München (dpa) – Mohammad Rasoulof, der iranische Filmemacher, der vor wenigen Monaten aus seiner Heimat nach Deutschland geflohen ist, hat nun die Möglichkeit, für Deutschland den Oscar zu gewinnen. Mit seinem Film «Die Saat des heiligen Feigenbaums», der die politischen Proteste in seinem Heimatland behandelt, tritt er in der Kategorie für den besten internationalen Film an. Diese Nachricht kommt von German Films, der Vertretung des deutschen Films im Ausland, die in München mitteilte, dass Rasoulof sich gegen viele andere Bewerber durchgesetzt hat.
Seiner Rückkehr nach Deutschland ging eine besorgniserregende Zeit voraus. Rasoulof wurde in seiner Heimat mehrfach inhaftiert und hat vor kurzem eine mehrjährige Gefängnisstrafe erhalten, was seine Flucht grundlegend notwendig gemacht hat. Sein Filmbazal ist nicht nur kunstvoll gestaltet, sondern auch tief emotional, da er die Spannungen innerhalb einer iranischen Familie thematisiert, die als Spiegel der gesellschaftlichen Unruhen im Iran fungiert.
Kunst und interkulturelle Zusammenarbeit
Der Film zeigt die verzweifelten Versuche einer Familie, inmitten von Repression und politischen Unruhen zu überleben. Die Geschichte dreht sich um einen gläubigen Vater, der eng mit dem Regime verbunden ist, und seine beiden jugendlichen Töchter, die die Proteste aktiv unterstützen. Rasoulof und seine Produzenten betonen die Bedeutung des interkulturellen Austauschs und die Kraft des Films, um verschiedene Lebensrealitäten zusammenzubringen. Der Produzent Mani Tilgner erklärte: «Ich bin sehr froh, dass die Jury das gewagt hat anzuerkennen, dass es Menschen gibt mit Migrationsgeschichte, die sich hier auch zuhause fühlen.»
„Die Saat des heiligen Feigenbaums“ wurde mit viel Bedacht produziert und ist hauptsächlich in Deutschland entstanden, was es Rasoulof ermöglicht, für das Land ins Rennen zu gehen. Die Jury bezeichnete den Film als «subtiles Psychogramm» eines Systems, das von Gewalt und Angst geprägt ist, und lobte die tiefgründige Darstellung der Risse innerhalb einer einzelnen Familie, die eine breitere gesellschaftliche Analyse verdeutlichen.
Der Weg zum Oscar: Herausforderungen und Chancen
Die Vorbereitung auf die Oscar-Nominierung ist eine spannende, aber auch herausfordernde Reise. Am 17. Dezember 2024 wird die Shortlist für die Kategorie des besten internationalen Films bekannt gegeben, aus der am 17. Januar 2025 die endgültigen fünf Nominierten ausgewählt werden. Mit der Oscar-Verleihung, die am 2. März 2025 stattfinden wird, könnte Rasoulof die internationale Anerkennung erhalten, die er für sein mutiges und bedeutendes Werk verdient. Die Anzeichen stehen für den deutschen Film im Allgemeinen gut, nachdem er in den letzten Jahren zunehmend an Sichtbarkeit und Erfolg gewonnen hat.
Vor einem Jahr wurde der deutsche Beitrag «Das Lehrerzimmer» ins Rennen geschickt, schaffte es jedoch nicht, einen Oscar zu gewinnen. Stattdessen unterlag das Werk einer britischen Produktion. Im Gegensatz dazu konnte «Im Westen nichts Neues» bei den Oscars 2023 gleich vier Auszeichnungen gewinnen, darunter die für den besten internationalen Film. Rasoulof hat großen Druck und Erwartungen, nachdem die deutsche Filmindustrie eine Welle von Erfolgen erlebt hat.
Ein Blick auf die Vergangenheit und die Zukunft
Die Geschichte des deutschen Films bei den Oscars ist von Höhen und Tiefen geprägt. Bislang konnten nur vier deutsche Produktionen den Oscar für den besten internationalen Film gewinnen, was Rasoulofs Anstrengungen umso bedeutungsvoller macht. Mit seinem künstlerischen Ansatz und der Erzählung, die sowohl die persönliche als auch die politische Dimension anspricht, hat Rasoulof die Chance, Geschichte zu schreiben.
Die Emotionen rund um die Premiere seines Films spiegeln die Realität wider. Bei der Cannes-Premiere erhielt der Regisseur über zwölf Minuten lang stehende Ovationen, und die Zuschauer waren sichtlich bewegt von der kraftvollen Darbietung seiner Geschichte. Die Begeisterung, die er von internationalen Zuschauern erntete, ist ein weiterer Beweis für die Relevanz seiner Arbeit und den universalen Appell von Geschichten, die von Widerstand und Hoffnung im Angesicht von Unterdrückung handeln.
Der soziale und politische Kontext des Films
Der iranische Film «Die Saat des heiligen Feigenbaums» spiegelt die komplexe soziale und politische Lage im Iran wider, insbesondere im Kontext der Proteste, die durch den Tod von Jina Mahsa Amini ausgelöst wurden. Dieser Vorfall im September 2022 erregte weltweite Aufmerksamkeit und führte zu massiven Protesten gegen das Regime, die sich gegen die strikten Vorschriften des Staates, insbesondere im Hinblick auf Frauenrechte, richteten. Frauen forderten mehr Freiheiten und Gleichberechtigung, was viele Menschen im Iran zur Teilnahme an den Protesten motivierte. Diese Ereignisse sind nicht nur ein bedeutendes Kapitel in der jüngeren Geschichte des Iran, sondern auch ein starkes Thema im Film.
Die Darstellung der Spannungen innerhalb der Familie im Film verdeutlicht, wie diese gesellschaftlichen Umbrüche das alltägliche Leben der Menschen betreffen. Während der Vater sich dem repressiven System unterordnet, sympathisieren die Töchter mit den Freiheitsbewegungen. Diese Dynamik spiegelt die Realität vieler iranischer Familien wider, die zwischen Tradition und Moderne, sowie zwischen Anpassung und Widerstand stehen. Najeriya Riot, ein bekanntes Menschenrechtszentrum, hat in Berichten betont, dass die Fahnen der Protestbewegungen sich zunehmend in den Alltag der Zivilbevölkerung wandten, was auch in Rasoulofs Werk eindrucksvoll dokumentiert wird.
Preisgekrönte Karriere des Regisseurs
Mohammad Rasoulof ist seit vielen Jahren eine einflussreiche Stimme in der internationalen Filmszene und hat sich immer wieder für die Rechte des iranischen Volkes eingesetzt. Seine Filme sind durchweg von sozialer und politischer Relevanz geprägt. «Es gibt kein Böses», der mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde, beschäftigt sich mit dem Thema Todesstrafe im Iran und wurde aufgrund seiner gesellschaftskritischen Inhalte international diskutiert. Daher überrascht es nicht, dass er im Iran mit Zensur und Verhaftungen konfrontiert wurde. Trotz dieser Widrigkeiten hat er seinen künstlerischen Ausdruck nie aufgegeben.
Rasoulofs Fähigkeit, emotionale und drängende gesellschaftliche Themen filmisch aufzuarbeiten, wird auch im aktuellen Film deutlich. Seine Arbeiten zeichnen sich durch eine Mischung aus künstlerischer Brillanz und einem tiefen Verständnis für menschliche Emotionen aus. Dies führte dazu, dass er bei internationalen Filmfestivals große Anerkennung fand, darunter die Berlinale und Cannes. Der Erfolg dieser Filme trägt dazu bei, das Bewusstsein für die Herausforderungen im Iran zu schärfen und eine internationale Solidarität zu fördern, insbesondere in Anbetracht der repressiven Maßnahmen gegen Künstler und Intellektuelle im Land.
Reaktionen und aktuelle Diskussionen
Die Ankündigung, dass «Die Saat des heiligen Feigenbaums» den deutschen Beitrag zum Oscar darstellt, hat in Deutschland und darüber hinaus große Resonanz ausgelöst. Kritiker und Filmschaffende heben die Bedeutung des Films nicht nur aus künstlerischer Sicht hervor, sondern auch aufgrund seines zeitgenössischen Inhalts und der damit verbundenen gesellschaftspolitischen Botschaften. Die Diskussion über die Verantwortung von Kunst in times of crisis wird angestoßen, wobei viele die Frage stellen, wie Filme und Künstler das Bewusstsein für politische Unruhen und Menschenrechtsverletzungen schärfen können.
Außerdem sorgt der Beitrag für eine Diskussion innerhalb der deutschen Filmlandschaft über die Relevanz von Filmen mit Migrationshintergrund und wie diese unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen zur deutschen Filmkultur beitragen können. Diese Dialoge sind besonders wichtig in einem Land, das sich mit Fragen der Identität und Integration beschäftigt, insbesondere im Zusammenhang mit den jüngsten Herausforderungen im Bereich der Flüchtlingspolitik.