Rücktritt aus Mutmaßungen und Bedrohungen
Der Rückzug von Dirk Neubauer als Landrat von Mittelsachsen
23.07.2024, 20:09 Uhr
Der Rücktritt von Dirk Neubauer, Landrat des Kreises Mittelsachsen, wirft ein Schlaglicht auf die prekäre Lage vieler Kommunalpolitiker in Deutschland. Neubauer, der als parteiloser Kandidat im Jahr 2022 ins Amt kam und somit nicht der traditionellen CDU-Linie angehörte, erklärte in einer auf seinen Social-Media-Kanälen veröffentlichten Stellungnahme, dass er aufgrund „persönlicher Anfeindungen und Bedrohungen aus rechter Ecke“ zurücktritt. Die Entscheidung, sein Amt zur Verfügung zu stellen, fällt in einer Zeit, in der politische Einschüchterungen in Sachsen zunehmen.
Die Konfrontation mit rechter Hetze
Neubauer beschrieb, dass er seit mehreren Monaten mit einer diffusen Bedrohungslage konfrontiert sei, vorwiegend durch Gruppen wie die „Freien Sachsen“. Es wurde ihm zunehmend klar, dass diese aggressive Stimmung in der Region nicht nur seine persönliche Sicherheit, sondern auch die Fähigkeit zur Umsetzung seiner politischen Vorstellungen beeinträchtigte. „Es ist an einem Punkt angekommen, an dem ich sagen muss: Es reicht“, erklärte der Landrat. Er machte deutlich, dass er nicht gewillt sei, „vor ein paar Krakeelern in die Knie zu gehen“.
Mangelnde politische Unterstützung
Ein weiterer Grund für Neubauers Rücktritt ist der fehlende Gestaltungswille innerhalb des Kreistages. Er berichtete über die Schwierigkeiten, wichtige Themen wie Energiewende und Mobilität in der ländlichen Region voranzutreiben, da eine „große konservative Mehrheit“ diese Anliegen blockiere. Neubauer sieht die Notwendigkeit, dass der Landkreis sich als weltoffene Region präsentieren müsse, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen.
Gesellschaftliche Reaktionen und Weckruf
Die Reaktionen auf Neubauers Rücktritt waren durchweg betroffen. Katja Meier, Sächsische Justizministerin, würdigte Neubauer als „leidenschaftlichen Demokraten“, der sich unermüdlich gegen rechtsextreme Bedrohungen gewehrt habe. Auch andere Politiker, darunter Sachsens Sozialministerin Petra Köpping, äußerten ihre Bestürzung über die Entwicklung und warnten davor, dass solche Vorfälle der Demokratie schaden und die Bereitschaft, öffentliche Ämter zu übernehmen, gefährden.
Persönliche Anfeindungen und neue Wege
Neubauer, der zuvor Bürgermeister in Augustusburg war, plant nun, sich auf ein neues Projekt zu konzentrieren: eine Beratungsfirma. Während seine Amtszeit bis 2029 hätte dauern sollen, betont der Landrat, dass sein Rückzug ein Zeichen für die alarmierende Lage von Demokraten in Sachsen sei. Er fordert die Gesellschaft auf, entschieden gegen Hass und Hetze einzutreten: „Wir müssen aufstehen und für unsere Werte kämpfen. Andernfalls wird die Demokratie, für die wir kämpfen, gefährdet.“
– NAG