden.
Empfehlungen der Polizei für den Ernstfall
Um sich in einer solch bedrohlichen Situation zu schützen, gibt die Polizei NRW wichtige Hinweise. Der erste und wichtigste Rat lautet: fliehen Sie, gehen Sie keinesfalls in die Konfrontation. Im Ernstfall sollten Betroffene so schnell wie möglich den Notruf 110 wählen. Zeugen wird geraten, sich nicht in Gefahr zu bringen, Abstand zu halten und ebenfalls den Notruf zu verständigen. Schnelle Hilfe kann in solchen kritischen Momenten lebenswichtig sein.
Angesichts der Unvorhersehbarkeit solcher Übergriffe, bei denen oft psychisch erkrankte Täter wahllos zuschlagen, ist der Polizistengewerkschaft zufolge jede Form der Selbstverteidigung riskant. Ein vertrauter Ort oder eine belebte Umgebung bieten oft keinen Schutz, da Angreifer ihre Opfer erst aussuchen und dann blitzschnell handeln.
Ein gängiger doch falscher Glaube ist, dass das Mitführen von Waffen oder Pfefferspray ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Die Polizeiliche Kriminalprävention warnt, dass solche „Sicherheitsmittel“ die Risikobereitschaft erhöhen und die Gefahr einer Eskalation steigern können. Insbesondere besteht die Möglichkeit, dass Angreifer die Waffen gegen die Träger selbst verwenden.
Tipps von einem Kampfsportexperten
Thommy Luke Böhlig, ein erfahrener Kampfkunsttrainer aus Langenfeld, spricht sich ebenfalls für die Flucht als beste Option aus. In seinen Kursen lehrt er nicht nur Techniken zur Selbstverteidigung, sondern schult auch Fachkräfte wie Polizisten und Mitarbeiter der Ordnungsämter. „Das Ziel ist es immer, sich sicher und schnell aus der Gefahrenzone zu entfernen“, sagt Böhlig. Sollte Flucht nicht sofort möglich sein, empfiehlt er, Gegenstände oder Hindernisse zwischen sich und den Angreifer zu bringen.
Die Fähigkeit, Ruhe zu bewahren, ist ebenfalls entscheidend. „Emotionen unter Kontrolle zu halten, kann den Unterschied ausmachen“, erklärt Böhlig. Panik könnte eine angespannte Situation nur noch verschärfen. Er rät zudem zur verbalen Deeskalation – ruhig und respektvoll mit dem Angreifer zu kommunizieren, kann die Lage möglicherweise entspannen.
Körperliche Auseinandersetzungen stellt der Lehrer als letzten Ausweg dar, auch für Profis ist das Risiko dabei hoch, dass sie die Situation nicht unbeschadet überstehen. In einer angespannten Lage könne jedoch auch eine Verwirrungstaktik helfen, etwa durch unerwartete, absurden Äußerungen, die dem Angreifer Zeit verschaffen könnten, um zu fliehen.
Ein Beispiel aus sozialen Medien zeigt, dass die Polizei Berlin in einem Beitrag empfiehlt, im Falle eines Angriffs durch unerwartetes Verhalten wie Singen den Angreifer aus der Fassung zu bringen. Solche Ratschläge können in ihrer Auslegung jedoch leicht missverstanden werden und sollten mit Vorsicht betrachtet werden.